Wassenberg Forstamt: Baumfällarbeiten waren nötig

Wassenberg · Auffallend sind großflächige Forstarbeiten im Wassenberger Waldgebiet Judenbruch. Unterspülungen und der geplante Bau einer Regenrückhalteanlage machten das Fällen etlicher Bäume nötig. Förster Claus Gingter zu den Hintergründen.

 Bei Haus Alt Holland im Wassenberger Judenbruch wurden etliche Bäume gefällt. Die Abholzungen sind Vorarbeiten für den Bau einer neuen Regenrückhalteanlage.

Bei Haus Alt Holland im Wassenberger Judenbruch wurden etliche Bäume gefällt. Die Abholzungen sind Vorarbeiten für den Bau einer neuen Regenrückhalteanlage.

Foto: Jürgen Laaser

Wenn Bäume in großer Zahl fallen, ist Bürgerunmut programmiert. Aktuell erhitzen Baumfällarbeiten an den Rändern des von vielen Spaziergängern genutzten stadtnahen Waldgebiets Judenbruch die Gemüter.

Für beide Abholzungen gibt es gute Gründe, die mit dem Hochwasserschutz und einer nachhaltigen Waldgestaltung zu tun haben, wie Claus Gingter, der Leiter des Forstbetriebsbereichs Wassenberg des Regionalforstamts Eifel-Rur-Jülich, auf Nachfrage der Redaktion erläutert. Besonders auffällig sind die Forstarbeiten am Pontorsonplatz. Dort mussten eine mächtige Eiche und rund 20 weitere Laubbäume gefällt werden, weil sie auf unterspültem Boden umzukippen drohten.

Hintergrund ist das Problem, dass große Mengen von Niederschlagswasser im Judenbruch nicht mehr zurückgehalten werden können. Das Wasser durchströmt mit hoher Geschwindigkeit den Wald. Damit der Pontorsonplatzes nicht überschwemmt wird, hat man seinerzeit eine - derzeit gut sichtbare - Kuhle als eher provisorisches Auffangbecken angelegt. Die Sammlung des Wassers nach starken Regenfällen in jüngster Zeit in diesem Bereich habe den Boden völlig aufgeweicht, so dass die Bäume ihren Halt verloren, erklärt Gingter. Der starke Wind kurz vor Karneval habe einigen Bäumen und auch der knorrigen 30 Meter hohen Eiche dann den Rest gegeben. Einige Bäume waren schon gekippt und gegen andere gedrückt worden, die ebenfalls umzustürzen drohten. Der Verkehrssicherheitsbeauftragte der Stadt, Stadtgärtner Volker Rütten, alarmierte Förster Gingter. Die Bäume wären auf den Pontorsonplatz gekippt und hätten Menschen auf dem dortigen Parkplatz vor der Begegnungsstätte gefährden können. "Da war aus Sicherheitsgründen nichts anderes als die komplette Abholzung zu verantworten", sagt Gingter. Im Herbst werde der Bereich selbstverständlich wieder aufgeforstet.

Eng mit dem geschilderten Wasserproblem zusammen hängt die weitere "Baustelle" an Haus Holland nahe der Erkelenzer Straße. Hier wird, um die geschilderten Probleme zu begrenzen, ein neues Regenrückhaltebecken gebaut. Es wird später unter der bepflanzten Erdoberfläche verschwinden. Die Baumfällarbeiten jetzt waren die Vorbereitungen für den Bau der Wasserrückhalte-Einrichtung, bei der der Wasserverband Eifel-Rur (WVER) in Zusammenarbeit mit dem Forstamt und der Stadt federführend ist. Der WVER informierte im Februar bereits ausführlich über das Bauprojekt (die Redaktion berichtete). Gebaut wird ein zusätzliches Regenrückhaltebecken, um Mischwasser zwischenzuspeichern und die Einleitung in den Gasthausbach zu drosseln.

Der WVER erläuterte dazu: "Regenüberlaufbecken dienen dazu, bei heftigen Regenfällen große Mischwassermengen aus Abwasser und Niederschlagswasser, die die nachfolgende Kanalisation und letztlich auch die nachgeschaltete Kläranlage überlasten würden, aufzufangen. Kommt mehr Mischwasser, als das Becken fassen kann, darf es auch in das nächstgelegene Gewässer abschlagen; das Abwasser ist durch das Niederschlagswasser bereits stark verdünnt und Schmutzstoffe können sich im Becken absetzen. Jedoch kommen diese Abschläge stoßweise entsprechend der Starkregenereignisse und belasten somit hydraulisch das Einleitgewässer." Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie zur Wiederherstellung eines guten ökologischen Zustands der Fließgewässer machen diese Arbeiten erforderlich. Mit den eigentlichen Bauarbeiten soll im Mai begonnen werden. Die Arbeiten erfolgen in Abstimmung mit der Landschaftsbehörde und sollen bis April 2018 dauern.

Forstarbeiten, die viele Betrachter vorschnell als "Kahlschlag" bezeichnen, sind nach Auskunft des Landesbetriebs Wald und Holz vielfach eine notwendige Maßnahme zur langfristigen Sicherung des Waldbestandes. Wie Forstdirektor Joachim Knoth erläutert, werden regelmäßig Waldgutachten in Auftrag gegeben, die Waldstruktur, Entwicklungsperspektiven, Zustand und Standsicherheit der Bäume beurteilen. "Natürlich geht es dabei um die Sicherheit der Wanderer, wenn etwa sehr alte Bäume nicht mehr standsicher sind. Aber auch die Waldverjüngung haben wir im Blick", sagt Knoth. Wichtig sei beispielsweise, dass Bäume sich nicht in ihrer Entwicklung behindern, die Kronen Luft haben, Freiraum für nachwachsende Bäume vorhanden sei. Da könne es angebracht sein, dass punktuell Bäume gefällt werden müssen, um die nachhaltige Forstentwicklung zu fördern.

Förster Claus Gingter ärgert es, wenn Menschen sich über "Kahlschlag" und "Umweltfrevel" entrüsten, ohne die Hintergründe für Fällarbeiten zu kennen. "Warum fragen sie nicht die Stadt oder uns, bevor sie schimpfen?", sagt er.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort