Besondere Geschichtsstunde Zeitzeuge Hartmut Richter besucht Realschule Wegberg

Wegberg · Hartmut Richter vermittelt als Zeitzeuge Zehntklässlern ein authentisches Bild der deutschen Nachkriegsgeschichte.

 Nach dem Film erzählte Richter lebhaft von seiner Jugend.

Nach dem Film erzählte Richter lebhaft von seiner Jugend.

Foto: ESR Wegberg

Nachdem sich die Schüler der Jahrgangsstufe 10 der Edith-Stein-Realschule im Geschichtsunterricht mit der Nachkriegszeit und der Teilung Deutschlands und Berlins auseinandergesetzt hatten, erwartete sie eine besondere Geschichtsstunde, da ihnen durch den Besuch eines wichtigen Zeitzeugen der deutschen Nachkriegsgeschichte ein authentisches Bild dieser Zeit vermittelt werden konnte. Auf Initiative des Sozialverbandes VDK Heinsberg konnte der Kontakt zu Hartmut Richter hergestellt werden. „Die Einbindung von Zeitzeugen in den Geschichtsunterricht ist wesentlicher Teil des didaktischen Konzeptes unseres Schule“ berichtet Schulleiter Christoph Scholz. „Dadurch wird Geschichte lebendig und ermöglicht eine völlig andere Auseinandersetzung mit historischen Ereignissen.“

Hartmut Richter gelang 1966 im Alter von 18 Jahren die Republikflucht, als er durch den Teltowkanal schwimmend West-Berlin erreichen konnte. Als Fluchthelfer ermöglichte er 33 Menschen die Flucht in die Bundesrepublik Deutschland. Als Ironie des Schicksals ist anzusehen, dass er ausgerechnet bei dem Fluchthilfeeinsatz von Grenzpolizisten verhaftet wurde, bei dem er seine Schwester und seinen Schwager in den Westen holen wollte.

Zunächst zeigte Hartmut Richter einen 45-minütigen Film, der den Jugendlichen das damalige Leben im geteilten Berlin, den Aufbau der menschenverachtenden Mauer, die Geschichte der Mauertoten und die Fluchtversuche der Menschen verdeutlichte. Nach dem Film erzählte Richter lebhaft von seiner Jugend und erläuterte seine Entscheidung sich gegen das DDR-Regime zu richten und in den Westen zu fliehen. Besonders fesselte die Schüler die Verhaftung Richters und seiner Schwester, welche Richter mit folgenden Sätzen beschrieb: „Die Grenzsoldaten ließen mich in eine Garage fahren, wo ein Hund meine Schwester im Kofferraum aufspürte. Damit hatten sie auch mich.“ Hartmut Richter wurde zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, von denen er fünfeinhalb Jahre absitzen musste, bevor er im November 1980 von der Bundesrepublik Deutschland für 100.000 DM freigekauft wurde. Seine Schwester wurde hingegen nach nur wenigen Monaten Haft entlassen, da sie zum Verbleib in der DDR überredet werden konnte.

In der sich dem Vortrag anschließenden Diskussionsrunde wurde durch die vielen Nachfragen deutlich, wie sehr Hartmut Richter das Interesse der Jugendlichen an diesem Kapitel der deutschen Geschichte geweckt hatte. Auf die abschließende Frage einer Schülerin nach der schlimmsten Zeit seines Lebens, hob Richter hervor, dass dies wohl eindeutig die einjährige Untersuchungshaft gewesen sei. In seinem Fazit bedankte sich Hartmut Richter bei den Schülern für ihr großes Interesse an seinen Ausführungen und hob hervor, dass Freiheit und Demokratie nicht als selbstverständliche Güter betrachtet werden dürfen, sondern gerade auch in unserer heutigen Zeit immer wieder mutig und engagiert verteidigt werden müssen.

(RP)
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