Wassenberger Geschichte Bienen widerlegt Heinrichs‘ Thesen

Wassenberg · Beim Studium des Wassenberg-Buchs von Professor Heribert Heinrichs ist Walter Bienen vom Heimatverein Wassenberg auf Ungereimtheiten gestoßen. Dazu hat er eine Schrift herausgegeben. Darum geht es konkret.

 Walter Bienen, Vorsitzender des Heimatvereins Wassenberg, stellt sein neues Buch vor.

Walter Bienen, Vorsitzender des Heimatvereins Wassenberg, stellt sein neues Buch vor.

Foto: Anke Backhaus

Für regionale Hobbyhistoriker ist das 1987 erschienene Werk von Professor Heribert Heinrichs, das den Titel „Wassenberg“ trägt, wohl so etwas wie eine Pflichtlektüre. Heinrichs, der gebürtige Wassenberger, der im vergangenen Jahr 100 Jahre alt geworden wäre und in der Liste der Ehrenbürger der Stadt zu finden ist, gilt als Pionier des Schulfernsehens. Das Ansehen in seiner Heimatstadt ist besonders groß. Erst im vergangenen September fand im Bergfried eine ausführliche Ausstellung statt, bei der Leben und Wirken von Heinrichs, aber auch von Generalapotheker a.D. Hanns Heidemanns gewürdigt wurde.

Auch Walter Bienen, der Vorsitzende des Heimatvereins Wassenberg, bezeichnet sich als jemanden, der Heinrichs schätzt, allein schon aus persönlichen Gründen, denn Heinrichs und Bienens Mutter gingen schließlich gemeinsam zur Schule. Klar, dass auch Walter Bienen Heinrichs‘ Werk „Wassenberg“ intensiv studiert hat. Das große Buch auf seinem Schreibtisch ist übersät mit Klebezetteln, auf denen Bienen kurze Notizen zusammengefasst hat. „Wenn man das Buch besitzt und den Autor kennt und schätzt, das hinterlässt in der Stadt Spuren“, leitet Bienen ins Gespräch ein. Dabei holt er seine neueste Schrift hervor, „und die könnte für Sprengstoff sorgen“, sagt Bienen weiter.

Denn: Nach seinen Angaben hat er gemeinsam mit dem Wassenberger Paul Gotzen in Heinrichs‘ Buch Fehler und Ungereimtheiten entdeckt. Grund genug für Bienen, eine rund 40-seitige Schrift herauszugeben, sie trägt den Titel: Wassenberger Geschichte kritisch betrachtet. Im Untertitel heißt es: Aktualisierung zur Wassenberger Geschichtsschreibung. Walter Bienen schickt voraus: „Mit diesen Korrekturen möchte ich die Arbeit von Heribert Heinrichs und seine Verdienste um die Geschichte Wassenbergs keineswegs schmälern. Ich bedaure sehr, dass ich nicht mehr mit ihm in einen konstruktiven Dialog treten kann.“ Bienen betont aber gleichzeitig auch: „Da ist für mich schon etwas an der Statue von Heinrichs abgebröckelt.“

In erster Linie, so Bienen, geht es in seiner nun erschienenen Schrift um Fakten. Beispiel: Das Grundstück der Synagoge in Wassenberg. „Bei Heinrichs heißt es, dass der liberal denkende Bürgermeister Alexander Packenius den Wassenberger Juden 1838 ein kleines Areal gestiftet habe. Laut Gotzen, so Bienen, entstand die Synagoge jedoch nicht 1838 auf einem Grundstück, das der jüdischen Gemeinde von Packenius geschenkt worden war, sondern im Jahr 1867 auf einer Parzelle aus dem Bestand der jüdischen Familie Heumann.

Im weiteren Verlauf geht es Bienen etwa auch darum, wie Wassenberg von Wassergräben und Sümpfen umgeben war. „Heinrichs schreibt, um Wassenberg herum habe es einen Wassergraben gegeben. Er glaubt, einen Beleg dafür im Codex Welser von 1723 gefunden zu haben“, so Bienen, der erklärt, dass es im Codex Welser eine Wassenberg-Zeichnung gebe. Der Codex Welser ist eine historisch-topografische Beschreibung des Fürstentums Jülich. Johann Franz von Welser habe jedoch manche der abgebildeten Bauwerke nie mit eigenen Augen gesehen, führt Bienen weiter aus.

Walter Bienen merkt an: „Die Wissenschaft entwickelt sich immer weiter. Da gibt es eine These, für die es Belege gibt. Bis eben jemand kommt, der die Belege widerlegen kann. Das ist ganz normal. So funktioniert Wissenschaft.“ Und weiter: Bienen vermutet, dass Heinrichs beim Verfassen seines Werkes auf studentische Hilfskräfte zurückgegriffen haben könnte. Letztlich will Bienen vermeiden, dass Fehler immer weitergetragen werden. So geschehen etwa im Buch „Städte im Herzogtum Jülich“ von Hans Andermahr. Bienen hat Andermahr angeschrieben, aber keine Antwort erhalten.

Die neue Schrift wird offenbar nicht die Einzige bleiben, in der Bienen mit der Geschichte kritisch auseinandersetzt.

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