Serie Pape läuft (Folge 19) Vom Ackergaul zum Rennpferd

Beeck · Christian Pape erfährt während der Vorbereitung des Köln-Marathons viel Unterstützung aus der Region. Das macht ihm Mut.

 Die jungen Reiterinnen vom Gestüt in Holtum überraschten Christian Pape mit selbst gebastelten Pferden aus Pappe. Die Mädels drücken dem Beecker für den Köln-Marathon die Daumen.

Die jungen Reiterinnen vom Gestüt in Holtum überraschten Christian Pape mit selbst gebastelten Pferden aus Pappe. Die Mädels drücken dem Beecker für den Köln-Marathon die Daumen.

Foto: Jörg Knappe

Hi Christian! Nur noch 53 Tage. Dann fällt für uns beide der Startschuss zum Marathon in Köln. Auch wenn dich zurzeit deine Achillessehne bremst - in den vergangenen vier Monaten haben wir mit viel Unterstützung eine gute Vorbereitung hingelegt. Angefangen vom Gesundheitscheck im Erkelenzer Krankenhaus, als dir die Chefärzte Dr. Michael Zander und Dr. Klaus-Dieter Winter grünes Licht fürs Marathontraining gaben. Dann die mehr als 250 Trainingskilometer im Monat, bei Hitze und Hagel im Hochsommer. Und nicht zu vergessen das anstrengende, aber nicht nur die Lachmuskeln aufbauende Stretching und Koordinationstraining mit dem Erkelenzer Physiotherapeuten Frank Hanswillemenke.

Wenn wir am 2. Oktober in der Domstadt auf die Piste gehen, wird es gut sein zu wissen, dass viele aus der Region die Daumen drücken. Elke Arndt zum Beispiel. Gemeinsam mit einer Freundin leitet sie die Selbsthilfegruppe für krebserkrankte Frauen "Rosa Schleife" am Hermann-Josef-Krankenhaus in Erkelenz. Die Gruppe besteht seit 15 Jahren, ist sportlich sehr aktiv, seit drei Jahren mit monatlichem Informationsaustausch, Workshops und Veranstaltungen für die Seele. "Hallo Christian! Mit Begeisterung lese ich jeden Mittwoch deine Kolumne in der Rheinischen Post. Ich grüße dich mit Daumen hoch und den Worten ,Pape läuft'", schrieb sie und wünschte viel Erfolg für Köln.

Nachdem du zuletzt im Training auf das Fahrrad umgestiegen bist und die abgesprungene Kette dich zum Hobbymonteur machte, meldete sich Conny Boxberg vom Fahrradclub ADFC Heinsberg. Sie lud dich spontan zu einer geführten Radtour ein. Gerne gebe der Verein auch Handgriffe weiter, die aus Frust wieder Lust werden lassen. "Das wird schon mit dem Marathon!", schrieb sie. Das macht Mut. In Kooperation mit dem Wegberger Fahrradhändler Van Bronckhorst Bikes möchte sie ein Fahrrad fürs Training zur Verfügung stellen.

Auch Jan Broniecki, Pressesprecher der Köln Marathon GmbH, hat sich gemeldet und uns zur Pressekonferenz eingeladen. Er verfolgt die "Leidensgeschichte Pape läuft" und die von dir geschilderten Erfahrungen während der Marathonvorbereitung nach eigenen Angaben mit großem Interesse. Während der Pressekonferenz könnten wir mehr erfahren "über das, was Ihnen am 2. Oktober in Köln blüht", schrieb er.

