Dammbruch der Rur im Kreis Heinsberg Ophoven wegen Hochwasser evakuiert - Lage weiter angespannt

Ophoven · Die Hochwassersituation an der Rur im Kreis Heinsberg ist auch am Samstagmittag weiter angespannt. Der Wassenberger Ortsteil Ophoven musste in der Nacht evakuiert werden. Angeblich staut sich das Wasser auf deutscher Seite, weil im niederländischen Roermond Schleusen geschlossen wurden.

 Ophoven am Samstagmorgen. Die Lage stagniert.

Ophoven am Samstagmorgen. Die Lage stagniert.

Foto: Uwe Heldens

Die Hochwasser-Lage im Stadtgebiet Wassenberg stagniert am Samstagmorgen. Langsam, aber allmählich, geht das Wasser in Ophoven zurück. Wie die Stadt Wassenberg mitteilt, kann von Entspannung aber noch nicht die Rede sein, so können etwa die Menschen aus Ophoven nach wie vor nicht zurück in ihre Häuser. Auch bleibt der Blick auf die Ortschaften Effeld und Steinkirchen unverändert, denn wegen der hohen Wasserstände können Gefährdungen nicht ausgeschlossen werden, hieß es am frühen Samstag aus dem Rathaus.

Ophoven an der Rur fürchtet die Flut
27 Bilder

Ophoven an der Rur fürchtet die Flut

27 Bilder
Foto: dpa/Thomas Banneyer

Weitgehend abgerückt sind die Wehrleute der Feuerwehr der Stadt Wassenberg, um eine dringend benötigte Pause zu bekommen. Abgelöst sind sie aktuell von Kameraden, die unter anderem auch aus dem Ruhrgebiet, so zum Beispiel die Feuerwehr der Stadt Herne, nach Wassenberg ausgerückt sind, um Hilfe zu leisten. Diese ist vor allem nötig, um einen Deich zu sichern. Auch Kräfte des Technischen Hilfswerks arbeiten in Wassenberg.

 Am Freitagabend spitzte sich die Lage auf der Marienstraße in Wassenberg-Ophoven zu.

Am Freitagabend spitzte sich die Lage auf der Marienstraße in Wassenberg-Ophoven zu.

Foto: Michael Heckers

Die Pegelstände am Umspannwerk am Forster Weg stagnieren ebenfalls. „Eine generelle Gefährdung der Stromversorgung besteht nach jetzigem Stand nicht“, teilt das Rathaus mit.

„So etwas haben wir hier noch nie erlebt“, sagt Wiljo Caron und schüttelt ungläubig den Kopf. Der Vorsitzende der Kinderkrebshilfe steht unweit seines Wohnhauses an der Marienstraße in Ophoven und kann es nicht fassen. Feuerwehrleute und freiwillige Helfer packen Sandsäcke und versuchen eine weitere Barriere zu errichten, die die herannahenden Wassermassen aufhalten soll. Es ist Freitagabend und gerade hat der 71-jährige Ophovener davon gehört, dass sein Heimatort wegen der Wassermassen, die aus der Rur über die umliegenden Felder in die Straßen laufen, evakuiert werden soll.

 Die Einsatzzentrale in Wassenberg: Wehrleiter Holger Röthling (r.) und Alexander Haasen, Leiter der IuK-Einheit, besprechen die Lage.

Die Einsatzzentrale in Wassenberg: Wehrleiter Holger Röthling (r.) und Alexander Haasen, Leiter der IuK-Einheit, besprechen die Lage.

Foto: Anke Backhaus

Die Evakuierung lief die ganze Nacht. Der zuständigen Kreispolizei Heinsberg und der Bezirksregierung Köln waren aber keine besonderen Vorkommnisse aus der Nacht bekannt. Für zwei weitere Stadtteile – Effeld und Steinkirchen – gab es in der Nacht weiter eine Vorwarnung, dass es zur Evakuierung kommen könnte. „Insgesamt stagnieren die dortigen Wasserpegel derzeit“, teilte die Stadt Wassenberg am frühen Samstagmorgen mit. Wassenberger können sich unter Telefon 02432/4900-823 informieren. 

Im Wassenberger Ortsteil Ophoven (rund 700 Einwohner) hatte sich die Hochwasserlage am Freitagabend dramatisch verschärft. Erst brach ein Damm bei Forst und Ohe, dann bahnte sich das Wasser seinen Weg nach Ophoven. Bürgermeister Marcel Maurer ließ Ophoven schließlich evakuieren. Auch die rund 1400 Menschen in den beiden Nachbarorten Effeld und Steinkirchen sollen sich auf eine mögliche Evakuierung vorbereiten. Es ist noch nicht klar, wie groß der Schaden durch den Dammbruch ist.

An den Ortseingängen von Ophoven standen am späten Freitagabend Busse bereit, die die Menschen zur Evakuierungsstelle bringen sollten. Diese wurde in der wenige Kilometer entfernten Grundschule Birgelen eingerichtet. Wer nicht bei Verwandten oder Freunden unterkommen konnte, fand dort einen Platz zum Übernachten.

