Wegberg Mit dem Pilzexperten durch den Urwald

Wegberg · Das feuchte Wetter beschert Pilz-Sammlern ein Rekordjahr. Über 200 Sorten sind in den Wäldern zu finden. Doch das Sammeln von Pilzen macht nicht nur Freude, es birgt auch Gefahren. Unterwegs mit dem Pilzexperten Rolf Mohl.

Wegberg: Mit dem Pilzexperten durch den Urwald
Foto: Gabi Laue (1), Michael Heckers (9)

Grünblättriger Schwefelkopf, violetter Lacktrichterling, gefleckter Rosasporrübling - Rolf Mohl kennt sie alle. Mit einer Gruppe Naturfreunde sind der Pilzexperte aus Jülich auf Einladung der NABU-Ortsgruppe Wegberg, Erkelenz, Hückelhoven und dessen Vorsitzende Astrid Jacques durch das obere Schaagbachtal rund um Haus Wildenrath unterwegs. Die Suche nach den Waldfrüchten fällt in diesem Jahr außergewöhnlich leicht. Aufgrund der feuchten Witterung und der guten klimatischen Bedingungen ist die Artenvielfalt und damit auch die Pilzmenge ungewöhnlich hoch. "Ich schätze, dass man hier im Wald rund um Haus Wildenrath 200 bis 300 unterschiedliche Pilzsorten finden kann", erklärt Rolf Pohl den verblüfften Teilnehmern seiner Pilz-Exkursion.

Das Sammeln von Pilzen in der Natur bringt wegen der hohen Pilzdichte in diesem Jahr besonders viel Freude. Es birgt aber auch Gefahren, warnt Hobby-Mykologe Rolf Mohl. Der Pilzexperte aus Jülich ist Leiter der Pilz AG der Volkshochschule Jülicher Land und erklärt beim Spaziergang entlang des Premium-Wanderwegs "Birgeler Urwald", woran man essbare Pilze von nicht genießbaren oder giftigen Exemplaren unterscheiden kann. Dabei ist größte Sorgfalt geboten, denn die ungenießbaren und giftigen Pilze sind im Vergleich mit den essbaren deutlich in der Mehrheit.

Bevor Mohl erklärt, welches Exemplar er gerade in der Hand hält, steht eine genaue Untersuchung an. Der Pilzexperte begutachtet das Exemplar ausgiebig von allen Seiten, prüft seine Konsistenz, bricht ein kleines Stückchen vom Stiel ab. Die Stielbeschaffenheit ist ein wichtiges Bestimmungsmerkmal. Besonders hilfreich ist bei der Bestimmung die Nase: "Dieser hier duftet zum Beispiel sehr deutlich nach Kartoffelkeller", erklärt der Pilzexperte und hält einen gelben Knollenblätterpilz in die Luft. Dann reicht Mohl ein weiteres Exemplar in die Runde. Der frische Pilz strömt einen starken Geruch nach Anis aus. Darum auch sein Name: Anistramete. Als Speisepilz sei dieses Exemplar nicht geeignet, erklärt Mohl. Manche Pilze riechen süßlich, andere nach Chlor, Fisch oder feuchtem Mehl. Manchmal gehen die Meinungen der Exkursions-Teilnehmer auch auseinander. Neben dem Geruch geben auch Form, Farbe, Konsistenz und der jeweilige Standort wichtige Hinweise bei der Bestimmung der Exemplare, denn Pilze brauchen Symbiosepartner. Nicht jeder Pilz könne mit jedem Baum, erklärt Mohl.

Weiter geht es Richtung Schaagbach und Birgelener Wald. Astrid Jacques vom NABU weist den Pilzexperten auf einen ganz besonderen Ort hin, an dem sie in den vergangenen Jahren bei der Pilzsuche stets fündig wurde. Und tatsächlich: In einem Spalt am kräftigen Stamm einer Eiche wächst ein riesiger Pilz, der die Form einer großen Zunge hat. Die Spaziergänger erhellen mit ihren Smartphone-Leuchten den dunklen Baumspalt und blicken auf einen Eichen-Leberreischling, "wegen seines Aussehens auch Ochsenzunge genannt", sagt Rolf Mohl.

Wegen ihrer typischen Bestimmungsmerkmale sind manche Pilzsorten wie die Stinkmorchel mit ihrer eiförmigen Knolle und ihrem intensiven Aasgeruch oder der Fliegenpilz mit seinem auffälligen roten, weiß gepunkteten Hut selbst für Laien leicht zu bestimmen. Bei anderen Exemplaren müssen auch erfahrene Experten wie Rolf Mohl ein Bestimmungsbuch oder eine Lupe zur Hilfe nehmen. Der Hobby-Mykologe rät, im Zweifel lieber die Finger von einem Exemplar zu lassen, sollten bei der Bestimmung nicht alle Zweifel ausgeräumt werden können. Das feuchte Wetter hat in diesem Jahr auch viele giftige Pilze sprießen lassen. Deshalb gilt die Regel, dass man nur die Exemplare mitnehmen sollte, die man auch wirklich kennt.

Anfängern rät Rolf Mohl davon ab, auf eigene Faust Pilze zu sammeln. Besser geeignet seien begleitete Exkursionen. Röhrlinge sind unter den Pilzen die einfachste Gruppe mit den wenigsten ungenießbaren Exemplaren. Im Zweifel sollte man einen Pilzsachverständigen zu Rate ziehen. Die meisten Lebensmittelvergiftungen nach Pilzverzehr sind laut Mohl dadurch begründet, dass verdorbene Exemplare gegessen wurden, nicht giftige. Pilze bestehen größtenteils aus Eiweiß, und das ist verderblich. Deshalb ist es wichtig, Pilze kühl zu lagern und nicht länger als ein bis zwei Tage.

Man merkt dem Experten aus Jülich die Begeisterung für Pilze in jeder Sekunde an. Schon als Kind hat er mit seinen Eltern Pilze gesammelt. Heutzutage macht der Naturschutzwart bei seinen Rundgängen in der Aachener Region, Ostbelgien und rund um Haus Wildenrath längst nicht immer die gleichen Funde. Im vergangenen Jahr beispielsweise seien deutlich weniger Arten zu finden gewesen. 2017 hingegen ist ein hervorragendes Jahr für Pilzsammler und Hobby-Mykologen wie Rolf Mohl.

(RP)
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