Friseur in Wegberg „Endlich wieder Haareschneiden!“

Wegberg · Wie alle anderen Friseure darf auch der Salon M2K seit Montag wieder öffnen – unter strengen Auflagen. Den Kunden hat in den vergangenen sechs Wochen allerdings nicht nur der Haarschnitt gefehlt.

 Friseur Marcel Kohlen schneidet seinem Kunden Daniel Marschalk die Haare.

Friseur Marcel Kohlen schneidet seinem Kunden Daniel Marschalk die Haare.

Foto: Ruth Klapproth

Dass an diesem Montagmorgen im Friseursalon M2K nicht alles ist wie immer, zeigt schon der erste Blick in den Laden. Die große Ledercouch, die am Ende des langgezogenen Salons steht, ist mit rot-weißem Flatterband abgesperrt. „Bei uns darf sich jetzt niemand mehr zum Warten hinsetzen. Das ist die neue Realität“, sagt Marce Kohlen, der den Salon in Wegberg mit seinem Vater Matthias führt. Seit dieser Woche darf M2K genau wie alle weiteren Friseure in Nordrhein-Westfalen wieder öffnen – wegen der Corona-Pandemie unter strengen Auflagen.

„Wir sind einfach froh, dass es wieder losgeht. Endlich wieder Haareschneiden!“, sagt Marcel Kohlen, dessen Laden für sechs Wochen geschlossen war – seine Kunden sehen das genauso. Daniel Marschalk gehört zu den ersten, die einen Termin ergattern konnten. „Du siehst ja wild aus“, sagt eine Mitarbeiterin und lacht. Dass seine Haarpracht in den vergangenen Tagen doch etwas länger geworden ist als gewohnt, nimmt der Uevekovener mit Humor: „Ich freue mich, dass ich jetzt wieder vernünftig rumlaufen kann. Die Haare nach dem Duschen zu bändigen, das war schon nervig.“

Es ist allerdings nicht nur der Haarschnitt, der den Menschen gefehlt hat, schätzt Marcel Kohlen. „Die meisten haben ja seit Wochen fast niemanden mehr gesehen. Die sind froh, wenn sie mal ein anderes Gesicht sehen und über Gott und die Welt reden können. Deswegen kommen die Leute ja auch ein bisschen“, sagt der von Kopf bis Fuß tätowierte 39-Jährige, der sich nicht nur als Friseur, sondern auch als Hobbypsychologe und Lebensberater sieht: „Das gehört zum Beruf einfach dazu.“

Wie der Friseurbesuch in Corona-Zeiten abläuft, ist durch den Auflagenkatalog genau choreografiert. In den Laden kommt nur, wer eine Mund-Nase-Maske trägt. Die dürfen die Kunden auch beim Schneiden, Färben oder Waschen nicht abnehmen. Kohlen darf keinen Kaffee servieren, auch Zeitungen sind verboten. Zum Desinfizieren ist das Haarewaschen zwingend vorgesehen. „Das würde auch für mich und meine Pläte gelten“, sagt Kohlen. Kunden sitzen nur auf jedem zweiten Stuhl – die anderen sind mit Absperrband blockiert. Nach Feierabend müssen sich die Friseure komplett umziehen: „Unsere Klamotten dürfen wir erst wieder mitnehmen, wenn sie hier in der Waschmaschine waren.“

Als Belastung sieht der Chef die Regeln nicht: „Ich bin niemand, der viel jammert. Klar, es ist komisch, eine Maske zu tragen. Aber ich fände es deutlich schlimmer, wenn wir eine komplette Ausganssperre hätten. Wenn das der einzige Weg ist, mit dem wir wieder öffnen können, dann ist es halt so.“ Unterbrochen wird er immer wieder von klingelnden Telefonen. „Die Apparate stehen seit anderthalb Wochen nicht mehr still“, sagt Kohlen und entschuldigt sich. Er deutet auf den großen Kalender an der Wand des Hinterzimmers und meint: „Wir sind fast für den ganzen Monat ausgebucht.“ Wer am Montag einen Termin will, muss sich auf knapp drei Wochen Wartezeit einstellen.

Finanziell hätten er und sein Vater die vergangenen Wochen ohne Einnahmen verkraften können: „Wenn es dabei bleibt, dann ist es für uns noch verhältnismäßig gut gelaufen. Unser Laden ist zum Glück unser Eigentum. Mieter hat es sicher härter getroffen.“ Dass seine Kunden jetzt einen Euro mehr bezahlen müssen, tut ihm Leid: „Eigentlich hatten wir uns fest vorgenommen, dieses Jahr die Preise nicht zu erhöhen.“ Für die sechs Mitarbeiter meldeten die beiden Kurzarbeit an und stockten das Gehalt aus eigener Tasche auf. Für Marcel Kohlen eine Selbstverständlichkeit: „Dass Friseure nicht die Welt verdienen, ist ja bekannt. Das wären für die Kollegen enorme Einbußen gewesen.“

Als Daniel Marschalk, der seit Jahren Stammkunde ist, mit gewaschenen Haaren auf dem Lederstuhl vor dem Spiegel Platz nimmt, schlägt Kohlen vor, die Haare um die Ohren besonders kurz zu rasieren: „Du musst in den kommen Wochen so oft eine Maske tragen, da nerven die Haare doch nur.“

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