Wegberg Flachsernte in Beeck nach altem Brauch

Wegberg · Beeck war früher Zentrum des Flachsanbaus. Der Heimatverein und der Museumsverein Schrofmühle ernten wieder in alter Tradition.

 Heimatvereinsvorsitzender Josef Jansen beim Flachsraufen an einem Feld in unmittelbarer Nähe des Beecker Friedhofs.

Heimatvereinsvorsitzender Josef Jansen beim Flachsraufen an einem Feld in unmittelbarer Nähe des Beecker Friedhofs.

Foto: Jürgen Laaser

Die Frau ist 92 Jahre alt und holt schwitzend die Ernte ein. Sie arbeitet inmitten anderer Raufer und Bündler, die an der Friedhofstraße den Flachs zogen. So golden wie blondes Haar soll die Leinenfaser am Ende einer langen Nacharbeit schimmern. Als das Haar von Edeltraud Kaiser noch so blond schimmerte, gehörte die Flachsernte noch untrennbar zum familiären Alltag im damaligen Ostpreußen. "Ab Oktober stand der Webstuhl, bis März hat meine Mutter dann gewebt", sagt die 92-Jährige aus Willich, deren blütenweißes Haar an diesem Tag in Beecks Sonne reflektiert.

Es war der Tag der Flachsernte auf der Friedhofstraße. Am hundertsten Tag gesät, nach hundert Stunden gekeimt, stand der Flachs nun 100 Tage später wie eine Eins, um gerauft zu werden. "Je länger die Faser, desto wertvoller ist sie. Maschinell ist die Arbeit nicht zu leisten", sagte Edeltraud Kaiser (92). Josef Jansen, Vorsitzender des Heimatvereins, freute sich über ihren Besuch in der Region, wo Flachs früher einzige Rohstoffquelle war, um Stoffe für Kleidung und Tücher zu bekommen. In den 1970er Jahren dann der Einbruch: Billige Importware aus Baumwolle übernahm seinen Platz. Zu aufwendig die Nacharbeit des Flachses, wusste auch Edeltraud Kaiser noch. Sie erinnerte sich an ihre Kindheit im damaligen Ostpreußen, dem Memelland. "Im Sommer drehte sich alles um den Flachs. Das war eine Arbeit", lachte sie. Hand in Hand werden der Heimatverein Wegberg-Beeck und der Förder- und Museumsverein Schrofmühle nun versuchen, alles aus der Pflanze herausholen. Nach dem Trocknen wird er im Flachsmuseum geriffelt, später gewebt. Aus den Samen wird in der Schrofmühle Leinöl gewonnen. Am 14. September, dem neuen "Flachstag", können Besucher das Öl kosten und Leinenfasern anfassen. Den Samen dafür haben die Grundschüler gesetzt.

Auch Josef Jansen bearbeitete das 200 Quadratmeter große Feld, er trug ein Leinenhemd. "Schön luftig" sei das, an diesem warmen Sommertag. Mit Stolz sah er, dass auch das Interesse der Kinder da war. So raufte wenige Meter neben ihm und der Dame auch ein Zehnjähriger. Lucas Jentgens, der vor zwei Jahren sogar sein Flachsdiplom im Museum bestanden hatte. "Von der Saat bis zur Ernte und Verarbeitung haben wir alles gelernt", sagte Lucas. Ein schönes Bild, wie Jung und Alt in Tracht, Klompen und Jeans die Ernte einfuhren.

(jessi)
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