Sebastian Pufpaff Auf der Suche nach dem mündigen Bürger

Wermelskirchen · "Am Anfang" - mit diesem Programm gastiert Sebastian Pufpaff in der Katt. Ein politischer Kabarettist oder wie er sich sieht.

Wermelskirchen Der Kabarettist Sebastian Pufpaff tritt am Freitag, in der Katt auf. Die BM sprach mit ihm über sein Programm und darüber, wie er sich als Komiker sieht.

Herr Pufpaff, Ihr Programm heißt "Auf Anfang". Sie schreiben in Ihrer Vorankündigung, Sie seien Gott, wie jeder andere auch. Sind Sie jetzt lieber der Allmächtige oder der Leibhaftige?

Pufpaff Ich bin der Schöpfer. Aber nicht nur ich - wir alle sind Schöpfer. Es geht mir nicht darum, der Einzige, Allmächtige und Wahrhaftige zu sein, sondern es geht mir um das Schöpferische.

Wünschen Sie sich damit, dass die Welt zurückgedreht wird?

Pufpaff Nein, es geht um unsere persönliche Sicht auf die Welt. Jedes Smartphone hat eine Reset-Taste, um die Werkseinstellung wieder herzustellen. Wir wünschen uns oft, mit der Sicht eines Kindes, also unvoreingenommen, aber neugierig, die Welt und das, was passiert, zu sehen. Darum geht's mir eigentlich: noch einmal unvoreingenommen und jungfräulich die Welt sehen, so wie sie ist, unser Umfeld beleuchten, analysieren und gegebenenfalls anzweifeln oder optimistisch sehen, was denn eigentlich alles Gutes da ist oder was zu ändern wäre.

Sie wollen also gerne das Kind im Manne und in der Frau ansprechen?

Pufpaff, Das ist sicherlich nicht verkehrt. Es bringt immer einen Grundoptimismus mit sich. Ein Kind, frisch auf die Welt gekommen, kennt bis zu einem gewissen zeitlichen Punkt zum Beispiel keinen Rassismus oder Sozialneid. Und es nimmt nicht alles selbstverständlich. Für uns als Erwachsene heißt das, wenn ich also zum Beispiel mal wieder im Stau stehe und mich darüber aufrege, dass ich mich unvoreingenommen mal frage: "Hätte ich diese Strecke tatsächlich mit dem Auto fahren müssen?" Vielleicht gehöre ich ja mit zu den Deppen, über die ich mich aufrege. Es geht mir also um die allgemeine Einstellung, die eigene Verantwortung von sich zu schieben und sehr schnell die Anderen verantwortlich machen.

Denken Sie, dass Sie als Kabarettist tatsächlich bei den Menschen etwas bewirken können?

Pufpaff Ich bewirke auf jeden Fall etwas. Zunächst einmal unterhalte ich die Leute sehr gut für zwei Stunden. Aber ich bin nicht der ewige Missionar, der mit dem erhobenen Zeigefinger die richtige Sicht der Dinge propagiert. Ich möchte allerdings, dass wir losgelöst und befreit den Moment leben. Dafür bin ich zum Beispiel auch zuständig: In einem Moment ein Gefühl bewirken, das gerne auch ambivalent sein kann. Spontan klopft man auf die Schenkel und zu Hause denkt man nochmal darüber nach. Ich bin Menschenfreund, der gerne ein Steinchen zum Rollen bringt, aber nicht weiß, wohin das Steinchen rollt, und was er damit lostritt. Aber ich würde gerne die Leute aus der Schockstarre heraus zu irgendetwas motivieren. Mir geht es um die Interaktion. Ich glaube an das Gute im Menschen. Mir geht es darum, die Leute miteinander ins Gespräch zu bringen, ich führe kein Frontalkabarett.

Mit welchem Gefühl sollen die Leute abends nach Hause gehen?

Pufpaff Das wird ganz unterschiedlich sein. Es wird die Leute geben, die das Gefühl haben, da ist etwas zwischen uns und dem Künstler passiert. Und andere haben das Programm vorzeitig verlassen, weil sie damit nichts anfangen konnten und ihre Erwartungen nicht erfüllt wurden. Es ist alles dabei. Von Ablehnung über die Meinungen "super-witzig" bis "tiefgründig". Wichtig für mich ist, dass man mit so einem Gesamtpaket rausgeht: Live Höhen und Tiefen erlebt, vielleicht sogar den Abend mitgestaltet im Gegensatz zu den digitalen Kanälen oder auch zum Fernsehen.

Wenn Sie vorhin von Interaktion gesprochen haben, heißt das, dass die Leute vorne in den ersten Reihen Angst haben müssen?

Pufpaff Nein, nein, überhaupt nicht. Ich frage schon mal ins Auditorium nach den Themen, die im Moment das Publikum interessieren. Und dann kommt so etwas wie aktuell Jamaika, Klimagipfel oder auch klassisch die Deutsche Bahn. Und wenn sich jemand meldet, kommt eine Interaktion zustande und ich improvisiere. Was ich übrigens sehr gerne mache. Ich baue das in mein Programm ein und abstrahiere es entsprechend, um es für das Publikum zu beleuchten. Dadurch wird natürlich jeder Abend anders und ich komme so auch näher an die Leute ran. Dann bleibt das Programm authentisch und drauf lege ich großen Wert. Es ist kein Vorgefertigtes, bereits 120.000 Mal heruntergenudeltes Kabarettprogramm. Die Leute sehen, da ist jemand mit Haltung zu einem Thema. Aber ich habe nicht die Wahrheit, ich gebe keine Lösungen, sondern spiegele ehe das dar, was uns umtreibt. Meistens ist es dann so, dass, wenn man plötzlich sieht, in was für einer verrückten Welt mit total beknackten Werten wir leben, dann findet man selber oft eine Antwort. Und darum geht's mir: auf der Suche nach dem mündigen Bürger.

Verstehen Sie sich als politischer Kabarettist?

Pufpaff Die Schubladisierung überlasse ich gerne anderen. Meine erste Aufgabe ist es, zu unterhalten. Ich finde Humorist, Komiker, Unterhalter oder auch Entertainer sehr schön. Die Leute sollen lachen, Spaß haben und vergessen, dass wir irgendwann alle einmal sterben. Es bleibt für das Publikum spannend, wenn es nicht weiß, was es erwartet.

Wie beschreiben Sie die Art Ihres Humors?

Pufpaff Ich wurde mal als "radikaler Humanist" beschrieben. Das fand ich sehr schön. Mein Humor ist geprägt durch den englischen schwarzen Humor: böse. Ich denke da zum Beispiel an John Cleese. Das Lachen kann einem im Halse steckenbleiben. Allerdings provoziere ich nicht, ich will Lacher generieren und vielleicht ein wenig die eigenen Denkmuster aufbrechen. Es ist total cool, aus Reduktion, aus fast demütiger Zurücknahme der eigenen Person auf der Bühne heraus furztrockene Wahrheiten auszusprechen und Lacher zu generieren.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE BERND GEISLER

(bege)
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