Wegberg erinnert an NS-Opfer Zehn Stolpersteine für die Mühlenstadt

Wegberg · In Gedenken an Opfer der NS-Terrorherrschaft verlegt Gunter Demnig die Steine im Januar 2023 an den letzten bekannten Wohnorten der Opfer. Der Stadtrat hatte dies nach einem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen so beschlossen.

Er ist der Initiator des Projektes zur Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus und feierte kürzlich seinen 75. Geburtstag: Gunter Demnig, hier beim Verlegen von Stolpersteinen in Kempen (Kreis Viersen).   Foto: dpa

Er ist der Initiator des Projektes zur Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus und feierte kürzlich seinen 75. Geburtstag: Gunter Demnig, hier beim Verlegen von Stolpersteinen in Kempen (Kreis Viersen). Foto: dpa

Foto: Norbert Prümen

Die Eheleute Moses und Berta Salm wurden 1942 ins polnische Transit-Ghetto Izbica deportiert. Dort ließ sie das NS-Regime ermorden, ebenso drei ihrer vier Kinder: Ilse, Lotte und Kurt. Nur Alex Salm überlebte den Holocaust als einziger Wegberger jüdischen Glaubens, wie eine Recherche des Stadtarchives und des Historischen Vereins ergeben hatte. Der letzte Wohnort der Familie war die Venloer Straße in Wegberg. Am 27. Januar 2023 wird Gunter Demnig dort und an zwei weiteren Orten die ersten Wegberger Stolpersteine verlegen, insgesamt zehn Stück. Sie sind ein unübersehbares Mahnmal für die unmenschlichen Verbrechen der nationalsozialistischen Terrorherrschaft.

„Man fällt nicht über die Stolpersteine, du stolperst mit dem Kopf und dem Herzen.“ So zitiert Gunter Demnig gern einen Schüler, der bei einer Verlegung die Frage eines Journalisten beantwortete, ob die Steine eine Stolperfalle seien. Der Kunstpädagoge, der dieses Jahr seinen 75. Geburtstag feierte, hat bis heute Stolpersteine in 1265 Kommunen Deutschlands verlegt, zusätzlich in 21 Ländern Europas. Mittlerweile sind es 94.000 Steine, an den Großteil davon hat er tatsächlich selbst Hand angelegt. An ihrem jeweils letzten Wohnort lässt er Messing-Gedenksteine in den Bürgersteig ein und hält so die Erinnerung aufrecht an Menschen, die dort lebten, bevor sie von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Was 1992 mit dem ersten Stein, einem Auszug aus dem sogenannten Himmler-Befehl, begonnen hatte, geht über die ersten individuellen Steine in Berlin 1996 bis heute ungebrochen weiter. Ans Aufhören denkt Gunter Demnig noch nicht: Bis August 2023 ist er bereits verplant.

In Wegberg haben zur Zeit des Nationalsozialismus zwei jüdische Familien mit insgesamt neun Familienmitgliedern gewohnt. Die Häuser Venloer Straße 6 und Fußbachstraße 19 in Wegberg waren im Besitz jüdischer Kaufmannsfamilien. Während die Familie Moses und Bertha Salm das Haus an der Venloer Straße 6 bewohnte, gehörte das Haus an der Fußbachstraße 19 der Familie von Jacob und Irma Salm. Moses und Jakob Salm waren Brüder und betrieben, wie schon ihr Vater, einen Viehhandel in Wegberg. An der Stelle des heutigen Hauses an der Lindenstraße 52 stand früher das Wohnhaus der Familie von Matthias Eickels. Er ist aufgrund seiner Verweigerung und offenen Ablehnung gegenüber dem Nationalsozialismus, begründet in seinem christlichen Gewissen und Glauben, verfolgt worden. Nahezu alle Familienmitglieder der beiden jüdischen Familien und Matthias Eickels sind in den Konzentrationslagern ermordet worden.

Im Mai vergangenen Jahres hatte der Stadtrat einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen einstimmig beschlossen: Auch die Stadt Wegberg solle sich an dem Projekt zur Verlegung von Stolpersteinen beteiligen. Dazu wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, an der Vertreter aller Fraktionen teilnehmen. Begleitet wird der Arbeitskreis federführend von Stadtarchivar Thomas Düren. Nach intensiven Beratungen im Arbeitskreis kamen die Mitglieder zu dem Ergebnis, dass in Wegberg zehn Stolpersteine verlegt werden sollen.

Die Stolpersteine werden über Patenschaften finanziert. Da die Gedenksteine mit der Verlegung im öffentlichen Raum in den Besitz der Stadt übergehen, sind sie ein Geschenk der Bürger an die Stadt. Bis auf eine sind mittlerweile alle Patenschaften vergeben. Allerdings entstehen über die Finanzierung der Gedenksteine hinaus im Rahmen des Projektes weitere Kosten, die ebenfalls durch Spenden gedeckt werden müssen. Wer für dieses Projekt spenden möchte, wendet sich per E-Mail an die Projektgruppe Stolpersteine Wegberg, c/o. Thomas Düren: archiv@stadt.wegberg.de. Steuerabzugsfähige Spenden können auch unter Angabe des Verwendungszweckes „Spende Stolpersteine“ unmittelbar auf ein Konto der Stadt Wegberg mit folgender IBAN überwiesen werden: DE61 3125 1220 0004 0048 00.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort