Kreis Viersen Immer weniger Paare wollen adoptieren

Kreis Viersen · Die Zahl der Adoptionsbewerber im Kreis Viersen ist in den vergangenen fünf Jahren drastisch gesunken. Komplizierte Vermittlungsabläufe, wenig Aussicht auf Adoption eines Babys oder Kleinkinds — das schreckt ab.

 Vielen Paaren ist bewusst, dass die Chance auf Vermittlung eines Babys gering ist.

Vielen Paaren ist bewusst, dass die Chance auf Vermittlung eines Babys gering ist.

Foto: Bretz Andreas/Bretz, Andreas (abr)

Neun Mädchen und 14 Jungen haben dem statistischen Landesamt zufolge 2018 im Kreis Viersen ein Adoptionsverfahren durchlaufen. Einige von ihnen kamen womöglich aus dem Ausland, andere wurden vermutlich vom Stiefelternteil adoptiert, oder ihre leiblichen und die neuen Eltern lernten sich gar nicht kennen. „Hier sind alle durch das Familiengericht ausgesprochenen Adoptionen gezählt“, sagt Lothar Thorissen, Leiter des Amtes für Schulen, Jugend und Familie des Kreises Viersen. „Es findet keine Differenzierung statt“, ergänzt er. Bei den Bewerbern jedoch schon. Demnach waren laut Statistik Ende des vergangenen Jahres noch elf Paare bei den Vermittlungsstellen vorgemerkt, die ein ihnen fremdes Kind adoptieren wollten. Das sind 107 weniger als noch vor fünf Jahren – damals wurden 15 Kinder adoptiert.

Insgesamt sind in NRW im vergangenen Jahr 817 Kinder und Jugendliche zur Adoption vermittelt worden, 5,7 Prozent weniger als noch im Jahr zuvor. 1111 Paare waren Ende 2018 als Adoptionsbewerber registriert, 227 Kinder für eine Adoption vorgemerkt. „Die Zahl der Bewerber für Adoptivkinder mit Geburtsort in Deutschland ist seit Jahren rückläufig“, sagt Thorissen. „Den Bürgern ist bewusst, dass die Chance auf Vermittlung eines Säuglings durch ­Adoption sehr gering ist“, ergänzt er. Die Angst vor dem Unbekannten spielt ebenfalls eine Rolle: „Es hat in der Vergangenheit immer wieder schwierige Adoptionsverläufe gegeben.“ Das habe sicherlich Auswirkungen auf die Bereitschaft zur Adoption von unbekannten Kindern. Thorissen erläutert: „Die Adoptiveltern wissen nichts über die Mutter oder den Vater des Kindes. Der Verlauf der Schwangerschaft ist den Adoptiveltern unbekannt. Ein Risiko stellt zum Beispiel der Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft dar.“ Dies könne zu Erkrankungen beim Kind führen, die sich oft erst Jahre später auswirken.

Das Kreis-Jugendamt leistet die Adoptionsberatung für das gesamte Kreisgebiet. Daneben begleitet auch der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) Adoptionsverfahren im Kreis Viersen. „Die Entwicklung können wir als katholische Adoptionsvermittlungsstelle für das Bistum Aachen bestätigen“, sagt die pädagogische Leiterin in Viersen, Christa Wenders. „Im Jahr 2011 kamen auf 17 Bewerberpaare fünf abgeschlossene Adoptionen, 2018 waren es sechs Bewerberpaare und acht abgeschlossene Adoptionen.“ Trotz des Rückgangs an Bewerbern verfüge der SkF aber dennoch über einen ausreichenden Bewerberpool.

Ende 2018 waren nach Angaben des statistischen Landesamtes für den Kreis Viersen drei Kinder für eine Adoption vorgemerkt, also noch nicht in Familien vermittelt. Aktuell sieht das anders aus: „Es warten keine Kinder im Kreis Viersen auf eine Adoption“, sagt Thorissen. Darüber hinaus suche auch kein Kind Pflegeeltern: „Bisher konnten alle Anfragen aus dem Allgemeinen sozialen Dienst zur Aufnahme in Pflegefamilien geregelt werden.“ Während die Zahl der Adoptionsbewerber sinke, steige gleichzeitig die Zahl der Pflegeelternbewerber, erläutert Thorissen: „Aktuell sind acht Pflegeelternbewerber bereit, Pflegekinder aufzunehmen.“

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