Jens Neutag in der Wegberger Mühle Mit Volldampf durch die bunte Politlandschaft

Wegberg · Kabarettist Jens Neutag analysiert wortgewandt Begebenheiten aus Alltag und Politik.

 Jens Neutag brillierte in der Wegberger Mühle mit seinem Kabarett-Porgramm „Das Deutschland-Syndrom“.

Jens Neutag brillierte in der Wegberger Mühle mit seinem Kabarett-Porgramm „Das Deutschland-Syndrom“.

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Klangen Jens Neutags begrüßende Worte auch kurze Zeit wie eine unverfängliche Bemerkung über den zurückliegenden heißen Sommer, folgte doch die politische Spitze kurz darauf: Mitschuld an den Temperaturen hatte ja eigentlich Fußballspieler Mesut Özil gehabt – eine Anspielung auf den Wirbel, den dieser und sein Mitspieler durch das Treffen mit dem türkischen Präsidenten Erdogan und einem Foto davon ausgelöst hatte. Der preisgekrönte Kabarettist, der immer wieder im Radio und regelmäßig im Fernsehen etwa in der SWR-Spätschicht zu erleben ist, war mit seinem siebten Solokabarettprogramm „Mit Volldampf“ auf Einladung der Stadt Wegberg in die Wegberger Mühle gekommen.

Mit viel Temperament und geschliffener Rhetorik widmete er sich ausführlich den neuesten politischen und alltäglichen Begebenheiten und erntete reichlich Lacher beim gut gelaunten Publikum. „Es lässt mein Herz ein wenig höher schlagen, dass Sie sich auf den Weg gemacht haben“, lobte er die Anwesenden, das sage er bei seinen Auftritten immer, meine es aber auch so. Konkurrierend zu Theater, Kino oder Oper gäbe es immerhin die Option, „einfach mal nix zu machen“, zu „couchen“. Eine Beschäftigung, bei der einem Möbelstück kurioserweise eine Aktivität untergeschoben werde. Und die trotzdem ernst zu nehmen ist: Freunde von ihm hätten Weihnachten angefangen, Netflix zu gucken, und er habe sie seitdem nicht mehr gesehen.

Zudem war die langwierige zurückliegende Regierungsbildung ein großes Thema für ihn. So hielt der Kabarettist die Bezeichnung „Jamaika“-Konstellation angesichts der Ausstrahlung beteiligter Politiker, die wenig mit Sonne und Meer zu tun habe, für wenig passend. Stellvertretend für die Politiker, die Angela Merkel nun in ihren letzten Kanzlerjahren um sich geschart hat, hob er Kanzleramtsminister und früheren Narkosearzt Helge Braun hervor. Oder er bezeichnete die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer angesichts des zweiten Nachnamenteils als den wahren Kniefall vor der Automobilindustrie.

Jens Neutag beleuchtete direkt zwei Seiten im Wahlkampf, hatte er sich doch zuvor selbst aufgrund sehr unschlüssigem Verhalten als Kandidat aufstellen lassen. Mit der Motivation, so seine Karriere als Kabarettist anzukurbeln, ging er für bürgernahen Wahlkampf sogar in die Fußgängerzone. „Das wollte ich schon immer mal machen“, kommentierte Jens Neutag die Situation, „rausgehen und jedem alles versprechen.“ Eine der wichtigen Erkenntnisse des Abends war, dass man Demokratie leben muss – man nimmt sie wie die Gesundheit als selbstverständlich hin, aber wenn diese weg sind, weiß man, was man daran hatte.

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