„Biotopverbund im Westen – der Westwall“ im Kreis Heinsberg Früher ein Bollwerk, heute ein Biotop

Wegberg · Um die biologische Vielfalt in der Region zu fördern, haben die Naturschutzstation Haus Wildenrath und die Nabu-Naturschutzstation Aachen das Kooperationsprojekt „Biotopverbund im Westen – der Westwall“ aufgelegt.

 Astrid Linzen (links) und Brigitta Szyska von Haus Wildenrath haben im Projekt „Biotopverbund im Westen – der Westwall“ unterschiedliche Nisthilfen angebracht, beispielsweise für Hohltauben.

Astrid Linzen (links) und Brigitta Szyska von Haus Wildenrath haben im Projekt „Biotopverbund im Westen – der Westwall“ unterschiedliche Nisthilfen angebracht, beispielsweise für Hohltauben.

Foto: Michael Heckers

Die erste Phase des Projektes „Biotopverbund im Westen – der Westwall“, in der unter anderem die noch vorhandenen Strukturen des Westwalls erfasst und die dort vorkommenden Biotope charakterisiert wurden, ist mittlerweile abgeschlossen. Jetzt beginnt die zweite Projektphase. Diese Maßnahmen sehen vor, spezielle Lebensräume zu fördern und so unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten erhalten zu können. Außerdem werden die Biotope entlang der ehemaligen Westwall-Linie weiter vernetzt.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde ein großer Teil der Westwallanlagen und -bauten abgerissen oder mit Erde überdeckt. Dort, wo ein Abriss nicht oder nur zum Teil möglich war, wurde die Landschaft nur sehr eingeschränkt genutzt. So konnte sich dort die Natur ungehindert entwickeln. Heute profitieren Insekten, Amphibien, Reptilien, Vögel, Fledermäuse, Groß- und Kleinsäuger und mehrere Pflanzen von der ehemaligen Verteidigungsanlage.

In dem Projekt „Biotopverbund im Westen – der Westwall“ werden die Biotope sowie die Tier- und Pflanzenarten am Westwall erfasst. Darauf aufbauend werden ein Konzept zur Stärkung des Biotopverbunds entwickelt und Artenschutzmaßnahmen umgesetzt. Über den Fortschritt des Projektes berichteten jetzt Biologin und Geschäftsführerin Brigitta Szyska und die zuständige Projektmitarbeiterin Astrid Linzen in der Naturschutzstation Haus Wildenrath. „Im Rahmen des LVR-Projektes wurde zum Beispiel der ausgediente Schlauchturm auf dem ehemaligen militärischen Gelände in Arsbeck als Biotopturm weiter ausgebaut“, erklärte Brigitta Szyska. Neben den bereits vorhandenen Nisthilfen für Schleiereulen sind nun im Turm auch Quartiere für Fledermäuse hergerichtet worden. Dazu wurden Fensteröffnungen und Zugänge zugemauert und Durchgänge zwischen den Geschossen geschlossen. Wenige zentimetergroße Öffnungen in den Wänden ermöglichen den Fledermäusen das Ein- und Ausfliegen in den neu geschaffenen geschlossenen Raum.

Astrid Linzen sagte, dass artenreiche Grünländer die Auenbereiche von Rur und Wurm aufwerten sollen. Es ist geplant, mit konkreten Maßnahmen die Lebensbedingungen von selten gewordenen Tagfaltern zu verbessern. Für Kleinsäuger wie Haselmäuse und Bilche sollen spezielle Wohnröhren ausgebracht und für Reptilien besondere Brut- und Rückzugsräume eingerichtet werden. „Es wird einige Zeit dauern, aber wir hoffen, dass die Maßnahmen angenommen werden und greifen“, sagte Brigitta Szyska. Eine enge Begleitung mache es möglich, dass der Erfolg der einzelnen Maßnahmen später überprüft werden kann.

Finanziert wird das auf insgesamt sechs Jahre angelegte Projekt durch das Netzwerk Kulturlandschaft des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR). In der ersten Projektphase von 2017 bis 2019 standen dafür insgesamt 225.800 Euro zur Verfügung, davon 90.800 Euro für die Projektumsetzung im Kreis Heinsberg. Für die zweite Projektphase von 2020 bis 2022 werden für die weiteren Maßnahmenumsetzungen im Kreis Heinsberg und in der Stadt Aachen zusammen 241.500 Euro bereitgestellt, wobei davon 100.600 Euro im Kreis Heinsberg eingesetzt werden.

2018 wurde „Biotopverbund im Westen – der Westwall“ als offizielles Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet. Die Auszeichnung wird an Projekte verliehen, die sich in nachahmenswerter Weise für den Erhalt der biologischen Vielfalt einsetzen.

Während der Westwall in der Region Aachen in Form der sogenannten Höckerlinien klar erkennbar ist, gestaltet sich die Rekonstruktion des genauen Verlaufes im Kreis Heinsberg schwieriger. Hier wurden über weite Strecken Fließgewässer wie die Wurm oder die Rur als natürliche Wallstrukturen genutzt. In Wassenberg und Wegberg übernahmen ausgedehnte Wälder die Funktion einer natürlichen Sperre. In den Wäldern von Wassenberg und Wegberg sind bis heute mehrere alte Feldstellungen gegenwärtig, die entlang des Westwalls ab Herbst 1944 errichtet wurden. Diese bestanden aus einem verzweigten System von Laufgräben, Panzergräben und Einmann-/Erdbunkern, die sich entlang der Waldränder und durch die Waldgebiete ziehen. Im Kreis Heinsberg sind außerdem noch Panzersperren mit besonderer Bauweise zu finden, die aus in Beton eingelassenen Eisenprofilen bestehen. Diese Panzersperren sind zum Teil heute noch erhalten und bei Frelenberg (Stadt Übach-Palenberg) zu finden. Außerdem gibt es nasse Gräben, die östlich der Flüsse Rur und Wurm ausgehoben wurden und sich mit Grundwasser füllten. Diese vier nassen Gräben dienten ebenfalls als Panzersperren und sind heutzutage die einzigen, die in NRW erhalten sind.

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