Wassenberg Übergabe für Unterricht im Zirkuswagen

Wassenberg · Der Birgelener Gunter Haferkamp unterrichtete zwölf Jahre lang als Bereichslehrer Zirkus- und Schaustellerkinder im Kreis Heinsberg. Nun verabschiedete er sich in den Ruhestand. Er und seine Frau freuen sich auf eine Reise mit Roncalli.

 Gunter Haferkamp blickt auf eine buchstäblich bunte Zeit in seinem Berufsleben zurück: Er war bis zu seinem Ruhestand Bereichslehrer für Kinder reisender Artisten und Schausteller.

Gunter Haferkamp blickt auf eine buchstäblich bunte Zeit in seinem Berufsleben zurück: Er war bis zu seinem Ruhestand Bereichslehrer für Kinder reisender Artisten und Schausteller.

Foto: UWE HELDENS

Schon als Kind hat Gunter Haferkamp den Zirkus geliebt. Vor zwölf Jahren hatte der Pädagoge sich einen Traum erfüllt und schnupperte seitdem in die Zirkuswelt und den Alltag der Schausteller, kurzum: Er war Bereichslehrer im Kreis Heinsberg für Kinder von reisenden Schaustellern und Zirkusleuten. In der Regel betreute Haferkamp die Kinder, indem er sie gemäß ihrem Leistungsstand auf die unterschiedlichen Schulformen verteilte. Dazu unterrichtete er sie zweimal wöchentlich im Förderbereich.

Oft sind die Kinder nur zwei bis drei Tage an einem Ort. Doch während des Winterquartiers - meist von Oktober bis März - bleiben sie für einige Monate an den Schulen. "Dann haben wir die Möglichkeit, die Kinder auf den entsprechenden Lernstand zu bringen." Haferkamp lobt die gute Vernetzung zwischen den Bereichslehrern. "Ich erfuhr bereits Tage vorher von meinem Kollegen, auf welchem Lernstand die Kinder sind, und konnte schon die Möglichkeiten für eine Schulform ausloten", erzählt er. "Die Kinder führen einen Jahresplan mit sich. Sie gehen locker damit um, dass sie nur wenige Tage an den Schulen bleiben", sagt Haferkamp.

An manchen Tagen sah jedoch sein Arbeitsplatz ganz anders aus. Dann saß er mit den Kindern des Zirkus in seinem Wohnmobil an einem Tisch. Durch die Fenster wehte dann der Geruch der Zirkustiere herein, und leise Musik war im Hintergrund zu hören. "Es hat mir stets viel Freude gemacht, diese Kinder zu unterrichten", berichtet der Birgelener. Er ist nicht der einzige Pädagoge, der regelmäßig das Klassenzimmer in einen Zirkuswagen verlegt. Die Einführung sogenannter mobiler Lehrkräfte fand vor einigen Jahren bundesweit statt. Nun geht Haferkamp in Rente. Zusammen mit seiner Frau erfüllt er sich einen Kindheitstraum und reist mit ihr im eigenen Wohnmobil sechs Wochen zusammen mit dem Zirkus Roncalli. Der gastiert 2015 unter anderem in Oldenburg, Luxemburg, Aachen, Bielefeld und Hannover. Haferkamp freut sich auf eine aufregende und spannende Zeit. Ein weiteres Ziel sei Irland, verrät der frisch pensionierte Pädagoge. Gunter Haferkamp hat zum ersten November den Staffelstab an seinen Nachfolger weitergegeben. "Es war ein spannendes und spontanes Arbeitsfeld", sagt Haferkamp.

Die Schüler eines Bereichslehrers umfassen in der Regel die Klassen eins bis zehn, manchmal aber auch die Oberstufe. Ältere Artisten kennen noch ein System von Nachweisheften für besuchten Unterricht, in die Schulen ihre Stempel setzten. So konnten bis zum Ende der Lernzeit bis zu 500 Stempel von diversen Stationen der Zirkus-Tourneen zusammenkommen. Manche "Zirkuskinder" machen per Fernschule ihren Hauptschulabschluss, begleitet vom Bereichslehrer. Gunter Haferkamp hat jetzt jedenfalls "Schule aus" und kann die magische Zirkus-Atmosphäre künftig als Ruheständler in vollen Zügen genießen.

(bart)
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