Wassenberg Hilft das "Cappuccino-Modell" gegen Altersarmut?

Wassenberg · Das Rentenmodell der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) stand im Mittelpunkt einer Diskussion in Myhl.

Das Thema wird immer wieder intensiv und teilweise emotional diskutiert: die Rente. Auch die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) befasst sich seit vielen Jahren damit und hat auf der Suche nach einer zufriedenstellenden Lösung das sogenannte "Cappuccino-Modell" entwickelt, das im Rahmen einer Präsentation mit anschließender Diskussion unter dem Namen "Anständige Rente statt Altersarmut" im Myhler Pfarrheim auf Einladung des KAB Wassenberg-Myhl vorgestellt wurde.

Als Gastreferent sprach Ralf Welter, Dozent für Wirtschaftswissenschaften an der FH Aachen und langjähriges KAB-Mitglied. Zur anschließenden Fragerunde waren Wilfried Oellers (MdB, CDU), Christoph Stolzenberger (Kreissprecher der Grünen), Walter Sonnenschein (KAB Myhl) und Manfred Minger (Die Linke) nach Myhl gekommen.

"Worum geht es eigentlich in diesem Modell. Und was fordern die beteiligten Verbände genau?", fragte Ralf Welter und klärte auf. Dass es in Deutschland Altersarmt gibt oder dass jemand, der nur den Mindestlohn erhalte, 59 Jahre arbeiten müsse, um nicht auf die Grundsicherung im Alter angewiesen zu sein, "das darf doch nicht wahr sein, und das müssen wir für die Zukunft verhindern", forderte Welter. Cappu-ccino nennt sich das Modell symbolisch nach Art des italienischen Heißgetränkes in drei Schichten. Die erste Stufe, in dem Fall also der Espresso, soll dabei eine neue Sockelrente sein, die jedem steuerpflichtigen Bürger in Höhe von 515 Euro zusteht. Abgesichert werden soll die Sockelrente beitragspflichtig. Stufe zwei im Modell wäre die Erwerbstätigenversicherung (der Milchkaffee). Zu den paritätischen Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber käme hier ein Bundeszuschuss ins Spiel. Außerdem sollen auch Freiberufler und Beamte in diesen Fonds einzahlen.

Bei einem durchschnittlichen Verdienst wäre aktuell nach 40 Beitragsjahren eine Rente von rund 1300 Euro brutto erreicht, rechnete der Aachener Betriebswirt vor. Nach wie vor hängt die genaue Höhe der Zahlungen aber auch, wie im bestehenden Rentensystem, von der eingezahlten Summe des Arbeitnehmers ab. Als Milchschaum oben drauf, der dritten Stufe, soll eine für alle Unternehmen verpflichtende Betriebsrente eingeführt werden. Der Abschluss einer privaten Absicherung soll in Eigenverantwortung geschehen. Das Cappuccino-Modell wurde von Instituten durchgerechnet und erscheint durchaus realisierbar, wenn die Politik mitspielt.

Kritische Anmerkungen zum Modell machte Wilfried Oellers, der betonte, dass das aktuelle Rentensystem auf dem Leistungsprinzip beruhe und "der Bund bereits jetzt 100 Milliarden Euro ins Rentensystem pumpt". Es könne also nicht von einem schlechten Rentensystem die Rede sein, und man solle, bei allen vorhandenen Problemen, nicht alles schlechtreden. Eine andere Problematik sah Christoph Stolzenberger, der unter anderem monierte: "Über das Cappuccino-Modell wird mittlerweile 13 Jahre diskutiert, und was ist passiert - nichts." Auch die Ungleichbehandlung von Beamten und anderen Arbeitnehmern müsse aufhören. "Weniger reden und machen", forderte Walter Sonnenschein indes, der einen Blick in die Niederlande empfiehlt, wo es seit Jahren eine Grundrente gebe.

(mom)
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