Wegberg. Frisches Leinöl floss beim ersten Flachstag

Wegberg. · Der erste Wegberger Flachstag zeigte vielen Besuchern, was man alles aus der blauen Pflanze gewinnen kann - und wie.

 Am Riffelbalken versucht sich der zehnjährige Lucas am Flachs. Wird ein kleines Bündel durchgezogen, fallen die Samenkapseln ab. Heinz Schlömer beobachtet, ob er alles richtig macht.

Am Riffelbalken versucht sich der zehnjährige Lucas am Flachs. Wird ein kleines Bündel durchgezogen, fallen die Samenkapseln ab. Heinz Schlömer beobachtet, ob er alles richtig macht.

Foto: JÜRGEN LAASER

Welche wertvollen Früchte die Kooperation zwischen Heimatverein und dem Förder- und Museumsverein Schrofmühle getragen hat, zeigte sich am ersten Wegberger Flachstag: Mitte August war es, als Lucas Jentgens auf dem Feld in Beecks Friedhofstraße nach alter Tradition frischen Flachs raufte. Gestern, fast vier Wochen später, bearbeitete der Schüler die Ernte in der Rickelrather Schrofmühle seines Onkels: Beobachtet von vielen Besuchern, trennten beide am Riffelbalken Spreu und Samen und sprengten die Samenköpfe nach altem Handwerk, um sie fertig für die Ölpresse zu machen.

"Endlich fließt in der Schrofmühle wieder Beecker Leinöl", sagte Ferdinand Schmitz, dessen Familie seit Jahrhunderten die Schrofmühle besitzt. "Als heute morgen die Flachsbündel hereingetragen wurden, dachte ich, dass hier endlich wieder gearbeitet wird, wie es früher gemacht wurde", sagte Schmitz. Auf dem Fahrrad, mit dem Bus und zu Fuß erreichten die Interessierten die einzige funktionstüchtige Getreide- und Ölmühle des gesamten Rheinlands.

Idyllisch am Mühlenbach gelegen, zog ihnen der Geruch von altem Holz und frisch gemahlenem Mehl im Mühlenwerk in die Nase. Am Ende des Arbeitsprozesses auf der Schrofmühle floss tatsächlich duftendes Leinöl aus den über 200 Jahre alten Holzräderwerken. "Früher kamen alle auf dem Markt zusammen, um den Flachs zu riffeln. Die Fasern wurden anschließend weiterverarbeitet", erklärte Heinz Schlömer vom Heimatverein.

Einige Kilometer weiter, im Flachsmuseum, kümmerte sich darum seine Schwester Klara. Bekleidet mit einem 150 Jahre alten Leinenhemd, saß sie im Flachsmuseum am "Riet", und ließ den hölzernen Webstuhl nicht zum Stillstand kommen. "Wer möchte, kann sich hier versuchen und Flachs weben", sagte sie. Edel glänzende, dicke Flachszöpfe in den Fenstern zeigten, wie das perfekte Endprodukt aussehen muss. "Fascinating!", fand das Marie Lang aus New Hampshire (USA).

"Ich trage viel Leinen, aber welche Arbeit dahinter steckt, bevor sie im Shop landen, wusste ich nicht", sagte die Amerikanerin zur regionalen Tradition. Spaß an den Vorführungen an der "Brake", wo das Flachsholz gebrochen wird und die Fasern getrennt, hatten Hunderte Besucher. Von der Aussaat bis zum Leinentuch ist es ein langer Weg, der jedes Jahr im April beginnt.

Bisher wurde aber noch kein neues Feld gefunden. "Sieben Jahre dauert es, bis das alte Feld wieder bestellt werden darf. Wir werden schon ein neues Plätzchen für den Flachs finden", sagten die Mitglieder des Heimatvereins. Überall in der Region waren die Ehrenamtler am Flachstag unterwegs und teilten gerne ihr Wissen über ihre "blaublütige Wunderpflanze".

(jessi)
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