Wegberg Barrieren gemeinsam beseitigen

Wegberg · Behindert ist man nicht, behindert wird man: Kaum jemand kennt die Barrieren im Alltag so gut wie L. James McKenzie. Der Schotte aus Wegberg kümmert sich um seine Ehefrau Giselheid, die seit Jahren auf einen Rollstuhl angewiesen ist.

 L. James McKenzie und Giselheid (links) kennen die Probleme von Rollstuhlfahrern. Gertrud Schmitz (VdK), Ratsherr Georg Schmitz und Lothar Esser wollen das Thema Barrierefreiheit in Wegberg wieder mehr in den Blickpunkt rücken.

L. James McKenzie und Giselheid (links) kennen die Probleme von Rollstuhlfahrern. Gertrud Schmitz (VdK), Ratsherr Georg Schmitz und Lothar Esser wollen das Thema Barrierefreiheit in Wegberg wieder mehr in den Blickpunkt rücken.

Foto: hec

Weil er mit offenen Augen durch die Mühlenstadt geht, führt L. James McKenzie seit Ende 1999 eine Barriere-Liste: Zu hohe Bordsteine, blockierte Wege, Wasserrinnen, Kopfsteinpflaster, Stufen, falsch angeordnete Behindertenparkplätze. Aus dem Stegreif listet L. James McKenzie für den Bürgermonitor unserer Redaktion 57 Punkte in der Wegberger Innenstadt auf, die für Menschen mit Behinderung und eingeschränkter Mobilität zwangsläufig zu problematischen Situationen führen.

Die Situation an der Bahnhofstraße ist exemplarisch: Wer das dortige Ärztehaus, das Sanitätshaus oder die Apotheke ansteuern möchte, für den stehen zwar Parkplätze zur Verfügung. Doch diese sind alles andere als behindertengerecht. "Weil die Bordsteinkante zu hoch ist, müssen Rollstuhlfahrer theoretisch erst einige Meter über die Fahrbahn der Bahnhofstraße zurücklegen, bevor sie an geeigneter Stelle auf den Fußgängerweg kommen." Gefährliche Situationen im Straßenverkehr sind programmiert, die Parkplätze - wie in den meisten Fällen - für Menschen mit Behinderung viel zu knapp bemessen. Vor den Augen von Quartiersmanager Lothar Esser, der sich verstärkt um die Belange von Menschen mit Behinderung in der Mühlenstadt kümmern möchte, und Ratsherr Georg Schmitz als Vertreter des Sozialausschusses und der Projektgruppe "Behindertenfreundliches und barrierefreies Wegberg", macht L. James McKenzie deutlich, an wie vielen Stellen Barrieren seinen Alltag und den seiner Frau erschweren: Die Behindertenparkplätze am Forum seien unglücklich platziert, das Kopfsteinpflaster und die Wasserrinnen am Rathausplatz ein Hindernis für Rollstuhlfahrer, die Parkplätze vor der Kreissparkasse zu eng angeordnet. McKenzie machte auch deutlich, dass Behindertenparkplätze im Stadtgebiet in vielen Fällen schlecht beschildert sind. Wichtig ist dem Schotten, der seit 1997 in Wegberg lebt, dass er weniger durch Meckern, sondern vor allem durch Information den Ball ins Rollen bringen will. McKenzie ist überzeugt, dass sich viele Barrieren ohne großen Aufwand beseitigen lassen. "Man muss nur einen Blick dafür haben und ein Bewusstsein schaffen", sagt er. Betroffen seien schließlich nicht nur Rollstuhl- oder Rollatorfahrer und Sehbehinderte, sondern auch Eltern mit Kinderwagen, das Kleinkind, das gerade erst Treppensteigen lernt, die Frau mit Leseschwäche, die vor dem Parkscheinautomaten kapituliert, der begeisterte Sportler, der aufgrund einer Verletzung plötzlich mit Gipsbein unterwegs ist, oder Menschen, deren Leibesfülle sie nicht nur beim Treppensteigen ins Schwitzen bringt, für die aber auch schmale Türen ein Hindernis darstellen. Alle diese Menschen hätten eines gemeinsam: "Sie möchten ein eigenständiges und möglichst normales Leben führen. Sie möchten einkaufen, Ämter- und Behördengänge erledigen, zur Ärztin oder zum Krankengymnasten gehen, durch die Stadt bummeln, ohne Hindernisse überwinden zu müssen. Damit das möglich ist, sind sie auf eine barrierefreie Umwelt angewiesen", begründet McKenzie sein Engagement.

Die Aktivitäten der zuständigen städtischen Projektgruppe, die seit Sommer 2005 existiert, waren zuletzt sehr überschaubar. Georg Schmitz kündigte an, dass er das Thema wieder mehr in den Fokus der Politik rücken möchte. Auch Gertrud und Manfred Schmitz setzen sich als Vertreter des VdK-Ortsverbandes Wegberg für die Interessen von Menschen mit Behinderung ein. "Es gibt immer mehr ältere Menschen, die mit Rollatoren oder Rollstühlen unterwegs sind. Es kann uns alle treffen. Barrieren und Hindernisse sind in unserem Alltag für viele Menschen in unterschiedlicher Weise erleb- und fühlbar", sagt Gertrud Schmitz.

Weil er weiß, dass besonders Menschen mit Behinderung wie seine Ehefrau wenig Zeit und Energie haben, ihre eigenen Interessen zu vertreten, hat L. James McKenzie es sich zur Aufgabe gemacht, den Betroffenen Erleichterung zu verschaffen. Der pensionierte Lehrer macht nicht nur auf die Belange von Geh- und Sehbehinderten aufmerksam, sondern auch auf diejenigen von Senioren, Kindern, Verletzten oder Müttern mit Kinderwagen. Quartiersmanager Lothar Esser kündigt an, dem Thema behindertenfreundliches Wegberg eine höhere Priorität einzuräumen und schlug beim Treffen mit L. James McKenzie eine Sofortmaßnahme vor. "Ich werde dafür sorgen, dass das Thema ,Barrierefreiheit' auch auf der städtischen Internetseite eine größere Bedeutung erfährt", kündigt er an. Außerdem ist Esser bereits in Abstimmung mit Bauhofleiter Ingmar Pape, um zu prüfen, wo verstärkt so genannte Noppensteine zum Einsatz kommen könnten, die sehbehinderten Menschen als Orientierung im Alltag dienen.

(RP)
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