„Plattdütschoavend“ in Wassenberg Neuer Aufzug für den Mundartabend

Wassenberg · „Wasseberch, ech han dech jeär“, sang einst schon Karl Lieck. Die „Nationalhymne“ Wassenbergs lebt ebenso wie der „Plattdütschoavend“. Dort bringt sich nun der Quartettverein Myhl ein. Die Erfolgsreihe hat eine Zukunft.

Von Hand zu Hand ohne Bodenkontakt: Walter Bienen (l.) übergibt den Plattdütsch-Oavend-Staffelstab an Jacky Claßen.

Von Hand zu Hand ohne Bodenkontakt: Walter Bienen (l.) übergibt den Plattdütsch-Oavend-Staffelstab an Jacky Claßen.

Foto: Willi Spichartz

Wie viele Male sind Staffel-Sprint-Rennen bei Olympia verloren gegangen, weil der Stab statt in der Hand des nächsten Läufers auf Aschen- oder Tartan-Bahn gelandet sind? Das weiß sicher jemand – dass der Staffelstab des Mundartabends in Wassenberg von Walter Bienen ohne Auffälligkeiten an Jacky Claßen weitergereicht wurde, können gut 200 Besucher des großen Saals der Wassenberger Burg bestätigen. Die am Ende an alle Akteure des „Plattdütschoavends“ vergebenen Medaillen hatten Flaschenform…

Die Premiere machte Norbert Rexing als Vorsitzender des Quartettvereins (Männergesang) Myhl deutlich: Er dankte dem Heimatverein Wassenberg für die 24-malige Ausrichtung des praktisch immer ausverkauften Events in lokaler Sprache und speziell Walter Bienen für die Moderation – ab der 25. Ausgabe am Dienstagabend übernahm der Quartettverein.

Was die Rheinische Traditions-Regionalsprache ausmacht, da hatte sich Rexing beim stellvertretenden Chefredakteur der RP, Horst Thoren, der kürzlich über den französischen Einfluss aufs Platt formuliert hatte, informiert. Rheinische Lebensart aus dem „Lamäng“, flott aus der Hand.

Auf 18 Programmpunkte war die Vorfreude schon im Saal zu spüren, als zeitig praktisch alle Stuhlreihen schon besetzt waren, Norbert Rexing und Walter Bienen begrüßten darunter Wassenbergs Ehrenbürger Sepp Becker, den CDU-Landtagsabgeordneten Thomas Schnelle und den Stellvertretenden Landrat Erwin Dahlmanns (CDU).

Und die Akteure auf der Bühne zeigten sich wieder bestens aufgelegt, in mehr als drei Stunden, 30 Minuten Pause zur Hydrierung mit allerlei Getränken inklusive, nachdenklichen Beiträgen, zumeist aber „Stöckskes“, Stücke, mit humorigem Charakter, deftigen Vokabeln aus dem Alltagsleben von gestern und heute.

Rund wurde der Abend durch Musik, der neue Veranstalter Quartettverein steuerte als Premiere Chorgesang bei, in mit einem Dutzend Sänger einem Drittel des Normal-Ensembles; Norbert Rexing erläuterte, dass das nicht mit der kleinen Bühne zusammenhing: „Die anderen können kein Platt singen,“ Das Drittel bediente sich und das Publikum mit Ohrwürmern vor allem aus Kölle, den Matadoren mit den „Bläck Fööss‘“.

Reflektierte Maria Gerhards „ut Wellere“, aus Wildenrath, etwas nachdenklich über „ech ben am waade“, ich warte, stöhnte Bruno Wilms über „mi Liäve“, mein Leben, als Rentner, der pausenlos beschäftigt wird, von anderen. Die Probleme hatte Leo Wilms nicht, denn er berichtete „ut d’r Jaat“, aus dem Nutzgarten.

In bewährter Form steuerten Manni (Schaffrath) und Uwe (Hillers) mit Gesang und Gitarre Heimatliteratur bei, ins Redner-Programm eingestreut wie überhaupt die musikalischen Intermezzi.

Nach der Hydrierungspause kam es zum Stabwechsel, allerdings nicht ohne Riesendank an Walter Bienen durch seinen Stellvertreter als Vorsitzendem des Heimatvereins, Oliver Hermanns, der seinen „Chef“ würdigte als „tragende Säule“ der 125 Jahre alten Gemeinschaft, in der er Geschichtsforschung, die Formulierung von Broschüren und Büchern leiste, den Plattdütschoavend seit 2011 moderiert habe. Eine Flasche heimischen Korns und ein Blumenstrauß waren Zeichen des Danks, die Gewächse reichte Bienen an Ehefrau Ida weiter, ebenfalls aktiv im Verein.

Ihre Themen finden die Vortragenden fast immer in Landschaft und bei Menschen der Umgebung – selbst wenn es um Exoten wie einer Raubtierbande geht, die in ihrer „Löwensafari“ im selfkäntischen Tüddern hauste.

Jacky Claßen, bei dem offensichtlich Platt Alltagssprache ist, führte sich mit einer witzigen Geschichte über „en Jummi-Krepp“ ein, einer weihnachtlichen „Gummi-Krippe“, die naturgemäß am Heiligen Abend platzte, sie war mit Luft gefüllt.

Jubel und Beifall auch vor allem für den Klinkumer Manfred Müschen, der zur Gitarre und populären Liedern selbstgedrechselte Texte vortrug, thematisch geistreich, witzig und klangvoll formuliert.

Schluss war dann auch musikalisch, und das ging gar nicht anders, als mit „Wasseberch, ech han dech jeär“ (Wassenberg, ich hab‘ dich gern), der örtlichen Nationalhymne von Altmeister Karl Lieck; die gut 200 Vergnügten im Saal hatten dabei keine Textschwierigkeiten in Platt, auch nicht das Dutzend vom Quartett…

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