Bunter Abend Robert Kreis verzückt das Wegberger Publikum

Wegberg · Er entführte die Zuhörer in das Berliner Nachtleben der 1920er Jahre. Trotz des Alters hat das Liedgut nicht die Aktualität verloren.

Auf Einladung von Opus 512 gastierte Robert Kreis im Forum Wegberg. 
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Auf Einladung von Opus 512 gastierte Robert Kreis im Forum Wegberg. RP-Foto: Jürgen Laaser

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Für zwei Stunden eintauchen in das Berliner Nachtleben der 1920er Jahre. Auf eine spannende Zeitreise gehen. Mit Autorennen auf der legendären Avus, Besuchen in Lichtspielpalästen, Cafés und Konzerthäusern, aber auch in dunklen Kaschemmen, in denen Kokain verkauft wurde, in halbseidenen Travestieklubs.

Robert Kreis nimmt sein Wegberger Publikum mit, er holt es ab, um es bekannt zu machen mit dem Liedgut einer längst vergangenen Epoche. Im gut gefüllten Forum der Mühlenstadt lässt sich das überwiegend ältere Auditorium schnell begeistern für das, was seit vielen Jahren die große Leidenschaft des aus den Niederlanden stammenden Künstlers ist. „Ein Abend mit Robert Kreis“, so der Titel seines zweistündigen Programms, macht schnell deutlich, dass es die klare Grenze zwischen Bühnenakteur und Privatmensch gar nicht gibt. „Dritte Halbzeit“ nennt der Vorstand des gastgebenden Kulturförderkreises Opus 512 das, was er hinterher noch mit Robert Kreis im Kipshovener Hotel Esser erlebt. Hier hat sich der 73-Jährige für ein paar Tage einquartiert, um sich von seinen zahlreichen Auftritten zu erholen, die ihn kreuz und quer durch Deutschland führen. Hier bestellt sich der begeisterte Schellack-Schallplattensammler, nachdem er sich seines Markenzeichens, des schmalen, aufgemalten Menjou-Bärtchens, in der Künstlergarderobe im Wegberger Forum entledigt hat, eine Tasse Tee. Schwärmt vom „ruhigen Zimmer“ und den „lieben Menschen“ im Kreis Heinsberg. Und erzählt, dass er seine beiden Wohnungen originalgetreu mit Möbeln aus den 1920er Jahren eingerichtet hat, dass er lieber Oldtimer auf dem Ku‘damm fährt statt auf neumodische Elektroautos zu setzen. Dass der Wasserkessel auf dem Herd pfeift, wenn er Gästen eine Tasse Kaffee anbietet.

Zwei Stunden hat er sein Publikum an diesem Abend gekonnt unterhalten. Dabei bedient sich der Wahl-Hauptstädter, den es in den beschaulichen Stadtteil Mariendorf verschlagen hat, der alten Lieder, dessen Noten und Texte er beim Stöbern auf den Flohmärkten der Spreemetropole findet. Die Zeiten sind schwierig, er möchte sie mithilfe der alten Couplets und Schlager ein bisschen erträglicher machen. Mit dem ansteckenden „Lach-Foxtrott“ zum Beispiel, mit „Hast du schon Berlin bei Nacht gesehen“ und dem nostalgischen Hans-Albers-Gassenhauer „Hoppla, jetzt komm' ich“.

Seine Wegberger Zuhörer merken, dass die alten Lieder von anno dazumal, oft von jüdischen Musikern verfasst, ihre Aktualität nicht eingebüßt haben. Zum Schluss gibt es anhaltenden Applaus und stehende Ovationen, die Zuschauer fordern eine Zugabe ein, die Robert Kreis mit Otto Reutter stilsicher liefert.

(dg)
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