Supermärkte im Erkelenzer Land Hamsterkäufe sorgen für leere Regale

Wegberg · Speiseöle, Mehl und Nudeln sind derzeit Mangelware in fast allen Supermärkten. Obwohl bei Nahrungsmitteln keine Knappheit herrscht, werden Vorräte angelegt. Warum das so ist und wie Marktbetreiber mit der Situation umgehen. 

 Gähnende Leere im Regal: Speiseöl, Mehl und Nudeln gehören zu den Lebensmitteln, die Verbraucher seit Wochen hamstern. 

Gähnende Leere im Regal: Speiseöl, Mehl und Nudeln gehören zu den Lebensmitteln, die Verbraucher seit Wochen hamstern. 

Foto: Stephan Vallata

Wer seinen gesunden Menschenverstand einsetzt, dürfte recht schnell zu dem Schluss kommen, dass Hamsterkäufe kein notwendiges Übel sind, sondern eher die Wurzel dessen. Eine Nahrungsmittelknappheit sei in Deutschland nicht zu befürchten, sagt auch die Verbraucherzentrale NRW und rät davon ab, bestimmte Produkte in den heimischen Vorratskammern zu horten. Ein Blick in leere Supermarktregale vermittelt aber ein anderes Bild: Speiseöle, Mehl und Nudeln sind derzeit fast überall Mangelware. Alarmiert durch den Ukraine-Krieg und steigende Lebensmittelpreise, reagieren Verbraucher reflexartig: Sonnenblumenöl und Co. landen gleich kartonweise im Einkaufswagen. Wie gehen Marktleiter mit dieser Situation um?

„Wir versuchen mittlerweile, uns neue Händler zu erschließen, die uns aus anderen Ländern die Dinge liefern können, die im Moment heiß begehrt sind“, sagt Dirk Endt, der sieben Edeka-Verbrauchermärkte betreibt, unter anderen auch in Wegberg. „Meine Vertriebler wählen sich die Finger wund.“ Toilettenpapier bezieht er aktuell aus Italien, Pflanzenöl kommt aus der Türkei. Ein Liter Öl einfacher Qualität kostet mittlerweile 3,99 statt wie regulär 1,79 Euro. Preisaufschläge von 50 bis 70 Prozent seien keine Seltenheit, sagt Dirk Endt. Beim Biomehl, das noch verfügbar sei, gingen die Teuerungsraten in Richtung 70 bis 80 Prozent. Daraus würden allerdings keine höheren Gewinner resultieren, so der Marktbetreiber. „Unser Rohertrag sinkt sogar, weil wir nicht alle Preisaufschläge an unsere Kunden weitergeben.“ Wäre dies der Fall, würden einige Produkte 100 bis 120 Prozent teurer werden. Stabil sind die Preise nach Angaben des Marktbetreibers unter anderem bei Tiefkühlwaren, Getränken und Süßwaren. Fleisch, Wurst und Milchprodukte hingegen befinden sich auf einem Höhenflug.

Einige Supermärkte sind mittlerweile dazu übergegangen, Mehl, Nudeln und Öl zu rationieren. Davon sieht Dirk Endt ab. „Wir rufen unsere Kunden dazu auf, dass nur haushaltsübliche Mengen über die Ladentheke gehen, aber wir verpflichten sie nicht dazu.“ Der Grund: Oft ist viel Aggression im Spiel. Kassiererinnen seien in der Vergangenheit beleidigt worden, einige Hamsterkäufer hätten ihnen sogar Prügel angedroht. Hier sei Fingerspitzengefühl gefragt, so Dirk Endt. Neu ist das Phänomen nicht: Bereits zu Beginn der Corona-Pandemie war Toilettenpapier so gefragt, dass Regale phasenweise leer blieben. „Bis Februar 2020 habe ich das in Deutschland nicht für möglich gehalten“, so Dirk Endt. Das Verhalten der Menschen kann er durchaus nachvollziehen, auch wenn es irratonial sei. „Sobald die Leute das erste Mal leere Regale sehen, entsteht der Reflex, sofort zuzugreifen, wenn sich die Möglichkeit wieder bietet.“ Er sagt aber auch: „Nüchtern betrachtet, gibt es keine Verknappung von Lebensmitteln.“

Als Tobias Pesch seinen Rewe-Markt in Wegberg vor knapp zwei Wochen eröffnet hat, waren alle Regale gut gefüllt. Nur einen Tag später klafften bereits große Lücken, wo normalerweise die üblichen Verdächtigen stehen sollten: Öl, Mehl, Teigwaren und mittlerweile auch Toilettenpapier sowie Küchenrollen. „Wir hatten allerdings auch keine großen Lagerbestände“, sagt der Marktleiter. Während Markenprodukte durchaus noch vorhanden, aber eben auch teurer seien, herrscht im Einstiegpreissegment gähnende Leere. „Aufgrund der explodierenden Rohstoffpreise ist vieles gerade im Discountbereich nicht mehr so produzierbar wie bisher.“ Doch auch Tobias Pesch glaubt nicht daran, „dass wir in einen Notstand geraten werden“. Denn mitverantwortlich für die Preissteigerungen seien eben auch Spekulanten an den Börsen, die aus der Situation auf dem Weltmarkt nun Profite schlagen wollten.

Kunden müssten sich wohl auf weitere Preissteigerungen einstellen, befürchtet Tobias Pesch. Heißbegehrte Produkte hat er in seinem Verbrauchermarkt rationiert: Pro Haushalt dürfen aktuell zwei Flaschen Öl und vier Pakete Mehl aufs Kassenband wandern. „Im Allgemeinen haben die Menschen sehr viel Verständnis dafür.“ Eine längere Diskussion habe es nur mit einem Kunden gegeben, der größere Mengen Öl für seine Imbissbude kaufen wollte und seine Existenz durch die Rationierung gefährdet sah.

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