Wegberg "Tauschkultur birgt großes Potenzial"

Wegberg · Gerade für den ländlichen Raum sieht Professor Harald Heinrichs viele Vorteile in der Sharing Economy des Leihens, Tauschens und Teilens. Dazu müsse aber eine Person oder Institution die Initiative ergreifen, sagt der Experte.

 Zu Beginn seines Vortrags in der Wegberger Mühle machte Prof. Dr. Harald Heinrichs allgemeine Entwicklungen aus: Elektromobilität, Effizienzgewinn durch Neuerungen und Digitalisierung im Bereich Technologie.

Zu Beginn seines Vortrags in der Wegberger Mühle machte Prof. Dr. Harald Heinrichs allgemeine Entwicklungen aus: Elektromobilität, Effizienzgewinn durch Neuerungen und Digitalisierung im Bereich Technologie.

Foto: Jürgen Laaser

In Wegberg gibt es einige Ideen und Projekte, an die sich mit dem Prinzip der Sharing Economy des Leihens, Tauschens und Teilens anknüpfen lässt. Ein Fahrrad-Verleihsystem sei schon Thema gewesen, zählte Referent Professor Dr. Harald Heinrichs bei seinem Vortrag unter dem Titel "Mit Tradition in die Zukunft - Teilen im ländlichen Raum" in der Wegberger Mühle auf. Beim Stadtentwicklungsplan sei zu überlegen, wie öffentliche Räume zu gestalten sind und die "Wegberg-App" eigne sich sehr gut als Einstieg für ein Sharing-Portal.

Auf Einladung des "Aktionskreises Wegberger Mühle" (AWM) war der gebürtige Wegberger aus Hamburg hergekommen, um die Wirtschaftsform näher vorzustellen und deren Möglichkeiten aufzuzeigen. Aktualität im mittelstädtischen Raum sah Moderator Peter Hanf dabei zudem beim gemeinsamen Nutzen von Autos. Er äußerte die Hoffnung, dass der Ansatz in zukünftigen Aktivitäten und im politischen Rahmen weitergetragen werde.

Zunächst machte Heinrichs allgemeine Entwicklungen aus: Elektromobilität, Effizienzgewinn durch Neuerungen oder Digitalisierung im Bereich Technologie. Ebenso habe sich die Wirtschaftsstruktur verändert und im Sozialen wirkten sich Flucht, demografischer Wandel und ungleiche Güterverteilung aus. Extreme Wetterlagen als Folge des Klimawandels und ein politischer Wandel durch Machthaber wie Trump oder Putin sowie den Brexit kämen dazu. "194 Länder haben in der Agenda 2030 17 Ziele für die Welt formuliert", fügte er an, "neben der Vermeidung von Hungersnot oder Armut lautet das Ziel elf beispielsweise nachhaltige Städte und Gemeinden."

Seit Ende des Jahres 2016 gebe es in NRW eine Nachhaltigkeitsstrategie auch auf der Ebene der Kommune. Zu den bereits vorhandenen Instrumenten wie Klimaschutz und Erneuerbare Energien stellte er die Sharing Economy als soziale Innovation zur Diskussion. Digitalisierung (Apps zum Aufschließen von gemeinsam genutzten Wagen), Wunsch nach mehr Lebensqualität (mehr Zeit, Pflege von sozialen Kontakten) und Nachhaltigkeit (Ressourcen-Ersparnis und Gründung von jungen Firmen) nannte er als Triebkräfte. Redistributionsmärkte, Produkt-Service-Systeme (Ausleihen von Rad oder Auto) und gemeinschaftliche Wohnprojekte als praktische Bereiche. Sowie die jüngere Generation in den Städten und Konsumpragmatiker als bisherige Hauptzielgruppen.

Doch es sei die Frage, ob das Sharing-Prinzip nicht gezielt weiterentwickelt werden könne für andere Regionen und Personenkreise. "Gerade für den ländlichen Raum mit seiner zunehmenden Alterung bietet es große Potenziale", meinte Harald Heinrichs, "einer muss es nur in die Hand nehmen." So könnten Jüngere ihre Dienste gegen Entgelt über soziale Plattformen anbieten. Vereinsräume könnten geteilt, Wohnprojekte realisiert, Senioren-Spielplätze mit Schach- oder Bouleflächen öffentlich eingerichtet oder Dorfläden und Energieerzeuger genossenschaftlich betrieben werden. Dazu könnte auch auf der Homepage der Stadt mit einem Sharing-Portal ein gebündeltes Angebot eingestellt werden, könnten Vereine und Bürger Spielplätze oder Clubs unterhalten und sich Firmen organisieren. Die Digitalisierung vereinfache die Umsetzung und hole die jüngere Generation mit ins Boot, ergänzte er in der anschließenden Diskussion mit den rund 20 Zuhörern in der Wegberger Mühle.

(cole)
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