Wegberg Alle stimmen dem Haushalt 2017 zu

Wegberg · Einstimmig hat der Rat der Stadt Wegberg den Haushaltsentwurf 2017 verabschiedet. Der strikte Sparkurs soll fortgesetzt werden.

Einstimmig hat der Stadtrat am Dienstag den Haushalt 2017 verabschiedet. Zuvor hielten die Fraktionsvorsitzenden ihre Haushaltsreden. Das Abstimmungsergebnis ist in erster Linie als Würdigung der Arbeit von Kämmerin Sonja Kühlen zu verstehen. Alle Fraktionen dankten ihr und den Mitarbeitern des Fachbereichs Finanzwirtschaft. Während die Stadt Wegberg bei der Beratung und Verabschiedung ihrer Haushalte jahrelang der Musik hinterher lief, gelang es diesmal, noch im laufenden Jahr einen Haushalt für das kommende Jahr zu verabschieden.

Die Eckdaten des 814 Seiten starken Zahlenwerks machen zweifelsfrei deutlich, dass die Stadt Wegberg an ihrem eingeschlagenen Sparkurs festhalten muss, um ihr Ziel erreichen zu können, spätestens im Haushaltsplan des Jahres 2024 eine "schwarze Null" zu schreiben. Seit 2015 befindet sich die Stadt in einem Haushaltssicherungskonzept. Der Schuldenstand liegt zurzeit bei knapp 52 Millionen Euro. Der Haushalt 2017 schließt mit einem Minus von rund 4,4 Millionen Euro im Ergebnisplan ab. Die nächste Erhöhung der Grundsteuern A und B ist für das Jahr 2021 vorgesehen.

CDU Georg Gellissen, Vorsitzender der größten Ratsfraktion, sagte: "Bei der vor uns liegenden Endfassung des Haushalts 2017 von einem schönen Weihnachtsgeschenk zu sprechen, wäre verfehlt." Er kritisiert vor allem die steigenden Ausgaben im Haushalt 2017. "Bei den Aufwendungen steigen diese nach dem Ergebnis 2015 zum Ansatz 2017 um 4,2 Millionen Euro. Ein deprimierendes Signal, bei reduzierten Einnahmen die Ausgaben derartig zu steigern", sagte er. Diese Entwicklung lasse an der Ernsthaftigkeit zweifeln, die Haushaltslage der Stadt stabilisieren zu wollen. Daher kann es nach Ansicht der CDU für die Zukunft nur eine Devise geben: "Die Aufwendungen müssen runter, die Erträge müssen hoch." Die CDU hat beantragt, alle in 2017 vorgesehenen Investitionen im Abwasserbereich ebenfalls mit einem Sperrvermerk zu versehen und einen entsprechenden Antrag bei der Bezirksregierung auf Anpassung des Abwasserkonzeptes mit dem Ziel der zeitlichen Streckung und damit verbundenen finanziellen Entlastung des städtischen Haushalts 2017 sowie in den Folgejahren zu erreichen. "Dies ist unabdingbar, damit die Bürger nicht mit deutlichen Gebührenerhöhungen konfrontiert werden", sagte Gellissen. In Wegberg sind die Abwassergebühren mit Abstand die höchsten im Kreis Heinsberg. Während in Erkelenz für einen Kubikmeter Schmutzwasser 1,82 Euro zu zahlen sind, sind es in Wegberg 4,42 Euro. "Hieraus ist die Brisanz des Themas hinreichend beleuchtet", sagte Gellissen.

SPD Dass der Haushaltsentwurf 2017 im Ergebnis wenig Erfreuliches bringt, sagte SPD-Fraktionschef Ralf Wolters. Die Sozialdemokraten stellten mit Bedauern fest, dass zum Teil vom Pfad der Haushaltskonsolidierung abgewichen wird. "So hat der Rat mehrheitlich auf Antrag der CDU beschlossen, die Straßenbaubeitragssatzung erst zu einem künftigen Zeitpunkt zu ändern", sagte Wolters. Dies bedeute, dass eine erhebliche Maßnahme des Haushaltssicherungskonzepts, die bereits für das Jahr 2017 wirksam geworden wäre, nicht umgesetzt wird. "Das reißt eine Lücke von etwa 313.000 Euro, die nicht durch einen Deckungsvorschlag ausgefüllt wird. Ich hoffe, dass dies keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit dieser Haushaltssatzung haben wird", sagte Ralf Wolters. Grundsätzlich aber füge sich der Haushalt 2017 in den Weg ein, den das Haushaltssicherungskonzept vorgibt. "Er ermöglicht es, den Laden am Laufen zu halten", sagte Ralf Wolters. Trotz aller Sparzwänge enthalte der Haushalt auch 2017 wieder Gelder für notwendige Investitionen, beispielsweise in den Bildungsstandort Wegberg oder für die notwendigen Sanierungsmaßnahmen der Feuerwehrgerätehäuser. Diese Investitionen verdeutlichen nach Ansicht der SPD, dass Rat und Verwaltung die Zukunft der Stadt im Fokus haben.

