Wegberg Jugend fühlt Politikern auf den Zahn

Wegberg · Die Schülervertretung am Maximilian-Kolbe-Gymnasium regte die Podiumsdiskussion zur Landtagswahl an. Politiker aus sieben Parteien im Kreis Heinsberg erläuterten ihre Position zu Innerer Sicherheit, Bildungspolitik und Wirtschaft.

 Das Podium versammelte Landtagskandidaten und regionale Vertreter von sieben Parteien, deren Einzug in den Landtag laut aktueller Umfragen wahrscheinlich ist.

Das Podium versammelte Landtagskandidaten und regionale Vertreter von sieben Parteien, deren Einzug in den Landtag laut aktueller Umfragen wahrscheinlich ist.

Foto: Jürgen Laaser

Als Novum bezeichneten Lara Hens und Tobias Becker von der Schülervertretung des Maximilian-Kolbe-Gymnasiums bei ihrer Begrüßung die Diskussion mit Vertretern der Parteien zur Landtagswahl, die auf Anregung aus der Schülerschaft zurückgeht. Oberstufenschüler und Lehrer der Sozialwissenschaftskurse hatten gemeinsam mit dem Moderator, dem Wegberger Ratsherrn und stellvertretenden Bürgermeister Georg Schmitz, einen Fragenkatalog zu fünf großen Themenfeldern vorbereitet, von denen zuletzt aufgrund der sinnvollen Zeitbegrenzung von anderthalb Stunden zwar nur drei Felder "bearbeitet" werden konnten. Kritische Zwischenfragen der Schüler(innen) sorgten aber mit dafür, dass das "Event" nicht zur "Plauderstunde" wurde, wie es der Moderator humorig ankündigte.

Anerkennend vermerkte Schmitz das Interesse der Schülerschaft, obwohl ein Großteil noch gar nicht wahlberechtigt ist. Das Podium versammelte Landtagskandidaten und regionale Vertreter von sieben Parteien, deren Einzug in den nordrhein-westfälischen Landtag laut aktueller Umfragen wahrscheinlich ist und vertrat zugleich ein relativ breites Altersspektrum: mit den Landtagskandidaten Thomas Schnelle (49/CDU), Ralf Derichs (54/SPD) und Hans Josef Dederichs (52/Grüne) sowie in Vertretung des Landtagskandidaten Jörg Klapproth Bundestagskandidat Dr. Klaus Wagner (55/FDP), zudem Dominik Goertz (21/Die Linke), Dennis Crakau (25/Piraten) und Jürgen Spenrath (60/AfD).

Innere Sicherheit ist nach den Übergriffen auf Frauen in der Kölner Silvesternacht 2015 und dem Terrorakt auf dem Berliner Weihnachtsmarkt offenbar ein wichtiges Thema auch für Jugendliche geworden. Mit den beiden Polizeihauptkommissaren Schnelle und Dederichs und Richter Wagner als Justizfachmann saßen politisch wie beruflich vom Thema Betroffene am Podium. Bis auf den Vertreter der Linken, waren sich alle einig, dass es mehr Polizeibeamte geben solle. Man sei auf gutem Weg, meinte Derichs anhand von Zahlen nach Kritik von CDU-Seite. SPD-Ziel seien dennoch 2300 neue Polizeistellen im Land.

Differenzierung dagegen beim Thema Videoüberwachung: Während die CDU Kameras verstärkt, SPD und Grüne die Videoüberwachung in Maßen an brisanten Orten einsetzen wollen, kommt Contra von Linker- und Piraten-Seite. Die bestehenden Gesetze konsequent anzuwenden, fordert Dominik Goertz (Linke). Derichs verweist darauf, dass Innere Sicherheit beim gesellschaftlichen Umfeld anfange, Schulsozialarbeit könne wichtige vorbeugende Arbeit leisten. Auf eine Förderung grenzübergreifender Zusammenarbeit setzt Wagner, während der AfD-Vertreter mit seiner Forderung nach mehr Grenzkontrollen zur Kriminalitätsbekämpfung auf lebhaften Widerspruch stieß. Ein Schüler hielt Spenrath vor, die AfD wolle wohl zu alten Zeiten der Grenzschließung zurück und sehe Ausländer als potenzielle Verdächtige an. Spenrath widersprach, er wolle keine geschlossenen Grenzen, aber mehr Kontrollen, auch von Deutschen. Die Belastung der Polizei auch in der Besoldung besser zu honorieren, hielten Wagner, Derichs und Dederichs für wichtig.

Bildung war ein weiterer Schwerpunkt. "G8/G9" seien fast zu Kampfbegriffen geworden, meinte Moderator Schmitz und fragte die Politiker-Runde: Wofür stehen Sie? Erstaunlich das Bekenntnis der meisten Podiumsteilnehmer, persönlich eher zu G9 zu tendieren. "Das System muss sich den Schülern anpassen", kommentierte Dederichs die neue Flexibilität der Schulpolitik der etablierten Parteien hin zu mehr Wahlfreiheit für Schulen und Schüler. Alle waren sich einig beim Erhalt des gegliederten Schulsystems gemäß dem 2011 im Landtag erzielten Schulkonsens. Einzig Goertz vertrat für die Linke "eine Schule für alle bis zur 10. Klasse und eigene Oberstufenzentren". Skepsis hierzu von Schülerseite: Wie die Leistungsdifferenzierung in einer einzügigen Schule umsetzbar sei, konnte sich ein Schüler in seinem Redebeitrag nur schwer vorstellen. Mehr Lehrerstellen und kleinere Klassen streben alle Politiker an. Dazu müsse der Lehrerberuf durch Entlastung von Verwaltungsarbeit attraktiver werden, meinte Derichs auf Schülernachfrage.

An der durchgängigen Kostenfreiheit der Bildung - Stichwort Kindergartenbeiträge - scheiden sich die Geister zwischen CDU und SPD, die laut Derichs Kindergartengebühren ganz abschaffen möchte. Während Schnelle hier den Bund in der Pflicht sieht und Geld eher für eine verbesserte Ausbildung einsetzen würde.

Die Zeit war weit fortgeschritten, als die Politiker noch ihre Ideen zu Wirtschaftspolitik und Jobchancen in der Region vorstellten und in einer Abschlussrunde ihre Wünsche an die Schüler nennen sollten. Tenor: Denkt mit, macht mit, engagiert euch in der Politik und "tretet den Alten in den Hintern, damit sie eure Interessen wahrnehmen" (Dominik Goertz).

(RP)
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