Das kleine Pilgerörtchen Holtum hat sich mittlerweile in dein persönliches "Fan-Basislager" verwandelt. Als du bei hochsommerlichen Temperaturen über die Marktstraße liefst, befestigte Garten- und Landschaftsbauer Andreas Ramächers, der in Holtum wohnt, nach deiner ersten 10-km-Runde eine Wasserflasche mit einer Schlaufe an seinem Gartenzaun. Auf der zweiten Runde konntest du deinen Durst stillen, einen netten Plausch halten und dich von deiner Begegnung (ich zitiere: "Nahtoderfahrung") mit der Nordic-Walking-Frauengruppe erholen, die nahe der Gnadenkapelle deinen Weg kreuzte. Auch die jungen Reiterinnen mit Maria Müller vom Gestüt an der Marktstraße in Holtum drücken dir für Köln die Daumen. Weil sie ahnten, dass dein nächster Trainingslauf dich wieder durch Holtum führen sollte, überraschten sie dich mit selbstgebastelten Pferden aus Pappe. Sensationell. Vom Ackergaul zum Rennpferd - Christian, die Richtung stimmt!

Jetzt fehlt uns für Köln nur noch die passende Rennstrategie. Ich hätte eine Idee: Neulich begegnete ich während meiner morgendlichen 10-km-Runde am Wegberger Grenzlandring Manfred Schmidt vom VSV Grenzland. Er lief im lockeren Trainingsschritt. Wir sehen uns häufig. Täglich ist er am Grenzlandring unterwegs, immer in Laufklamotten, manchmal gehend, meistens laufend, häufig mit Hund. Christian, der Mann läuft seit mehr als 50 Jahren! Seine Marathonbestzeit: 2:34 Stunden. Zum Vergleich: Meine steht bei 3:45 Stunden. Das sind Welten, eine andere Dimension! Mehr als 120.000 Laufkilometer hat Manfred Schmidt in seinem bisherigen Langläuferleben abgespult - ich wohl keine 12.000 Kilometer. Der Mann ist seit 1983 Mitinhaber des Marathon-Mannschafts-Kreisrekordes (7:42,05 Stunden), den er im VSV-Team mit Michael Königs (2:26,53) und Dieter Bolle (2:38,01) aufstellte. Manfred Schmidt lief damals 2:37,11 Stunden. Die klassische Marathondistanz, diese magischen 42,195 Kilometer, die wir beide am 2. Oktober in Köln angehen wollen, hat Manfred Schmidt schon 75 Mal absolviert. Für mich ist der Mann Laufkult auf zwei Beinen. Der Emil Zatopek vom Grenzlandring. Als ich ihm begegnete, grüßte ich mit einem freundlichen "Guten Morgen". Mit einer knappen Handbewegung grüßte er zurück. Wie Läufer das so machen. Ein kurzer Gruß, nichts Großes. Dachte ich jedenfalls. Doch ich hatte mich geirrt. Denn plötzlich rief er mir zu: "Im Training darf jeder schneller sein. Im Wettkampf keiner!" Ich musste schmunzeln, bestätigte seine Worte mit einem Daumenhoch und kam ins Grübeln. Christian! Im Wettkampf am 2. Oktober in Köln soll niemand schneller sein als wir beide? Vom Ackergaul zum Rennpferd - ein schöner Traum! Aber wohl ein bisschen unrealistisch. Ankommen lautet unser Ziel. Und nichts anderes. Das ist die Realität. Ankommen! Am besten vor dem Besenwagen und mit einem Lächeln auf den Lippen. Und den Worten: "Da isser, d'r Dom!"

Für den Köln-Marathon habe ich mir die Worte von Manfred Schmidt dennoch eingeprägt. In leicht abgewandelter Form dürften sie nämlich tatsächlich unsere perfekte Rennstrategie für den Köln-Marathon beschreiben: "Auf den ersten Kilometern darf jeder schneller sein. Auf den Letzten keiner!"

Nur noch 53 Tage, Christian. Und du wirst sehen: Am Ende wird alles gut. Auch wenn wir "Rennpferde" uns im Ziel am Kölner Dom bestimmt fühlen werden wie alte Ackergäule...

CHRISTIAN PAPE (43) IST HUMORIST UND HOBBYLÄUFER. AM 2. OKTOBER 2016 GEHT ER MIT RP-REDAKTEUR MICHAEL HECKERS (42) BEIM KÖLN-MARATHON AN DEN START.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort