Werner Berens in der Bücherkiste Wassenberg Wie ein „Krieg um Energie und Heimat“ die Menschen spaltet
Wassenberg · Autor Werner Berens war zu Gast in der Wassenberger Bücherkiste. Dort stellte er seinen Roman „Spaltungen“ vor. Und darin geht es um das schwierige Thema Braunkohlentagebau.
Wassenberg ist nicht direkt betroffen vom Braunkohletagebau, aber: An schönen Tagen sieht man die riesigen Kumuluswolken, die aus den Schloten der Kraftwerke von Weisweiler und Neurath kommen, auch hier. Es war Zeit für die Lesung mir Werner Berens, der aus „Spaltungen“ las.
Wie der Tagebau eine Gesellschaft spaltet, wurde deutlich, als Berens die Protagonisten aus Oberrath und Unterrath, zwei fiktiven Dörfern, bei denen man sich nicht nur zufällig an Immerath und Lützerath erinnert fühlt, zu Wort kommen ließ. Da ist Rentner Franz Meurer, der unentschlossen „in der Zukunft wühlt“, die in Form eines immer größer werdenden Loches fünfzig Meter vor ihm liegt. Aber da sind auch die aktiveren Gestalten des Dorfes, die Leute von der Bürgerinitiative, die Aktivisten mit Namen wie Lenin und Anakonda, die Polizisten mit Kot und Zwillen traktieren, Justus, sein Freund, der ihn nach Brandenburg locken will, und Jennissen, der Rittergutsbesitzer.
Jenseits des Dorfes und doch mittendrin: Der Konzern, der mit seiner gnadenlosen Strategie einer Konzernmaschine gleicht, der mit allen Raffinessen das Dorf und die Waldbesetzer zum Aufgeben zwingen will, der den Ministerpräsidenten umgarnt und das Sondereinsatzkommando der Polizei, das in der Person von Meurer, einem weitläufigen Verwandten von Franz, Großdemonstrationen aus der Luft beobachtet und Aktivisten am Boden mit Schlagstöcken und Bulldozern angreift. Und da ist der eigenbrötlerische Geologe, den die Welt des Tagebaus fasziniert, der dem Konzern mit seinem Wissen nützlich ist und der am Ende doch dem Charme von Julia Ottersen erliegt, der Wortführerin des Widerstands. Es kommt, wie es kommen musste: Unter den Klängen einer Blaskapelle und dem Gejohle der Umstehenden, hinter einem Absperrzaun mit Transparenten beider Seiten, unter dem Knacken und Krachen der Greifarme und Abrissbirnen fällt das sichtbarste Symbol der Dorfgeschichte und des Widerstands: der Glockenturm der Kirche.
Alle Seiten lässt Berens zu Wort kommen, denn es geht ihm um ein vielfältiges Bild eines „Krieges um Energie und Heimat“, der so bald wie möglich aufhören soll, aber nicht mit der Brechstange der Gewalt. Doch wie soll das geschehen? In einer Diskussion nach der Lesung werden die Zuhörer sich bewusst, dass ein Umdenken nötig ist. Dass es kein „Weiter so“ geben darf. Die mittlere Generation gibt sich verhalten optimistisch. Man müsse mit Augenmaß ein Umdenken herbeiführen. Die junge Generation schweigt. Zum Schluss geht es um Optimismus mit Blick auf technische Entwicklungen, was dazu führen könne, dass Wind und Sonne auch ohne Braunkohle auskommen.