Erkelenz 25 Jahre nach dem Erdbeben

Erkelenz · "Es war das größte jemals gemessene Beben nördlich der Alpen", weiß der Geologische Dienst NRW in Krefeld zu berichten.

 Aus der Fassade gebrochener Kamin, Risse im Mauerwerk. Viele Schäden gab es in Heinsberg.

Aus der Fassade gebrochener Kamin, Risse im Mauerwerk. Viele Schäden gab es in Heinsberg.

Foto: Kerkhoff (Archiv)

Die Nacht zum 13. April 1992 bleibt in Erinnerung. Die Erde bebte im Kreis Heinsberg so stark wie nie zuvor. Ausgehend von Roermond zogen sich die Schäden bis an den Rhein bei Bonn. Allein im Kreis Heinsberg beschädigte das Erdbeben vor 25 Jahren rund 680 Häuser, davon 16 schwer und 21 mittelschwer. Sieben Häuser waren nicht mehr bewohnbar. Fast 40 Menschen wurden vorübergehend obdachlos. Auf mehr als eine halbe Million Mark wurde allein der Schaden an öffentlichen Gebäuden geschätzt. Verletzt wurden 25 Personen, drei davon schwer. Schaden nahmen auch rund 120 Fahrzeuge.

 Die Feuerwehr war im Einsatz: Etliche Kamine waren durch das Erdbeben zerstört worden.

Die Feuerwehr war im Einsatz: Etliche Kamine waren durch das Erdbeben zerstört worden.

Foto: Kerkhoff Peter

Vor allem Oberbruch und Dremmen waren betroffen, während das Ausmaß der Schäden in Erkelenz, Hückelhoven, Wassenberg und Wegberg kleiner blieb. Jedoch war in Rath-Anhoven symbolhaft die Kirchturmuhr zu der Zeit stehengeblieben, als heftige Stöße die Erde in der Region erschütterten: 3.20 Uhr.

"Es war das größte jemals gemessene Beben nördlich der Alpen", auch wenn die Angaben über die Stärke zwischen 5,9 und 6,0 schwankten, zog Klaus Lehmann, der Erdbebenfachmann beim Geologischen Dienst NRW in Krefeld ist, jetzt noch einmal gegenüber der Agentur dpa Bilanz des 13. April 1992. Es hätte auch noch schlimmer kommen können. Das Beben ereignete sich in 18 Kilometer Tiefe, die darüber liegenden Schichten hätten die Erdstöße gedämmt.

Die niederrheinische Bucht ist eines der aktivsten Erdbebengebiete Mitteleuropas. Das bekamen die Menschen im Kreis Heinsberg vor 25 Jahren zu spüren. Der Kern der Oberbrucher Altstadt bildete eine Insel der Verwüstung. Schlimm hatte es "Die Kiste" erwischt. Der Kamin war nach innen gekippt, im aufgesetzten Giebel klafften Risse, die Dachwohnung war unbewohnbar geworden und wurde noch am Nachmittag des 13. April 1992 abgerissen. Als die Erde bebte, hatten sich nur noch wenige Gäste in dem Lokal aufgehalten. Einer berichtete später unserer Redaktion: "Als uns die Gläser entgegenkamen, sind wir rausgelaufen."

Ein Haus gegenüber hatte es ebenfalls schwer getroffen. Dessen Besitzerin erzählte damals: "Unser Haus ist oben ganz zerrissen, die Decken hängen herab." Den Menschen in Dremmen war es nicht besser ergangen, wo eine Betroffene die Erdbebennacht schilderte: "Wir sind immer noch ganz fertig. In der Nacht haben wir mit Nachbarn und dem Pastor zusammen Kaffee getrunken und Gott gedankt, dass nicht mehr passiert ist."

An den Tagen nach dem Beben war Aufräumen und Instandsetzen angesagt. Leicht machte es die Natur den Menschen im Kreis Heinsberg dabei nicht. Denn genau 24 Stunden nach dem Beben erzitterte die Erde erneut, diesmal mit einer Stärke von 4,1. Wie in der Nacht zuvor liefen die Menschen auf die Straße, dies insbesondere, weil sie sich innerhalb der schon von Rissen durchzogenen Wände nicht mehr sicher fühlten. Neue Schäden wurden aber nicht mehr gemeldet.

Schnelle und unbürokratische Hilfen hatte Johannes Rau, 1992 Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, den betroffenen Regionen in Aussicht gestellt. Eine Woche nach dem Beben konnten dessen Opfer dann Hilfe beim Kreis Heinsberg beantragen. Sieben Wochen nach der Erdbebennacht zog Josef Offergeld, Stadtdirektor von Heinsberg, Bilanz: Der Stadt wurden 545 Schäden bis 50.000 Mark gemeldet, 37 Menschen mussten aus Wohnungen ausquartiert werden, und die von Statikern besichtigten Schäden summierten sich auf rund 2,6 Millionen Mark.

Unter den Opfern wuchs zu diesem Zeitpunkt jedoch Unmut: Sie warteten noch auf die Finanzhilfen des Landes. Diese liefen, nachdem ab Mai besonders schwere Fälle bedacht worden waren, für den großen Teil der Betroffenen dann ab Juni an.

(spe)
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