Volles Haus in der Wermelskirchener Katt Ein Satiriker befreit sich aus der Schublade

Wermelskirchen · Satiriker. Heute-Show. Extra 3. Zack. Schublade. Im Grunde weiß das Publikum, was es erwartet. Schließlich steht Christian Ehring im Programm. Die Tickets waren schnell weg, in der Katt ist es proppenvoll.

 Christian Ehring gastierte mit einem überraschenden Programm in der Katt.   Archivfoto: woi

Christian Ehring gastierte mit einem überraschenden Programm in der Katt. Archivfoto: woi

Foto: Woitschuetzke,Andreas (woi)

Das Publikum weiß, wo Ehring steht. Was er von der AfD hält und von Trump. Und irgendwie tut Satire mit Christian Ehring im Fernsehen immer so gut – sie rückt die Dinge zurecht, benennt Probleme beim Namen und trotzdem darf man Losprusten – wenn man mag. Nun steht Ehring also auf der Bühne in Wermelskirchen. Und alles kommt anders.

Es wird kein Abend zum Losprusten. Eher einer, um in sich hineinzulächeln. Aber manchmal wird es an diesem Abend eben auch ganz leise. Dann blickt der Satiriker in die Runde und stellt fest: „Ich merke schon, die Stimmung sinkt.“ Oder: „Ah, Sie sind amüsierfreudig, aber nicht um jeden Preis.“ Was einem am Anfang noch ein bisschen unangenehm ist, das scheint sich als Methode zu entpuppen. Ehring ist nicht nur lustig. Manchmal bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Das irritiert: Wenn er ernst wird, wenn sein Gesicht dieses Schelmenhafte verliert. Wenn Ehring appelliert: „Wir haben doch die verdammte Pflicht, Menschen aufzunehmen, die auf der anderen Seite unseres Staubkorns um ihr Leben fürchten.“ Die darauffolgende Stille hat nichts mit Ablehnung zu tun. Sie klingt ein bisschen nach Hilflosigkeit. Der Satiriker ist ernst geworden.

Und so wird der Abend dann quasi durch die Hintertüre zu einem unglaublichen Erfolg – denn er klingt nach. Ehring ist lustig, richtig lustig. Wenn er von Rückbildungskursen und seinen veganen Kinderliedern erzählt („Schrot, du hast das Korn gestohlen“), wenn er über Unterschiede zwischen Männern und Frauen sinniert, über Traumschulfächer von Politikern („Julia Klöckner will allen Ernstes ein Fach Alltagswissen. Den Gag können Sie sich selbst zusammenschrauben“). Manchmal hat der Zuhörer auch jenen Ehring vor sich, den er erwartet hatte: „Asylrecht in Deutschland bedeutet: Den Antrag auf Asyl kann man erst in Deutschland stellen. Allerdings wird alles dafür getan, dass man es erst gar nicht nach Deutschland schafft. Das ist, als könne man die Mütterrente nur auf Helgoland beantragen. Der Schiffsverkehr allerdings würde eingestellt“.

Und Ehring ist ironisch, wunderbar ironisch. Dann tobt er sich aus in der Diskussion mit seiner Frau, ob die Einliegerwohnung im Keller an einen Flüchtling vermietet werden soll. „Manche Ideen, sind einfach als Ideen stark“, erklärt er seiner Frau und begleitet sie dann doch ins Willkommens-Café, um dort seinem „Traum-Flüchtling“ David aus Eritrea zu begegnen und ihm die Wohnung anzubieten. Der lehnt aber ab. Und Ehring tobt: „Ich hatte schon eine Mitgliedschaft im Fitnesscenter ausgehandelt. 40 Prozent-Rabatt.“

Am Ende sitzt er am Klavier, es wird dunkel und Ehring wieder ernst: Er singt das „Ehrliche Nachtlied“ für seinen Sohn. Und fast meint man, der Satiriker habe keine Hoffnung mehr für die Welt. Der Applaus ist beeindruckend, der Nachklang auch.

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