Brüggen/Wegberg Kollege Lebensretter

Brüggen/Wegberg · Genau zehn Jahre ist es her, dass Thomas Nelsbach und Reimund Lankeshofer ihren Betriebsleiter nach einer Explosion in der Ziegelei Laumans aus den Trümmern zogen. Nelsbach hält regelmäßige Erste-Hilfe-Kurse für lebenswichtig

 Für ihren Rettungseinsatz erhielten Reimund Lankeshofer (l.) und Thomas Nelsbach (r.) vom damaligen NRW-Innenminister Ingo Wolf die Rettungsmedaille (links). Die Gebäude an der Borner Straße wurden abgerissen (rechts).

Für ihren Rettungseinsatz erhielten Reimund Lankeshofer (l.) und Thomas Nelsbach (r.) vom damaligen NRW-Innenminister Ingo Wolf die Rettungsmedaille (links). Die Gebäude an der Borner Straße wurden abgerissen (rechts).

Foto: Land NRW

Die Auswirkungen seines Handelns am Unfalltag vor zehn Jahren spürt der damalige Werkstattleiter Thomas Nelsbach bis heute. Der Tunnelofen war mit Kieselgur gedämmt - eine Mischung aus versteinerten Algen, die bei der Explosion frei wurde und die er eingeatmet hat. Zu grob, um vom Körper abgestoßen zu werden, kann es sich mit Widerhaken in der Lunge festsetzen. So auch bei Nelsbach.

Er orientierte sich damals beruflich um und ist heute im technischen Außendienst als Händler tätig. Für die Rettung des Betriebsleiters erhielten sein Kollege Reimund Lankeshofer und er die Rettungsmedaille des Landes NRW.

 Der Brennofen der Dachziegelfabrik Laumans an der Borner Straße in Brüggen wurde bei der Explosion am 15. Februar 2008 zerstört.

Der Brennofen der Dachziegelfabrik Laumans an der Borner Straße in Brüggen wurde bei der Explosion am 15. Februar 2008 zerstört.

Foto: Jungmann

Stünde er nochmals vor dieser Unglückssituation, würde er erneut so handeln, sagt Thomas Nelsbach heute. Nur würde er Sicherheitsvorkehrungen wie das Aufsetzen eines Atemschutzes treffen. Damals hatte er nach der Explosion außen an der Halle den Gasschieber zugedreht. Danach hatte er die leisen Hilferufe des Verunglückten gehört und war ihm mit seinem Kollegen aus der Produktion zur Hilfe geeilt.

"Ich habe das Gehirn abgeschaltet und mehr aus dem Instinkt heraus reagiert", versucht Nelsbach die Rettung zu beschreiben. Eine 150 bis 200 Kilogramm schwere Ziegelwand hoben sie vom Verschütteten weg, der in einer hohen Staubschicht liegend wie ein Ertrinkender um Luft rang. Und retteten diesem damit das Leben.

Brüggen/Wegberg: Kollege Lebensretter
Foto: Busch Franz-Heinrich sen.

Mehrere Schlüsse habe er aus dieser lebensbedrohlichen Situation gezogen, sagt Nelsbach, der zusätzlich vom damaligen Bürgermeister Reinhold Pillich im Wegberger Stadtrat geehrt wurde. Dort sitzt er heutzutage selbst als Vorsitzender der Freien Wähler Wegberg. "Diese Erfahrung hat meine Sinne geschärft." Und er habe eine weitere Erfahrung gemacht: "Wenn zehn Leute dabei sind, wenn etwas passiert, laufen acht weg." Konkrete Anordnungen in solchen Situationen zu geben, sei da wichtig. Zudem sehe er Probleme im Alltag entspannter, kann sich allerdings über Gleichgültigkeit von Anwesenden bei Unfällen aufregen. "Das Problem ist, dass sehr viele lediglich für ihren Führerschein einen Erste-Hilfe-Kursus mitmachen." Aber Übung mache den Meister - und für ihn sei es empfehlenswert, wenn die Kurse in regelmäßigen Abständen verpflichtend wären. "Unfälle können von jetzt auf gleich passieren, und es ist wichtig, vorbereitet zu sein."

Auch für den Brüggener Betriebszweig änderte sich nach dem Unfall einiges. Der Ofen, das Herzstück der Brüggener Dachziegelfabrik, wurde nicht mehr aufgebaut, das Werk wurde geschlossen. Im vergangenen Jahr wurden die Gebäude abgerissen. Den zweistelligen Millionenbetrag der Versicherung investierte das Unternehmen zu Teilen in sein Hauptwerk in Bracht. 15 Mitarbeiter wurden damals mit Sozialplan entlassen, fünf Mitarbeiter im Brachter Werk übernommen.

(RP)
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