In Wassenberg gegründete Initiative berichtet In Pskow geht die wichtige Arbeit des HPZ weiter

Wassenberg · Nicht einfach sind aber Treffen der Projektpartner. Klaus Eberl, Oberkirchenrat a.D. und Vorsitzender der Initiative Pskow, spricht über die jüngste Zusammenkunft.

Oberkirchenrat a.D. Klaus Eberl hat sich kürzlich mit den russischen Vetretern auf deutschem Boden getroffen. Aus Pskow kamen beruhigende Nachrichten.

Oberkirchenrat a.D. Klaus Eberl hat sich kürzlich mit den russischen Vetretern auf deutschem Boden getroffen. Aus Pskow kamen beruhigende Nachrichten.

Foto: Jürgen Laaser

Das Netzwerk der Unterstützung für junge und erwachsene Menschen mit Behinderung, das die Evangelischen Kirche in der russischen Stadt seit drei Jahrzehnten mit ihren Partnern dort aufgebaut hat, ist durch den nun bald ein Jahr dauernden Krieg in der Ukraine zur Zeit nicht beeinträchtigt. „Die Arbeit geht weiter.“ Diese beruhigende Botschaft vermittelten Andrej Zarjow und Swetlana Andreewa vom „Heilpädagogischen Zentrum“ (HPZ) in Pskow jetzt den deutschen Partnern bei ihrem Besuch im Kreis Heinsberg. Beide Pädagogen gehören zu den russischen Partnern der ersten Stunde, die die von der Ev. Kirchengemeinde Wassenberg angeregte und mitfinanzierte Förderschule als für Russland beispiellose Einrichtung auf den Weg gebracht und fortentwickelt haben.

Nicht einfach sind persönliche Treffen der Projektpartner in diesen Zeiten. So mussten die beiden Russen über Istanbul anreisen, weil es derzeit keine Flugverbindungen zwischen Russland und Deutschland gibt, und auch der kürzere Weg übers Baltikum, den IP-Vorsitzender Oberkirchenrat a.D. Klaus Eberl aus Wassenberg bei seinem Pskow-Besuch im vergangenen Herbst nutzte, ist Menschen aus Russland derzeit versperrt. Umso größer war die Freude über die persönliche Begegnung des Unterstützerkreises bei einer Versammlung im Ev. Gemeindezentrum Dalheim, so berichtet Klaus Eberl. Pädagogischer Projektpartner der Arbeit in Pskow ist die Rurtal-Schule in Oberbruch, Förderschule in Trägerschaft des Kreises Heinsberg. Sie hatte Klaus Eberl und der damalige Schulleiter Bernd Schleberger, der nach wie vor in der IP aktiv ist,  für die fachliche Begleitung beim HPZ-Aufbau gewonnen. Daraus entwickelte sich  bekanntlich eine langjährige Partnerschaft, die nicht nur russische Pädagogen nach Oberbruch führte, es entstand ein lebendiger Schüleraustausch und auch die Schulband „Rur-Rock“ spielte in Pskow. Beim Besuch der Pskower Gäste in der Rurtal-Schule wurde deutlich, dass der seit 2020 amtierende Schulleiter Markus Steinhauer und sein „Vize“ Dietmar Pelzer die Partnerschaft nicht nur fortsetzen, sondern mit neuen, an die aktuelle Krise angepassten Ideen beleben wollen.

Zarjow und Andreewa bestätigten, dass die aktuellen Projekte in Pskow vorwärts kommen: Der Anbau einer Tagesförderstätte für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen an der bestehenden Werkstatt wird im Sommer fertig sein. Das Angebot an betreuten Wohngruppen wächst, auch dank der guten Kooperation mit der Stadt und dem Oblast (Region) Pskow. Deren Vertreter hatten Klaus Eberl bei seinem Besuch im vergangenen Jahr versichert, dass sich an der Zusammenarbeit und Unterstützung der IP-Sozialprojekte nichts ändern werde. So wird auch die baulich veraltete Körperbehindertenschule, die seit rund fünf Jahren zum HPZ gehört, einen Neubau bekommen, mit dem in Kürze begonnen werden soll.

An die 30 junge Deutsche haben bislang ein freiwilliges soziales Jahr in den von der Ev. Kirche aufgebauten Einrichtungen absolviert. Klaus Eberl möchte sie zu einer Tagung einladen. „Uns interessiert, wie sie das Jahr in Pskow geprägt hat.“  Und er hat noch eine besondere Idee: Auch Pskower Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die mit den jungen Leuten Kontakt hatten, könnten dazu kommen – vielleicht an einem (aus russischer Sicht) aktuell „neutralen“ Ort,  etwa in der Türkei.

Welche teils abenteuerliche Gratwanderung die finanzielle Förderung der Pskow-Projekte aktuell ist, hat Eberl beim Besuch der beiden russischen Gäste auch erlebt. Da Überweisungen derzeit kaum möglich sind, ist Bargeld gefragt. In Russland noch am leichtesten umzutauschen sind aktuell Dollar. Also wurden Zarjow und Andreewa Spenden aus Kirchenkollekten übergeben. Vor Abreise der HPZ-Pädagogen am Flughafen Köln aber kam die böse Überraschung. Die Zollbeamten, bei denen das Geld angemeldet werden musste, erklärten, dass Bargeldtransfers nach Russland wegen des Krieges zur Zeit nicht erlaubt sind. Was dann kam, hat Eberl begeistert: „Als wir drei jungen Zollbeamten erklärten, wer die IP ist, was sie fördert und wofür die Spendensumme gedacht ist, setzten sie kurz vor Mitternacht über zwei Stunden lang alles daran, eine Ausnahmegenehmigung zu ergattern. Und es gelang ihnen. Der engagierteste Beamte war nicht etwa evangelischer Christ, sondern Muslim.“

Für Eberl ist es wichtig, die Partnerschaft mit Pskow trotz des Krieges aufrecht zu erhalten. „Sie könnte in der Zukunft ein wichtiger Anknüpfungspunkt sein“, sagt er. Deshalb sind Projekte humanitärer Hilfe ausdrücklich von den Sanktionen der EU ausgenommen. Eberl: „So sehr der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zu verurteilen ist, so intensiv muss schon jetzt an einer künftigen Friedensordnung gebaut werden. Dafür liefert die langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit viele Argumente.“

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