Wegberg Vortrag: So lebten die alten Römer am südlichen Niederrhein

Wegberg · Hermann-Josef Heinen vom Historischen Verein Wegberg berichtet über die Ausgrabung einer römischen Villa Rustica bei Erkelenz-Borschemich.

 Diese Fundstücke aus der Römerzeit sind in der archäologischen Landesausstellung in Bonn zu sehen.

Diese Fundstücke aus der Römerzeit sind in der archäologischen Landesausstellung in Bonn zu sehen.

Foto: Hermann-Josef Heinen

Gleich zum Beginn seines Vortrags stellte der Referent die Bedeutung der römischen Landgüter für den hiesigen Raum heraus. Was dabei über die Faszination an den archäologischen Funden hinaus deutlich wurde, war die Erkenntnis, dass es sich bei den "Römern im Rheinland" nicht nur um Legionäre oder Stadtbewohner handelte. Diese mussten alle mit Lebensmitteln versorgt werden. Und dies geschah durch die römischen Landgüter. Dort haben über einen Zeitraum von 400 Jahren römische und romanisierte germanische Familien gewohnt und gearbeitet.

Die Einladung zum Vortrag im Rahmen der Veranstaltungsreihe Wegberger Seminare, die von der Caritas Wegberg und St. Josef organisiert wird, war auf ein so großes Interesse gestoßen, dass sich die Organisatoren über einen voll besetzten Seminarraum freuen konnte.

Die römische Landwirtschaft wurde im fruchtbaren Lößbodengebiet zwischen Köln, Aachen und Mönchengladbach - und damit auch in Wegberg - intensiv betrieben. 3000 Fundstellen von Landgütern sind bekannt. Auch im Wegberger Stadtgebiet hat es bislang zahlreiche Aktivitäten des Amtes für Bodendenkmalpflege gegeben. Vermutlich könnte man auch hier zahlreiche Landgüter finden. So gehen viele Erkenntnisse aus den Grabungsarbeiten bei Borschemich über die eigentliche Fundstätte hinaus und gewinnen somit auch eine allgemeingültige Bedeutung.

Begeistert von den Eindrücken und Informationen am Tag der Archäologie 2014 in der Außenstelle Titz-Höllen des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland, hat sich Hermann-Josef Heinen intensiv mit den Ausgrabungsarbeiten der Villa Rustica in der Nähe von Borschemich beschäftigt. Auch wenn vordergründig an der Grabungsstelle nicht mehr viel zu sehen ist, so stellt die Ausgrabung mit ihren herausragenden Funden einen Glücksfall für die Archäologie dar.

Im zweiten Teil des Vortrages stellte der Referent die neuen Funde und Befunde des LVR vor, die beim Tag der Archäologie 2015 gezeigt wurden. Dies waren im Besonderen die neu entdeckten Kammergräber. Diese sind zwar in der Moselregion bekannt sind, jedoch im Rheinland bislang einzigartig. Die Grabungstechniker Josef und Dennis Franzen hatten dazu einen Teilnachbau einer Grabkammer aufgestellt und Dr. Alfred Schuler präsentierte die zahlreichen Grabbeigaben.

Inhaltlicher Höhepunkt der Powerpoint-Präsentation war der dritte Teil des Abends mit den Funden aus einem mutmaßlichen Priesterinnengrab. Diese sind in den Werkstätten des Landesmuseums Bonn restauriert worden und waren im Februar 2016 im Rahmen der archäologischen Landesausstellung erstmals zu sehen.

Beeindruckt zeigten sich die Besucher des Vortrages, als die Schritte der Restaurierungsarbeiten durch Regine Vogel präsentiert wurden. Sie hatte aus einem Erdblock Schildpatt-Plättchen herausgearbeitet, die sich als Applikationen eines Kultkästchens herausstellten. Höhepunkt dabei war die Entdeckung von acht in Flachrelief gearbeiteten Götterbüsten, ebenfalls aus Schildpatt, darunter neben dem Sonnengott Sol, dem Kriegsgott Mars sowie Apollo mit Köcher auch zwei ägyptische Gottheiten: Serapis mit Getreidemaß und Hermanubis, eine Verschmelzung von Hermes/Merkur mit dem ägyptischen Totengott Anubis. Im Inneren des Kästchen wurde eine seltene Opferschale aus Bernstein freigelegt.

(RP)
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