Jubiläum im neuen Jahr Wegberg vor 200 Jahren vereinigt

Wegberg · Hintergrund Wegberg war in seiner Geschichte nicht nur Grenzstadt, sondern auch geteilte Stadt mit zwei Bürgermeistern. Der einstige Rentmeister und Gemeindedirektor Gerhard Evertz formulierte es so: „Die damaligen politischen Interessen sind im Wegberger Raum hart aneinander geraten.“

 Wegberg in einem Kartenausschnitt von 1801. Im Departement Niedermaas (rot umrandet) liegen der frühere geldrische Teil Wegbergs sowie Uevekoven, Gerichhausen, Watern, Bissen, Klinkum, Harbeck und Rickelrath. Im Departement Roer (gelb umrahmt) befindet sich der frühere jülichsche Teil Wegbergs sowie Dorp und Tüschenbroich.   Foto: Archiv Historischer Verein Wegberg

Wegberg in einem Kartenausschnitt von 1801. Im Departement Niedermaas (rot umrandet) liegen der frühere geldrische Teil Wegbergs sowie Uevekoven, Gerichhausen, Watern, Bissen, Klinkum, Harbeck und Rickelrath. Im Departement Roer (gelb umrahmt) befindet sich der frühere jülichsche Teil Wegbergs sowie Dorp und Tüschenbroich. Foto: Archiv Historischer Verein Wegberg

Foto: Archiv Historischer Verein Wegberg

Berlin, Kerkrade/Herzogenrath und Wegberg – all diese Orte haben eines gemeinsam: Sie sind oder waren geteilt. Berlin war bis vor drei Jahrzehnten in einen kommunistisch geprägten Ostteil und in einen demokratisch-freiheitlichen Westteil geteilt. Kerkrade und Herzogenrath wurden durch den Vertrag von Aachen 1816 getrennt. Die Grenze zwischen den Niederlanden und Preußen verlief über die gemeinsame Hauptstraße. Erst durch das 1985 verabschiedete Schengen-Abkommen fielen die Grenzkontrollen fort. Und wann war Wegberg geteilt? Vor genau 200 Jahren, im Januar 1820, fiel eine Verwaltungsgrenze, die Wegberg seit Jahrhunderten in zwei Teile getrennt hatte.

Die Grenze zwischen den früheren Herzogtümern Geldern und Jülich verlief mitten durch Wegberg. Zum geldrischen Ortsteil gehörten das Gebiet westlich der Schwalm sowie südlich des Beeckbaches, zum jülichschen Ortsteil das Gebiet östlich der Schwalm und nördlich des Beeckbaches. Das führte zu einer kuriosen Situation: Der größere Ortsteil mit den meisten Menschen, dem Rathaus von 1772 und der Burg befand sich auf geldrischem Boden. Dagegen lagen Kirche und Kloster auf der Seite des Herzogtums Jülich. Entsprechend hatten beide Ortsteile getrennte Verwaltungen mit eigenen Bürgermeistern. Noch merkwürdiger: Der Pfarrer war zwar für beide Gemeinden zuständig, allerdings unterstand der geldrische Teil dem Bistum Roermond, der jülische Teil hingegen dem Bistum Lüttich. In beiden Teilen galt auch eine unterschiedliche Amtssprache: Niederländisch im geldrischen Wegberg und Deutsch im jülichschen Wegberg.

Zeitlich ist die Teilung Wegbergs nicht eindeutig zu belegen. In den alten Rentenbüchern der Pfarre Wegberg aus dem 16. und 17. Jahrhundert ist von „Wegberg-Geldern“ und „Wegberg-Jülich“ die Rede. Im Frieden von Venlo aus dem Jahr 1543 musste Herzog Wilhelm von Jülich das Gelderland endgültig an Habsburg abtreten. Es wurde eine Provinz der burgundischen-habsburgischen Niederlande. Der geldrische Teil Wegbergs gehörte fortan zum „Oberquartier Geldern“ mit der Hauptstadt Roermond. Als sich Kaiser Karl V. 1555 ins Kloster zurückzog, übernahm sein Sohn Philipp, als König von Spanien, die habsburgischen Niederlande und mit ihnen auch die Provinz Geldern. Fortan nannte man sie die spanisch-habsburgischen Niederlande.

Hat diese Grenze zwischen dem geldrischen und jülichschen Wegberg auch in den Köpfen der Bevölkerung bestanden? Manche Rivalitäten zwischen der geldrischen Seite, deren Bewohner bis in die 1960er Jahre hinein oft als „die Spanier“ bezeichnet wurden, und der jülichschen Seite lassen dies vermuten. Der ehemalige Rentmeister und Gemeindedirektor Gerhard Evertz formulierte es einmal so: „Die damaligen politischen Interessen sind im Wegberger Raum hart aneinander geraten.“

Selbst die Eroberung von Wegberg 1794 durch die französischen Revolutionstruppen und die Annektierung des linken Rheinlandes durch Frankreich führten nicht zur Beseitigung dieser Teilung. Forthin gehörte das geldrische Wegberg zum Departement Niedermaas, das die Hauptstadt Maastricht hatte, und das jülichsche Wegberg zum Departement Roer mit der Hauptstadt Aachen. Somit hatte Wegberg auch weiterhin zwei Bürgermeister. 1800 beziehungsweise 1804 wurde Französisch als offizielle Amtssprache eingeführt.

Nach der endgültigen Niederlage Napoleons und dem Wiener Kongress fiel das linke Rheinland an Preußen. Auch die preußische Verwaltung beließ es zunächst bei der verwaltungsmäßigen Trennung. Bestrebungen zu einer Vereinigung Wegbergs gab es zwar bereits ab 1815. Die Verhandlungen gestalteten sich allerdings äußerst schwierig. Erst mit Wirkung vom 1. Januar 1820 wurden beide Gemeinden mit 2050 „geldrischen“ und 650 „jülichschen“ Einwohnern vereinigt. Die Bürgermeisterei Wegberg gehörte nun zum Landkreis Erkelenz im Regierungsbezirk Aachen.

An dieses vielen Wegberger Einwohnern unbekannte Jubiläum möchte der Historische Verein Wegberg erinnern. Im Laufe des kommenden Jahres wird mit weiteren Veranstaltungen noch näher auf dieses historisches Datum eingegangen.

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