Altweiber: Morgens ist viel los auf der Linie 260 zwischen Wermelskirchen und Köln Wenn die Busfahrt schon zur Party gehört

Wermelskirchen · Viele jecke Wiever machten sich mit der Linie 260 auf den Weg nach Köln. Im Bus herrschte beste Stimmung – dank eines Mannes.

Warten auf die 260: Marion Droste, Heike Ruttkowski, Corinna und Lisa Hollkott, Sophie Grimm und Anne Bornewasser haben sich bestens vorbereitet.

Warten auf die 260: Marion Droste, Heike Ruttkowski, Corinna und Lisa Hollkott, Sophie Grimm und Anne Bornewasser haben sich bestens vorbereitet.

Foto: Theresa Demski

Für Anke Bornewasser und ihre Freundinnen hat der Tag früh begonnen. Kaum war die Sonne aufgegangen, hatten die Damen aus Rade vor dem Schminkspiegel Platz genommen und zielsicher schwungvolle Ornamente und Glitzerspuren platziert. Danach waren sie in ihre Kostüme geschlüpft, um sich in Waldfeen zu verwandeln und hatten sich auf den Weg nach Wermelskirchen gemacht. Dort stehen sie am Altweiber-Morgen um kurz nach acht am Busbahnhof und warten auf den Bus nach Köln. Die Stimmung ist bestens. Irgendwer hat an der Bushaltestelle seine Musikbox angestellt, die ersten kölschen Melodien sorgen für Karnevalsstimmung. Und die Rader Frauentruppe ist in bester Gesellschaft. „Prost!“ klingt es immer mal wieder von nebenan, Brötchentüten machen die Runde und Corinna Hollkott beginnt zu erzählen: „Das ist für eine kleine Tradition“, sagt sie, „seit fünf Jahren gehört die Tour nach Köln an Weiberfastnacht einfach dazu.“ Die Frauen haben sich Urlaub genommen, inzwischen sogar die nächste Frauengeneration ihrer Familien zum Mitfahren bewegt und keine Sorge vor der langen Busfahrt: „Wir haben Frühstück und Prosecco dabei“, sagt Marion Droste. In Köln wollen sie sich dann in die Schlange vor dem Petersberger Hof in Sülz stellen. „Kneipe, Party und vor allem echter kölscher Karneval“, sagen die Frauen, „bloß nicht Düsseldorf.“

Inzwischen biegt die Buslinie 260 um die Ecke und die Frauen kommen in Bewegung. Zu ihnen gehören auch Birgit Busch und Sandra Koppe mit ihren Freundinnen. Sie haben Karten für ein Brauhaus in der Kölner Südstadt und sie wollen feiern. Busfahrt hin oder her. „Heute dürfen wir alten Wiever noch mal raus“, sagt Birgit Busch lachend und löst das Fünferticket für die Truppe. „Ab nach hinten“, sagt sie und schon suchen sich die Frauen die besten Plätze in dem extralangen Bus aus.

 Bester Platz im Bus: Birgit Busch und Sandra Koppe (Mitte) in der Runde ihrer Mädels. „Wir machen das Beste aus der Busfahrt“, sagen die Frauen.

Bester Platz im Bus: Birgit Busch und Sandra Koppe (Mitte) in der Runde ihrer Mädels. „Wir machen das Beste aus der Busfahrt“, sagen die Frauen.

Foto: Theresa Demski

Dort spielt bereits die Musik – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Die Musikbox ist mit in den Bus gewandert und es vergeht keine Minute, bis auch Birgit Busch und Sandra Koppe einstimmen. „Denn ich ben nur ne Kölsche Jung, un mie Hätz, dat litt mer op d‘r Zung“, singen die beiden Damen bestens gelaunt, packen Brezeln aus, lassen den ersten Müll in mitgebrachten Tüten verschwinden – die Vorfreude auf Musik, Party und Begegnungen in der proppenvollen Domstadt steht ihnen morgens schon ins Gesicht geschrieben.

 Den Löher Schwestern ist die Freude über das gute Wetter ins Gesicht geschrieben. Sie trafen im Bus auf alte Freunde.

Den Löher Schwestern ist die Freude über das gute Wetter ins Gesicht geschrieben. Sie trafen im Bus auf alte Freunde.

Foto: Theresa Demski

Wer der Musik folgt, landet schließlich bei Mike Vorberg. „Ja echt, ein Mann sorgt hier für die Musik“, sagt er lachend und stellt seine sorgfältig ausgewählte Playlist vor. „Heute feiern wir in Köln, am Samstag dann in Rade“, erklärt er und blickt fröhlich in die Runde der Kolleginnen von den Stadtwerken, die ihn begleiten. Gleich daneben sitzt Luigi Leonelli, der heute weniger in karnevalistischer Mission unterwegs ist. „Ich muss arbeiten“, sagt er und ergänzt dann lachend: „Aber ich bin ne kölsche Jung, deswegen habe mich auch hier hinten hingesetzt.“

Der Hahn im Korb: Mike Vorberg sorgte für die Musik – zur Freude seiner Kolleginnen Simone Scheffler, Sabrina Harnischmacher und Jessica Bornewasser.

Der Hahn im Korb: Mike Vorberg sorgte für die Musik – zur Freude seiner Kolleginnen Simone Scheffler, Sabrina Harnischmacher und Jessica Bornewasser.

Foto: Theresa Demski

Inzwischen ist der Bus proppenvoll. Ein Vater und seine zwei kleinen Söhne, die aus einem anderen Kulturkreis kommen und auf dem Weg zur Schule sind, blicken verunsichert um sich. Und dann wird es noch ein bisschen lauter und noch ein bisschen fröhlicher, denn die „Jecken Wiever“ steigen ein. „Wir stärken uns fürs Wochenende“, sagt Silke Duhm, die mit ihren Kolleginnen den Rest der Session das Dawerkuser Dreigestirn begleitet. „Aber an Altweiber sind wir alleine in Köln unterwegs“, sagt Antje Eschmann, „das machen wir immer so.“ Und weil der Alter Markt um kurz nach elf gesperrt wird, die Frauen aber unbedingt in die Altstadt wollen, sind sie früh aufgebrochen. „Das Wetter ist toll“, freut sich Marion Posingies, „heute können wir auf unserer Kneipentour viel Zeit unter freiem Himmel verbringen.“

Die „Jecken Wiever“ aus Dawerkusen feierten am Wieverfastelovend ausnahmsweise ohne ihr Dreigestirn.

Die „Jecken Wiever“ aus Dawerkusen feierten am Wieverfastelovend ausnahmsweise ohne ihr Dreigestirn.

Foto: Theresa Demski

Am Samstag geht es dann in Dawerkusen weiter, Montag steht der Rosenmontagszug an. „Die Tage dazwischen erholen wir uns“, sagen die Damen lachend und dann ist die Aufregung groß, denn bekannte Gesichter steigen hinzu. „Da kommen ja die Löher Schwestern“, rufen die Damen aus Dawerkusen wie aus einem Mund und begrüßen die jecken Wiever des Löher Karnevalsvereins. Nen Bützchen, fröhliche Umarmungen und erstes Schunkeln. „Heute wollen wir einfach nur Spaß haben“, sagt Sandra Reffelmann.

Am Wiener Platz in Köln wird es dann wieder leerer im Bus, von hier aus fahren viele mit der S-Bahn weiter. Die Fahrgäste aus Wermelskirchen stimmen zum nächsten Lied an und stürmen an die frische Luft. Schließlich haben sie heute noch viel vor.

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