Wassenberg Der Steuermann geht mit gutem Gefühl

Wassenberg · Nach 27 Jahren wird Heinz Pütz, Leiter der Katholischen Grundschule Birgelen, bei einer Feier am 21. Juni aus dem Schuldienst verabschiedet. Pütz hat gemeinsamen Unterricht lange vor der "Inklusion" in Birgelen aufgebaut.

 Pädagoge mit Leib und Seele. Vor 65 in den Ruhestand zu gehen, kam für Heinz Pütz nicht in Frage. "Wieso auch, die Schule hat mir immer Spaß gemacht", sagt der Birgelener, der auch im Ortsleben aktiv ist.

Pädagoge mit Leib und Seele. Vor 65 in den Ruhestand zu gehen, kam für Heinz Pütz nicht in Frage. "Wieso auch, die Schule hat mir immer Spaß gemacht", sagt der Birgelener, der auch im Ortsleben aktiv ist.

Foto: Jürgen Laaser

Die Einladung zum Schulfest der Katholischen Grundschule Birgelen am 15. Juni zeigt ihn auf einer Kinderzeichnung unverkennbar: Heinz Pütz als Steuermann des Schulschiffes. Es wird das letzte Schulfest in der Pütz-Ära sein, denn Ende des Schuljahres geht - um im Bild zu bleiben - der Steuermann von Bord. Nach 27 Jahren Arbeit in Birgelen wird Pütz bei einer Feier am 21. Juni mit 65 Jahren in den Ruhestand verabschiedet.

Seine Amtszeit als eine Ära zu bezeichnen, ist nicht übertrieben: Denn der in Freialdenhoven geborene Pädagoge, der 1980 mit der Familie nach Birgelen zog und schnell im örtlichen (Vereins-)Leben heimisch wurde, hat das Profil der Schule entscheidend geprägt. In Birgelen wurde vor 21 Jahren, als noch keiner den Begriff Inklusion kannte, der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung systematisch aufgebaut.

Damals, so erinnert sich Pütz, wurden die ersten vier Kinder mit dem Förderbedarf geistige Entwicklung, wie es jetzt heißt, aufgenommen. Heute gehören zu den insgesamt 222 Grundschulkindern 41 Jungen und Mädchen, die in den Bereichen Lernen, Sprache, Verhalten, geistige Entwicklung, Hören und Sehen besondere Begleitung brauchen. Pionierarbeit leistete die Schule, wie Pütz berichtet, auch in der Zusammenarbeit mit Sonderpädagogen, anfangs vor allem der Rurtal-Schule. Heute gehören vier Sonderpädagogen fest zum Kollegium der Schule, die den gemeinsamen Unterricht als Schwerpunkt hat.

Pütz selbst hatte nach dem Pädagogikstudium in Aachen auf seiner ersten Stelle an einer Hauptschule in Marl das Angebot aufgegriffen, ein Zusatzstudium der Sonderpädagogik zu absolvieren. Sonderschullehrer wurden damals gesucht, erinnert sich Pütz. Aber es entsprach auch seinem Anliegen, "ein offenes Ohr für Kinder mit Problemen zu haben. Im Ruhrgebiet gab es davon besonders viele. Und die Aussonderung dieser Kinder hat mir schon damals Sorgen gemacht." Da war man von gemeinsamem Unterricht allerdings noch weit entfernt. Pütz zog es zurück in Heimatnähe: 1980 wechselte er an die Oberbrucher Don Bosco-Förderschule.

In diese Zeit fiel der Umzug nach Birgelen. Der Sportsfreund und aktive Fußballer Pütz hatte durch sein Hobby schon diverse Kontakte in Effeld und Birgelen. Die Familie integrierte sich schnell ins Dorfleben und Pütz engagierte sich als Vater dreier Kinder in der Elternpflegschaft der Grundschule. Rektor Josef von Helden sah damals in Pütz den idealen Nachfolger für die Schulleitung.

Rückblickend lobt Pütz die gute Zusammenarbeit und Unterstützung durch Kreis, Stadt, Elternschaft und Förderverein. Vor allem ohne Letzteren hätte das breite Angebot des offenen Ganztags in Birgelen nicht umgesetzt werden können, das Gros der Kinder macht dabei mit. Dass die Schule fest ins Ortsleben eingebunden ist, war dem Vereinsmenschen Pütz stets eine Herzensangelegenheit. Heute sind viele Vereine und auch die Feuerwehr ins Schulleben und den offenen Ganztag integriert. Pütz nennt die Bläserklasse, unterstützt von den Musikvereinen Birgelen und Effeld, und die Feuerwehr-AG.

Widerstand von Kollegen oder Eltern gegen gemeinsamen Unterricht sei stets die Ausnahme gewesen, sagt Pütz. Im Gegenteil, seine Überzeugung habe sich bestätigt: "Wenn ein lernstarkes Kind einem schwachen etwas erklären kann, lernen beide doppelt."

Pütz findet es wichtig, dass behinderte Kinder möglichst lange am Ort zur Schule gehen können und nur, wenn es wirklich nötig ist, an weiter entfernt liegenden reinen Förderschulen unterrichtet werden. Kein Wunder, dass er über die nun auch an weiterführende Schulen übertragene Inklusion glücklich ist und sich darüber freut, wenn "seine" Schüler an der Betty-Reis-Gesamtschule weiterlernen können.

Pütz' Fazit: "Ich gehe mit zufriedenem Gefühl." Und er ist sicher: Seine Nachfolgerin Barbara Schillings und Konrektorin Doris Wingertszahn stehen für Kontinuität. Pütz freut sich auf mehr Muße und Zeit für seine Frau und die Enkel.

(RP)
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