Bündnis 90/Die Grünen "Ich bin ganz ehrlich, mitunter habe ich mich ein wenig fremdgeschämt", sagte Christiane Merz zur Diskussion um den geplanten Bau einer neuen Feuerwache am Grenzlandring. Der Stadtrat hat sich am Dienstagabend für eine Kompromisslösung ausgesprochen, der den Bau der neuen Feuerwache am Grenzlandring bis zum Jahr 2020 zum Ziel hat. "Die Planung und die Entscheidung darüber hat die Gemüter aller daran beteiligten Personen über alle Maßen strapaziert. Die Enttäuschung von Seiten der Feuerwehr ist nur allzu verständlich", sagte Merz-Valsamidis. Kritisch äußerte sie sich über darüber, dass die nun gefundene Kompromisslösung ebenso zusätzliche Kosten verursache wie die beschlossene Neuordnung der Fachausschüsse. Damit machten sich die politischen Vertreter der Stadt unglaubwürdig und angreifbar. "Wir würden ganz sicher einen Oskar für den besten männlichen und weiblichen Darsteller erhalten. Das beste Drehbuch für hervorragendes Schmierentheater, die beste Regie für parteipolitische Selbstinszenierung und nicht zu vergessen die ,Special Effects' am Ende mit viel Rauch um nichts", sagte Merz-Valsamidis.

Aktiv für Wegberg AfW-Fraktionschefin Nicole von den Driesch verglich in ihrer Haushaltsrede die aktuelle Wahlperiode mit einer Fußball-Bundesligasaison und kam zu dem Ergebnis, dass die Herbstmeisterschaft mit diesem Haushaltsentwurf ein unerfüllter Traum bleibe. "Wir Spieler (Ratsleute) haben ein großes Problem: Unser Trainer (Bürgermeister) erklärt nicht allen Spielern der Mannschaft (Stadt Wegberg) seine Taktik, oft wechselt er im laufenden Spiel die Strategie - exemplarisch genannt seien hier ,Neubau Feuerwache' und ,Schließung von Grundschulstandorten'", sagte Nicole von den Driesch. Grundsätzlich gilt nach Ansicht der Wählergemeinschaft AfW, dass die Strategie "Haushaltssicherungskonzept" zwingend angepasst werden müsse. Es seien noch zu viele Fragen unbeantwortet und offene Handlungsstränge vorhanden. Allen Widrigkeiten zum Trotz sei es Kämmerin Sonja Kühlen gelungen, eine Taktik in Sachen "Haushalt 2017" vorzuschlagen, der die AfW zustimmen könne. "Denn letztendlich galt es für uns abzuwägen, wo sich unser Mannschaftsteil "Aktiv für Wegberg" für das heutige wichtige Spiel positionieren wird", sagte Nicole von den Driesch.

FDP Die Liberalen sind davon überzeugt, dass Politik und Verwaltung die Herausforderungen nur gemeinsam erfolgreich bestehen können. Politik müsse wieder mehr miteinander als übereinander reden. Dabei helfe es nicht, einen Teil des Rates abzuqualifizieren. "Als Teil einer sogenannten ,Verhinderungskoalition' oder ,Mehrheitsopposition' bezeichnet zu werden, wird der politischen Verantwortung, die wir für diese Stadt tragen, nicht gerecht", sagte Christoph Böhm, Fraktionsvorsitzender der Liberalen. Die beschlossene Neuorganisation der Fachausschüsse biete die Chance, die Arbeit von Rat und Verwaltung neu zu gestalten und stärker auf die Zukunftsthemen auszurichten. "Nur so wird es uns gelingen, das Leitbild ,Wegberg 2015' auch Realität werden zu lassen", sagte Christoph Böhm. Er sprach sich für die Weiterentwicklung der Fußgängerzone zur Kunst- und Gourmetmeile und zur Schaffung eines "Bildungs-Campus Wegberg" aus. Was die Kennzahlen des Haushaltes angeht, dürfe sich ein Durcheinander wie bei den Personalaufwendungen nicht wiederholen. "Mehr denn je gehören die städtischen Aufgaben und Ausgaben auf den Prüfstand und erfordern eine Neubewertung. Dazu sind wir bereit", sagte Christoph Böhm.

Freie Wähler Dass Michael Stock die Homepage der Stadt nutze, um einen Ratsbeschluss öffentlichkeitswirksam mit Zusätzen wie "Verhinderungskoalition" zu spicken, überschreitet nach Ansicht von FW-Fraktionschef Thomas Nelsbach die Grenzen des Bürgermeisteramtes. Kritik äußerte Nelsbach auch an Ralf Wolters: "Das Verhalten des SPD-Fraktionsvorsitzenden gegenüber den ,verstoßenen Kindern' in der AfW-Fraktion hat fast schon Züge angenommen, die man mit einer Psychose kennzeichnen könnte", sagte Nelsbach in seiner Haushaltsrede. Die Freien Wähler haben ein strukturelles Dilemma in Wegberg ausgemacht: Wegberg habe ein zu geringes Gewerbesteueraufkommen. "Unser Antrag, gemeinsam mit der FDP-Fraktion, auf Erweiterung des Gewerbegebietes Rath-Anhoven, zeigt, dass vonseiten der Verwaltungsführung - mit Ausnahme der Kämmerin - hier bisher keine Notwendigkeit gesehen wird. Herr Bürgermeister, es ist ein Trauerspiel, dass diese notwendigen Impulse nicht von Ihnen kommen", sagte Nelsbach. Lichtblicke sehen die Freien Wähler beim Personaleinsparkonzept.

Nach den Haushaltsreden stimmten alle Fraktionen dem Haushaltsentwurf 2017 zu. Wann zuletzt ein Haushalt in der Mühlenstadt einstimmig verabschiedet wurde, daran kann sich in der Stadtverwaltung niemand erinnern. Auch Rudolf Fabry nicht. Der Technische Beigeordnete arbeitet seit fast 34 Jahren bei der Stadt Wegberg.

(RP)
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