Caritas-Netzwerk „Wohnungsnot" Damit Obdachlose ein Zuhause finden

Wermelskirchen · Das Caritas-Netzwerk „Wohnungsnot Rhein-Berg“ hilft Menschen, die von Wohnungslosigkeit betroffen oder bedroht sind – auch in Wermelskirchen. Eine Erfolgsgeschichte.

 Obdachlosenunterkunft in Kenkhausen: Regelmäßig sind die Fachleute des Netzwerks dort zu Gast, um mit den Menschen zu sprechen und Lösungen zu finden.

Obdachlosenunterkunft in Kenkhausen: Regelmäßig sind die Fachleute des Netzwerks dort zu Gast, um mit den Menschen zu sprechen und Lösungen zu finden.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Manchmal kommt einfach alles zusammen. Dann finden Menschen keine neue Arbeitsstelle, sie haben sich gerade von der Lebenspartnerin getrennt, kämpfen mit gesundheitlichen Problemen. Der Frust ist groß, der Haushalt leidet, der Vermieter beschwert sich. Die Abwärtsspirale führt zur Kündigung der eigenen vier Wände – und dann liegt die Räumungsklage im Briefkasten.

„Die Wohnungsnot in unserem Kreis ist groß“, sagt Judith Becker, Leiterin des Netzwerks „Wohnungsnot RheinBerg“. Nicht umsonst hat der Rheinisch-Bergische Kreis als einer der 20 am schlimmsten betroffenen Kreise im vergangenen Jahr eine zusätzliche Förderung des Bundes bekommen, um die Arbeit der Caritas zu verstärken. Seitdem gibt es auch in Wermelskirchen noch mehr Beratungsangebote als zuvor. 21 Personen begleitete das Netzwerk im vergangenen Jahr in Wermelskirchen – weil sie ihre Wohnung bereits verloren hatten oder der Verlust drohte.

 Judith Becker vom Netzwerk „Wohnungsnot RheinBerg“.

Judith Becker vom Netzwerk „Wohnungsnot RheinBerg“.

Foto: Caritas

„Manchmal sind es Verwandte, die sich bei uns melden“, erzählt Judith Becker, „manchmal auch besorgte Vermieter oder Freunde.“ Das ist die eine Seite der Netzwerk-Arbeit: Dann laden die Sozialarbeiter und Immobilienfachleute Betroffene in ihre Sprechstunde ein – die regelmäßig im Jobcenter und im Waschcafé angeboten wird. Wenn Menschen, denen ein Wohnungsverlust droht, das wünschen, dann besuchen die Fachleute sie auch zu Hause. Die andere Seite: „Wir gehen auch in die Obdachlosenunterkünfte“, sagt Judith Becker. Regelmäßig sind die Fachleute in der Unterkunft in Kenkhausen zu Gast – um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und Lösungen zu finden.

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Menschen meistens nicht nur ein Problem haben“, sagt Judith Becker. Zu finanziellen Problemen, die oft zu Mietrückständen führen, gesellen sich Langzeitarbeitslosigkeit, physische oder psychische Beeinträchtigungen, Suchtmittel oder das Fehlen eines soziales Netzes. „Dann sind sie in einer Lebenskrise allein“, sagt die Netzwerk-Leiterin. Die Wohnungslosigkeit führt die Menschen dann statt auf das Sofa von Freunden direkt auf die Straße.

Die Sozialarbeiter und Immobilienberater des Caritas-Projekts greifen den Menschen aber auch vorher unter die Arme – wenn die Wohnungslosigkeit droht. „Dann setzen wir uns zusammen und nehmen die Probleme in den Blick“, sagt Judith Becker. Wie ist die Situation entstanden? Und ist die Wohnung noch zu retten? „Wir nehmen Kontakt mit Vermietern oder Hausverwaltungen auf und suchen gemeinsam nach Lösungen“, erklärt die Fachfrau. Ratenzahlungen oder ein Darlehen des Jobcenters können etwa über Mietschulden hinweghelfen. „Das kann große Not und Kosten verhindern“, sagt Judith Becker. Bei der Räumung einer Wohnung gehe es um existenzielle Verluste. Und oft bleibe der Vermieter auf Kosten sitzen. „Wir finden in diesen Situationen häufig Lösungen“, sagt Judith Becker.

Das gilt auch für Menschen, die bereits wohnungslos sind. „Auch dann suchen wir erstmal nach dem Warum“, sagt die Fachfrau. Welche Probleme gab es, die zum Verlust des Wohnraums geführt haben? Und wie können sie angepackt werden? „Unsere Immobilienfachleute machen sich dann mit den Menschen auf die Suche nach einer geeigneten Wohnung“, erklärt die Netzwerk-Vorsitzende.

Aber damit muss die Begleitung nicht enden. Denn das Netzwerk bietet – auf freiwilliger Basis – auch eine langfristige Begleitung an. Dann bekommt ein frisch gebackener Mieter Unterstützung beim Kontakt mit dem Energieanbieter oder dem Verstehen der Hausregeln. „Das bedeutet Sicherheit für den Mieter und ist ein gutes Signal für den Vermieter“, sagt Judith Becker. Viele der zuvor Obdachlosen seien sehr froh über ein neues Zuhause – aber hätten auch Angst vor den Herausforderungen. „Das hat dann auch etwas mit dem Selbstwertgefühl zu tun, das während der Obdachlosigkeit sehr leiden kann“, sagt die Sozialarbeiterin. Dann helfen die Experten, ein soziales Netzwerk zu bilden und im neuen Zuhause wirklich anzukommen.

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