Kurz-Kritik Wolkenleichte Balladen

Musikalische Feinkost hat das Hayden Chisholm Quartett auf Einladung des Jazz-Circle-Viersen im Süchtelner Weberhaus serviert.

 Hayden Chisholm spielte im Weberhaus Süchteln nicht nur Saxophon, er zeigte auch sein sängerisches Talent.

Hayden Chisholm spielte im Weberhaus Süchteln nicht nur Saxophon, er zeigte auch sein sängerisches Talent.

Foto: dpa, bt sab

„Wir spielen auch Jazz“ – gleich in seiner Begrüßung deutete Hayden Chisholm an, wohin die Reise an diesem Abend gehen sollte. In aktueller Quartett-Besetzung mit dem Pianisten Achim Kaufmann, Frans Peter Eldh am Kontrabass und Drummer Jonas Burgwinkel lotete Chisholm die stilistischen Grenzen zeitgenössischer Jazzmusik aus.

Ein ums andere Mal trugen die bestens harmonierenden Musiker ein ebenso aufmerksames wie dankbares Publikum im annähernd voll besetzten Weberhaus über musikalische Genregrenzen hinweg. Da erklang hier ein Gospelsong, dort eine südosteuropäische Gasthausmelodie. En passant wusste der unprätentiös auftretende Neuseeländer auch als Sänger zu überzeugen. Seinem eigentlichen Instrument, dem Saxophon, entlockte Chisholm eine beeindruckende Bandbreite ganz unterschiedlicher Stimmungen, Klangfarben und musikalischer Dynamik. Da lösten sich ohnehin wolkenleichte Balladen im offenen Schlussakkord vollends in erhabene Stille auf.

Dann wieder erwiesen die Vier in furios vorgetragenen Dekonstruktions-Orgien der Ära des Free Jazz die Reverenz.

Wenn vermeintliche Atonalität und scheinbare Disharmonie sich am Ende ganz selbstverständlich in einen Blues-Akkord auflösen, wenn größtmögliche musikalische Freiheit mit Spirit und Soul korrelieren – dann ist das wohl Jazz. Ein Hochgenuss!

(dmai)
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