Serie Backen Im Advent Alte Bretter und wertvolle Erinnerungen

Wermelskirchen · Seit 34 Jahren pflegt Familie Störte das Spekulatius-Backen. Dies ist zu einer wertvollen Tradition geworden, die jetzt von der nächsten Generation übernommen worden ist.

 Petra Störte mit ihrer alten Spekulationsform.

Petra Störte mit ihrer alten Spekulationsform.

Foto: Jürgen Moll

Wermelskirchen Als Petra Störte das dunkle Holzbrett zum ersten Mal in der Hand hielt, da war sie gerade 30 Jahre alt geworden. Ihre Tante Leni hatte das besondere Stück Holz schön verpackt und der zweifachen Mutter zum Geburtstag überreicht. "Das passt doch gar nicht in meinen Backofen", stellte Petra Störte damals ernüchtert fest. Heute ist Tante Leni 102, Petra Störte hat gerade ihren 64. Geburtstag gefeiert. Längst ist ihr klar, dass das Spekulatius-Brett im Ofen nichts zu suchen hat. "Ich wusste am Anfang wirklich nicht, wie mit diesem Brett Spekulatius entstehen sollten", sagt Petra Störte und lacht. Und dann fügt sie noch hinzu: "Mein Lieblingsgebäck waren die dünnen Kekse sowieso nicht." Aber dann kam Schwester Dagi ins Spiel. Die hatte längst Erfahrungen mit einem eigenen Brett gesammelt, und so wurde kurzerhand eine neue vorweihnachtliche Tradition erschaffen. "Jedes Jahr im Advent haben wir uns einmal zum Spekulatiusbacken getroffen", erzählt Petra Störte. Den Teig bereitete ihre Schwester vor. Es gilt: Umso kälter er ist, umso besser lässt er sich verarbeiten.

"Das ist eine Sache der Übung", sagt die 64-Jährige. Mit kräftigen Händen muss der Teig in die Formen des Brettes geknetete werden. Igel, Elefanten und Wildschweine auf der einen Seite, die traditionellen Spekulatius-Figuren auf der anderen. Mit einem großen, aber nicht zu scharfen Messer werden die Teigreste dann abgeschnitten. Es bleibt der Teig in der flachen Form. "Wir mussten das Brett erst einbacken", erinnert sich Petra Störte. Nur schlecht wollte sich der Teig anfangs aus dem Holz lösen - trotz des beherzten Aufschlagens auf den Tisch. Heute weiß die fünffache Oma genau, aus welchen Figuren sich der Teig leicht lösen lässt und welche Figuren in den vergangenen 34 Jahren eher selten genutzt wurden. Als Sohn Christian sechs Jahre alt wurde, stieg er in die jährliche Backtradition mit ein. "Er hatte da von Anfang an Lust zu", erzählt Petra Störte, "während meine Tochter sich bis heute an die Vanillekipferl hält." Am Anfang übernahm Petra Störte den Ofendienst. Sie bewachte die Plätzchen, damit auch ja kein Blech anbrennt. "Aber wir haben immer so viel erzählt, dass wir mindestens ein Blech in jedem Jahre haben verbrennen lassen", erzählt sie. Und nach dem Backen und Naschen entstand eine weitere Tradition: "Wir aßen immer einen eingelegten Hering nach dem ganzen süßen Zeug."

Die Handgriffe sitzen heute längst: Einkneten, rausschlagen oder vorsichtig mit dem Messerchen nachhelfen, ab aufs Blech und dann zehn Minuten in den Ofen - fertig sind die besonderen Plätzchen. "Das Brett darf weder mit Wasser noch mit Fett in Berührung kommen", sagt die Hobbybäckerin. Stattdessen lässt sie es trocknen und bürstet es dann aus.

Ihre Schwester Dagi ist in diesem Jahr gestorben, aber die Familie hält die Tradition am Leben. Kurz vor dem ersten Advent hat sich Petra Störte mit ihrem Spekulatius-Brett auf den Weg zu der Familien ihres Sohnes gemacht. Mit ihren beiden Enkeln, ihrer Schwiegertochter und mit dem alten Brett ihrer Schwester haben sie gebacken. Die beiden Jungs haben geknetet, die Bretter bearbeitet und sich über die Kekse auf dem Blech gefreut. "Genau wie mein Sohn früher haben sie die Hälfte des Teigs verputzt", sagt sie. Und so gibt Petra Störte die Tradition an die nächste Generation weiter. Aufgeben werden sie das Spekulatius-Backen nicht - denn jetzt ist es auch mit einer lieben Erinnerung an ihre Schwester verbunden.

(resa)
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