Wermelskirchen Ambulanz-Patienten sind keine Bagatellfälle

Wermelskirchen · In anderen Krankenhäusern klagen Ärzte über zu wenig Zeit für Schwerkranke, weil Patienten mit leichten Verletzungen die Ambulanz aufsuchen. Im Krankenhaus Wermelskirchen ist das anders.

Alle Stühle sind besetzt, Pfleger und Ärzte hetzen durch die Gänge, es dauert Stunden, bis man an der Reihe ist. Dieses Bild ist in den Notaufnahmen vieler Krankenhäuser keine Seltenheit. Deshalb klagt der Ärzteverband Hartmannbund Nordrhein nun über "zu viele Bagatellfälle" - also Patienten, die die Notfalldienste schon wegen leichter Erkrankungen in Anspruch nehmen.

Im Krankenhaus Wermelskirchen hält man von dieser Einstellung nichts. "Jeder Patient, der glaubt, dass wir ihm helfen können, ist willkommen. Es gibt keine Bagatellfälle", stellt der ärztliche Direktor Dr. Volker Launhardt klar. Die gestiegene Zahl von Ambulanz-Besuchen erklärt er damit, dass die Notfallpraxen oft weit weg oder schwierig zu erreichen seien. "Die Herausforderung wird mit einer höheren Anzahl an Patienten größer. Es muss aber niemand Angst haben, aus Zeitmangel unzureichend behandelt zu werden", versichert Launhardt.

Der Hartmannbund, der nach eigenen Angaben 70 000 Ärzte vertritt, möchte zur Abschreckung Gebühren einführen. So sollen nach Wunsch des Ärzteverbandes zehn Euro für den Besuch einer Notfallpraxis fällig werden, die Extra-Kosten für den Gang in die Ambulanz oder die Fahrt im Rettungswagen betragen sogar 20 Euro. Die Gebühr soll als Steuerung dienen, damit Patienten bei leichteren Erkrankungen lieber den Hausarzt aufsuchen als die Notdienste zu nutzen. "Ich halte von diesem Vorschlag nichts. Man kann kranken Menschen doch nicht den Zugang zu Hilfe erschweren", meint Launhardt. Dadurch entstehe das Risiko, dass Menschen nicht zum Arzt gehen, obwohl sie eigentlich medizinische Versorgung brauchen. Außerdem stünden die Gebühren im Gegensatz zur sonstigen Gesundheitspolitik. "Auf der einen Seite werden Millionen ausgegeben, um bei gesunden Menschen Vorsorgeuntersuchungen zu machen. Und jetzt sollen ,Strafgebühren' für Leute mit Beschwerden erhoben werden? Das kann ich nicht nachvollziehen", sagt Launhardt.

Bei dieser "unappetitlichen Debatte ums Geld" pflichtet Launhardt auch Ralf Schmandt, stellvertretender Krankenhaus-Geschäftsführer, bei. "Ich bezweifle, dass diese Steuerung funktionieren würde", sagt er. Der Grund, warum eine Ambulanz nicht kostendeckend ist, liege in der Freipauschale, die die Versicherungen zahlen. Diese betrage meist nur ein Viertel der eigentlichen Kosten pro Behandlung. "Die richtige Herangehensweise wäre, diese Pauschalen zu erhöhen, um eine Kostendeckung zu erreichen, anstatt die Patienten vom Besuch abzuhalten", findet Launhardt.

(kron)
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