Bilanz 2021 der Verbraucherzentrale in Rhein-Berg Große Sorge um steigende Energiepreise

Rhein-Berg · Wellen von betrügerischen Paket-SMS oder Fake-Inkasso-Forderungen, Tausende gekündigte Strom- und Gasverträge: 4335 Anliegen verzeichnete das Team der Verbraucherzentrale in Bergisch Gladbach im vergangenen Jahr.

 Brigitte Becker (M.), Leiterin der Beratungsstelle Bergisch Gladbach, sowie die Beratungskräfte Stefanie Vogt und Sven Friese betreuten die Kunden.

Brigitte Becker (M.), Leiterin der Beratungsstelle Bergisch Gladbach, sowie die Beratungskräfte Stefanie Vogt und Sven Friese betreuten die Kunden.

Foto: Verbraucherzentrale NRW

„Verlässlich und direkt für alle Menschen ansprechbar zu sein – das war auch im zweiten Corona-Jahr die Herausforderung zwischen Lockdownphasen und sich laufend verändernden Rahmenbedingungen für Geimpfte, Genesene und Getestete. Darauf haben wir flexibel reagiert, die im ersten Pandemiejahr entwickelten digitalen Zugangskanäle genutzt und unsere Onlineangebote ausgeweitet“, sagte Brigitte Becker, Leiterin der Beratungsstelle in Bergisch Gladbach, bei der Vorstellung des Jahresberichts 2021. „Je nach Komplexität des Anliegens war es für uns aber auch besonders wichtig, die Ratsuchenden ab Oktober wieder persönlich empfangen zu können.“

Ansprüche von Verbrauchern

Die Kennziffern zeigen, dass die Verbraucherzentrale auch 2021 eine stark gefragte Anlaufstelle für die Menschen im Rheinisch-Bergischen Kreis war: Bei rund 1671 Rechtsberatungen und -vertretungen haben sich die Verbraucherschützer zumeist erfolgreich für die berechtigten Ansprüche von Ratsuchenden eingesetzt. Durch die Einschaltung der Verbraucherzentrale konnte in zahlreichen Fällen erreicht werden, dass Anbieter auf Forderungen verzichteten oder auch Rückerstattungen von bereits geleisteten Zahlungen erfolgten.

So auch im Fall einer Rentnerin, die durch eine falsche Zuordnung zur freiwilligen gesetzlichen Krankenkasse fast 20 Jahre zu hohe Beiträge gezahlt hat. Erst nach Einschaltung der Beratungsstelle wurden 4756 Euro erstattet und für zukünftige Zahlungen eine Neuberechnung vorgenommen.

In der allgemeinen Verbraucherberatung erhielten 17 Prozent der Verbraucher diese aufgrund von niedrigen Einkommen entgeltfrei. Rechtliche Ersteinschätzungen in verbraucherrechtlichen Anliegen erteilt die Verbraucherzentrale NRW generell kostenfrei.

Juli-Hochwasser

Bilder und Berichte von den verheerenden Folgen des Starkregens in vielen Regionen Nordrhein-westfalens führten bei vielen Verbrauchern zu der Frage, wie man sich selbst gegen Unwetterfolgen und Hochwasser schützen kann. „Gebäude-, Hausrat- oder Kaskoversicherung – welche Versicherung kommt für welche Schäden auf, und ist eine Elementarschadenversicherung sinnvoll ? In unserer Versicherungsberatung haben wir Orientierung geboten“, so Brigitte Becker.

Abzocke

Gefälschte Nachrichten vom Zoll mit Gebührenforderungen, massenhaft verschickte SMS von angeblichen Paketdiensten, die ahnungslose Nutzer zum Beispiel in Abo-Fallen lockten, oder Kettenbriefe in sozialen Netzwerken und Messengern, die zum Datenklau führten: Die digitale Welt nutzten auch 2021 wieder zahlreiche Kriminelle, um die verschiedenen Kommunikationskanäle geschickt für ihre betrügerischen Aktivitäten einzusetzen. „100 Euro sollte eine Bergisch Gladbacherin beispielsweise für einen Paysafecard-PIN bezahlen, um einen Paketcode für die Begleichung von Zollgebühren zu erhalten.“, berichtete Beraterin Stefanie Vogt.

Reisen

Wer verreist, will etwas erleben oder sich entspannen. Virusvarianten, Reisewarnungen, zunächst knapper Impfstoff und wechselnde Quarantäne-Regeln machten die Reiseplanung jedoch auch 2021 teilweise stressig. Zum Weltverbrauchertag am 15. März hat die Beratungsstelle in Bergisch Gladbach unter dem Motto „Urlaubspläne trotz Corona: Vorausschauend buchen, Ärger vermeiden“ zusammengestellt, was Pauschal- und Individualreisende zum Beispiel über Stornoregeln, Flex-Tarife und Pandemieklauseln wissen sollten. „Zugleich haben sich wegen Problemen bei der Erstattung abgesagter Reisen weiterhin viele Ratsuchende an uns gewendet“, erklärte Brigitte Becker.

Fake-Inkasso

Ob wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen oder vermeintlich abgeschlossener Glücksspiel-Abos: Unter verschiedenen Vorwänden forderten Inkassounternehmen von den Menschen im Rheinisch-Bergischen Kreis Zahlungen und drohten mit Zwangsvollstreckungen oder Schufa-Einträgen.

Gekündigte Strom- und Gasverträge

Dass mehrere Strom- und Gasanbieter trotz vertraglicher Vereinbarung die Versorgung ihrer Kundschaft einstellten, brachte im Dezember viele Haushalte in Bedrängnis. Betroffene rutschten in die Grundversorgung und hatten Mühe, einen neuen bezahlbaren Vertrag zu bekommen. „Hier gab es viel Unsicherheit und Sorge“, so Berater Sven Friese. Und bis heute ist die Nachfrage aufgrund der generell gestiegenen Preise für Strom, Gas und Öl sehr hoch, worauf die Verbraucherzentrale NRW auch mit zusätzlichen Informationen im Internet und Online-Seminarangeboten reagiert.

Beratung zum Bankrecht

Eine hohe Nachfrage gab es auch zu Finanzthemen: Kündigungen von einst attraktiven Prämien- und ­Bausparverträgen vor allem von Sparkassen führten zu erheblichem Beratungsbedarf. Kunden wollten die Rechtmäßigkeit der Kündigungen einschätzen lassen und nahmen dazu die anwaltliche Beratung zu Bank- und Kapitalmarktrecht der Verbraucherzentrale in Anspruch. Daneben ging es bei den Prämiensparverträgen dabei um die Überprüfung der ursprünglich gut verzinsten Alt-Verträge und deren „Innenleben“ – beispielsweise um die Wirksamkeit von Zinsanpassungsklauseln, das Bestehen möglicher Nachforderungsansprüche bei Kündigungen oder auch um die Methode der Zinsberechnung.

Pflegerechtsberatung

Pflegebedürftige und ihre Angehörige sind oft überfordert, wenn es darum geht, ihre Ansprüche gegenüber der Pflegekasse durchzusetzen oder die Abrechnungen von Pflegediensten und Heimen auf Rechtmäßigkeit zu prüfen. Hier setzt die neue Pflegerechtsberatung an, die seit Oktober auch für Betroffene im Rheinisch-Bergischen Kreis verfügbar ist. „In komplizierten Fällen gibt es auch anwaltliche Unterstützung, um Interessen der Ratsuchenden außergerichtlich durchzusetzen“, so Brigitte Becker.

(tei.-)
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