Seit Mittwoch, 14. Juli, 13.30 Uhr, ist bei der Feuerwehr der Stadt Wassenberg und vielen weiteren Kräften der Ausnahmezustand an der Tagesordnung. Da, wo die Fäden zusammenlaufen, ist das Gerätehaus der Löscheinheit Wassenberg. Dort eingerichtet ist die Einsatzzentrale der Feuerwehr, auch die Verwaltung hat dort ihren Platz, um die kaum zählbaren Einsatzstellen im Blick zu halten.

Während Wehrleiter Holger Röthling unentwegt telefoniert oder funkt, hat auch Kämmerer Willibert Darius seinen Arbeitsort in die Einsatzzentrale verlegt. Die Lage hat sich auch in Wassenberg verschärft, seit die Talsperre in der Eifel am Donnerstag übergelaufen ist. Mittlerweile gesperrt werden musste auch die Rurbrücke in Orsbeck. Am Abend kam das Gerücht auf, dass in den Niederlanden, wo die Rur in die Maas fließt, Schleusen und Klappen geschlossen worden seien, um die Wassermassen zu bremsen. Deshalb solle sich das Wasser entlang der Rur bis auf die deutsche Seite zurückstauen. Die Wassenberger Feuerwehrleute können das kaum glauben und versuchen, Kontakt zu den niederländischen Kollegen aufzunehmen. Bestätigt werden konnte diese Vermutung am Freitagabend nicht.

Bürgermeister Marcel Maurer hat wegen der bedrohlichen Lage seinen Urlaub abgebrochen und sitzt in der Einsatzzentrale. „Eine derartige Lageentwicklung war in dieser Auswirkung nicht vorhersehbar. Umso mehr gilt mein Dank allen Einsatzkräften und den Bürgerinnen und Bürgern, die bei der Bewältigung der Wassermassen unterstützt haben“, sagt er. Der Bürgermeister fühlt sich seinen Bürger gegenüber verpflichtet, Kostenpflichtiger Inhalt wenn er auf die Prüfung eines Zusammenhangs zwischen Bundesstraße 221n und die Entwässerungskonzeption des zuständigen Landesbetriebs Straßen.NRW blickt. Hier steht Landtagsmitglied Thomas Schnelle Wassenberg zur Seite. Auch die Frage, warum ein weiterer Damm, der in Ophoven angelegt werden sollte, aber nie gebaut wurde, sei unter den gegebenen Umständen neu zu erörtern, meint Marcel Maurer. Im August 2020 hatten Experten des Wasserverbandes Eifel-Rur den Menschen in Ophoven erklärt, eine neue Flächenberechnung habe ergeben, dass Hochwasser an Ophoven vorbeifließen werde. Marcel Maurer signalisierte im Gespräch mit unserer Redaktion, dass unter dem Eindruck der aktuellen Geschehnisse in Ophoven der Wasserverband und die Bezirksregierung eine neue Bewertung der Situation vor Ort vorzunehmen hätten.

Rund um die Feuerwache am Wassenberger Rathaus haben sich am Abend unzählige Einsatzkräfte versammelt. Auf dem Parkplatz steht ein Fahrzeug des Katastrophenschutzes NRW. Aus Herzogenrath werden mit vier Lkws Sandsäcke geliefert, die in Ophoven dringend benötigt werden. Im Gewerbegebiet Forst wurde eine Sammelstelle für Feuerwehrfahrzeuge eingerichtet. Die Einsatzkräfte kommen aus Aachen, Mönchengladbach, Erkelenz, Wegberg, dem Selfkant. Die Wassenberger Feuerwehrleute, die seit Tagen im Dauereinsatz sind, können jede Unterstützung gebrauchen.   

In der Einsatzzentrale nimmt sich Alexander Haasen, Leiter der Informations- und Kommunikationsabteilung der Wassenberger Feuerwehr, Kartenmaterial vor und trägt dort Markierungen ein. „Wir schicken gleich die Drohnen in die Luft, um das Lagebild von oben zu prüfen. Unterstützung dabei bekommen wir von der Feuerwehr der Stadt Wegberg.“

Eine Hilfe für die weit mehr als 100 freiwilligen Einsatzkräfte der Feuerwehr hat ihren Platz in der Fahrzeughalle eingenommen. Der Arbeiter Samariter Bund (ASB), die Johanniter und Malteser, alle aus Mönchengladbach, sind am Freitagmorgen gegen 6 Uhr angerückt, um die Einsatzkräfte zu verpflegen. Aufgebaut werden konnte in Wassenberg die neue Küche, in der die Gladbacher Mahlzeiten oder auch Kaffee kochen. Holger Lenßen (ASB) und Pascal Peikert (Johanniter) teilen sich in Wassenberg die Einsatzleitung. „Wir planen unseren Einsatz bis Samstag, 18 Uhr. Zunächst werden wir am Abend vom DRK Mönchengladbach abgelöst. Eine Lage wie hier kennen wir so noch nicht“, betonen beide übereinstimmend.

(top)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort