Schulpolitik in Wermelskirchen Dringlicher Appell für einen sechszügigen Start an der Gesamtschule

Wermelskirchen · Damit keine Kinder abgewiesen werden müssen: Mit deutlicher Mehrheit fordert der Schulausschuss die zuständige Bezirksregierung Köln auf, ein Klassen-Sextett zur Gründung der neuen Schulform in Wermelskirchen zu genehmigen.

Die Gesamtschule in Wermelskirchen soll mit sechs Klassen starten: Darauf einigt sich der Schulausschuss, appelliert an die Bezirksregierung und fordert das Schulamt zu entsprechendem Handeln auf.

Die Gesamtschule in Wermelskirchen soll mit sechs Klassen starten: Darauf einigt sich der Schulausschuss, appelliert an die Bezirksregierung und fordert das Schulamt zu entsprechendem Handeln auf.

Foto: Stephan Singer

Torsten vom Stein, Lehrer und eifriger Motor zur Gründung der Gesamtschule in Wermelskirchen ab dem Schuljahr 2023/24, berichtete im Schulausschuss von weinenden Kindern und Eltern, die verzweifelt versuchen, Trost zu spenden. Der Grund: Die Bezirksregierung Köln hat bereits acht Kindern eine schriftliche Absage zur Anmeldung an der neuen Gesamtschule in Wermelskirchen ins Haus geschickt. „Sechs dieser acht sind Kinder aus Wermelskirchen“; bestätigte Schulamtsleiter Andreas Voß und erläuterte den Hintergrund: „Die Eltern dieser acht Kinder haben die Anmeldung erst nach dem Anmeldeschluss eingereicht.“

Diesem formellen Vorgehen stellte sich der Schulausschuss entgegen: Allen voran beantragte der Schulausschussvorsitzende Jochen Bilstein einen Appell an die zuständige Bezirksregierung Köln zu verabschieden, eine Sechszügigkeit der Gesamtschule zu genehmigen. Diesem Antrag folgte der Ausschuss mehrheitlich – lediglich drei CDU-Stimmen votierten dagegen, drei weitere Christdemokraten enthielten sich. Aber: Die CDU legte ihrerseits einen Eil-Antrag im Schulausschuss vor. Darin forderte sie zwar nicht explizit sechs fünfte Klassen zum Start der Gesamtschule, jedoch die Beauftragung des Schulamts, wonach diese eine Möglichkeit finden soll, dass die abgelehnten Kinder aus Wermelskirchen doch noch an der Gesamtschule aufgenommen werden. Diesem Antrag stimmte der Schulausschuss einstimmig zu.

 Uwe Spindler ist der ehemalige Leiter der Gesamtschule Lohmar und die Bewerbung der geplanten Gesamtschule engagiert vorangetrieben.

Uwe Spindler ist der ehemalige Leiter der Gesamtschule Lohmar und die Bewerbung der geplanten Gesamtschule engagiert vorangetrieben.

Foto: Stephan Singer

Monika Müller (CDU) konstatierte: „Dass Eltern die Anmeldefristen verpassen, haben wir jedes Jahr – das ist jetzt nichts Besonderes oder nichts, was man nicht erwarten konnte.“ Deshalb müsse der Ausschuss davon ausgehen, dass Absagen „wahrscheinlich wenig Einsicht bei den betroffenen Kindern und deren Eltern erringen“.

Zuvor setzten sich Torsten vom Stein und der ehemalige Leiter der Gesamtschule Lohmar, Uwe Spindler, die beide die Bewerbung der geplanten Gesamtschule engagiert vorangetrieben hatten, für die Sechszügigkeit der neuen weiterführenden Schulform in Wermelskirchen ein. „Die Konzeptgruppe, die die Gesamtschule auf den Weg bringen sollte, hat ein tolles Anmelde-Ergebnis hervorgebracht. Aufgrund der großen Nachfrage sind jetzt neue Herausforderungen gestellt.“ Der jetzige Ansatz der Bezirksregierung aufgrund der Anmeldezahlen fünf Klassen mit je 29 Kindern einzurichten, führe zu „verdammt großen Klassen“. Noch am Abend des Anmeldeschlusses hatte vom Stein im Gespräch mit unserer Redaktion betont, dass aus seiner Sicht Klassen mit 29 Schülern wenig sinnvoll seien. Zum einen weil die einzelnen Räume dafür zu klein seien und zum anderen weil Kinder mit Inklusionsbedarf zur Gesamtschule gehörten.

Uwe Spindler berichtete aus seiner Berufserfahrung: „Es ist leider ein Problem, dass viele Gesamtschulen bei ihrer Gründung haben: Keiner kann voraussagen, wie viele Schüler angemeldet werden.“ Es gebe von Seiten der Bezirksregierung immer eine Untergrenze, die in Wermelskirchen 100 Anmeldungen war und deutlich erreicht wurde, aber keine Obergrenze. Spindler mahnte an Politik und Verwaltung: „Es kann nicht angehen, dass Wermelskirchener Kinder abgelehnt werden. Alle hier müssen sich jetzt für ihre Klientel einsetzen und bei der Bezirksregierung eine Meinungsänderung herbeiführen.“ Der Richtwert für die Klassenstärke betrage 27 Schüler, 29 sei die „absolute Obergrenze“. Die Bezirksregierung müsse davon überzeugt werden, dass die Sechszügigkeit unbedingt notwendig ist, meinte Uwe Spindler: „Es ist vernünftig, sich dafür einzusetzen, alles andere wäre Oberkante-Unterlippe.“

Der Erste Beigeordnete Stefan Görnert, dessen Dezernat für die Wermelskichener Schullandschaft verantwortlich ist, erinnerte an den Ist-Zustand: „Die Bezirksregierung hat für Wermelskirchen eine vierzügige Gesamtschule plus eine Mehr-Klasse genehmigt.“ Entsprechend erfolgten jetzt die Ablehnungen von Anmeldungen. „Wir haben bereits versucht, eine weitere Mehr-Klasse bewilligt zu bekommen, aber die Bezirksregierung hat sich nicht erweichen lassen. Wir versuchen das gerne erneut, aber dann mit politischem Votum dazu.“

Die Abstimmungen im Schulausschuss geben diese politische Rückendeckung, wie Ulrike Schorn-Kussi (Die Grünen) in Richtung des Ersten Beigeordneten zusammenfasste: „Herr Görnert, Sie haben hervorragende Argumente und sollte diese bei den Gesprächen mit der Bezirksregierung auch nutzen.“

Dass eine Sechszügigkeit der Gesamtschule ebenso eine Änderung des Raumkonzepts war im Schulausschuss rings um den Tisch klar. „Zu den baulichen Maßnahmen kann ich derzeit nichts sagen“, stellte Stefan Görnert fest und Bürgermeisterin Marion Lück ergänzte: „Nach den tollen Anmeldezahlen war klar, dass wir uns bei der Gesamtschule baulich anders aufstellen müssen. Daran arbeiten wir, die Prüfung läuft.“

Gegen das vom Schulausschuss letztlich mehrheitlich beschlossene Vorgehen argumentierte Thorsten Schmalt (CDU). Eine Klassenstärke von 29 Kindern sei heutzutage „absoluter Wahnsinn“, meinte Schmalt und prognostizierte für die Gesamtschule, die im Voll-Ausbau über 1000 Schüler habe, einen „Molloch“: „Wir müssen einen Deckel diskutieren und beschließen, denn wir können ja nicht jedes Jahr eine Klasse mehr pro Jahrgang zulassen – eine ständige Erweiterung ist an dem Schulstandort Weyersbusch/Wirtsmühle doch gar nicht darstellbar.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort