Brüggen Seltener Gast in der Greifvogelhilfe

Brüggen · Eine Spaziergängerin hat einen kleinen Wespenbussard gefunden, der aus dem Nest gefallen war. In der Pflegestation wird er aufgepäppelt

 Der junge Wespenbussard hat Rindenstücke und Tannenzapfen als Spielzeug und wird mit aufgetauten Tiefkühlbienenlarven gefüttert.

Der junge Wespenbussard hat Rindenstücke und Tannenzapfen als Spielzeug und wird mit aufgetauten Tiefkühlbienenlarven gefüttert.

Foto: Sylvia Urbaniak

Mitunter passiert es in der Natur, dass ein junger Greifvogel aus dem Nest fällt oder sich ein Greifvogel auf andere Weise verletzt hat. Womöglich würde dieses Tier sterben, wenn es nicht tierliebe Menschen gäbe, die sich darum kümmern. Doch was muss man tun, wenn man einen Greifvogel findet, der offensichtlich Hilfe benötigt? Antworten gibt die in Brüggen ansässige Greifvogelhilfe für den Kreis Viersen.

Die tiermedizinische Fachangestellte Sylvia Urbaniak leitet die Pflegestation in Brüggen. Falkner Frank Seifert steht ihr dabei tatkräftig zur Seite. Beide haben ihre erforderliche Qualifikation Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz abgelegt und sind berechtigt, privat und ehrenamtlich eine Pflegestation für Greifvögel und Eulen zu betreiben. Die benötigten großen Mengen artgerechtes Futter und tierärztliche Behandlungen finanzieren sich über Spenden, Tierpatenschaften und die Beiträge der 25 Mitglieder. Die unzähligen Stunden, die sie für die beeindruckenden Vögel unterwegs sind oder für die Versorgung der Tiere aufbringen, leistet das Brüggener Paar gerne – für die beiden sind Greifvögel etwas ganz Besonderes.

„Wenn Leute ein verletztes Tier finden und sich telefonisch bei uns melden, dann bitten wir darum, uns ein Foto beispielsweise per Whatsapp zu schicken und wir lassen uns die Situation schildern, in der sie das Tier angetroffen haben“, beschreibt Seifert. Dabei ist die Angabe der Augenfarbe, Fuß- und Federfarbe wichtig. Jede möglichst genaue Angabe hilft einzuordnen, um welchen Vogel es sich handelt und was ihm zugestoßen sein könnte. „Kleine Waldkäuze können noch nicht fliegen und halten sich am Boden auf. Oft denken Spaziergänger, der Kauz hätte ein Problem und rufen uns an. Da hilft eine genaue Beschreibung der Situation und ein Foto“, gibt Seifert als Beispiel an.

Jede Greifvogelart wird nach ihren unterschiedlichen Bedürfnissen behandelt und rehabilitiert. Im Freiflug werden bei dem Paar sieben Turmfalken und zwei Waldkäuze gehalten. „Man weiß, dass Greifvögel zu dem Punkt zurückkehren, wo sie lange Zeit aufgewachsen sind und gefüttert wurden“, erklärt Urbaniak. Für diese Vögel ist der Freiflug das benötigte Training, um selbst in der Lage zu sein, Futter zu finden und mit Wind und Wetter klar zu kommen.

In der heimischen Voliere werden verletzte oder kranke Tiere gepflegt. Stressfrei – Besucher sind nicht erlaubt. Vier Steinkäuze, eine Waldohreule, eine Schleiereule, drei Mäusebussarde, ein Wanderfalke und zwei Turmfalken werden sich hier so lange aufhalten, bis sie wieder in die Natur entlassen werden können. Ein besonders seltener Gast ist aktuell ein Wespenbussard.

„Wespenbussarde sind hier heimisch, überwintern aber in Afrika. Sie ernähren sich von Wespen- oder Bienenlarven. Um Futter zu finden, spürt er Erdnester auf und buddelt dann die Waben der Insekten aus“, erklärt Urbaniak. Der Wespenbussard brütet in den Naturschutzgebieten des Kreises und bevorzugt Heidelandschaften und trockene Regionen. „Eine Spaziergängerin hatte den kleinen Wespenbussard am Wegesrand gefunden. Er war viel zu früh aus dem Nest gefallen. Im Unterschied zu anderen Arten wird der Wespenbussard von den Altvögeln nicht mehr versorgt, wenn er nicht im Nest sitzt“, erzählt Seifert.

Der junge Vogel hat Rindenstücke und Tannenzapfen als Spielzeug und wird mit aufgetauten Tiefkühlbienenlarven gefüttert, die der Greifvogelhilfe zur Verfügung gestellt wurden. Der Wespenbussard zupft die Larven aus der Wabe. Um ihn nicht zu stören, wird er mit einer Kamera in der Voliere überwacht. „Er scharrt schon am Boden, schlägt mit den Flügeln, um seine Muskulatur aufzubauen und entwickelt sich gut. Und wir lernen mit dem Patienten“, sagt Urbaniak. Wichtig sei, den richtigen Moment abzupassen, wenn der kleine Wespenbussard unruhig wird. Denn der Zugvogel spüre, wenn es Zeit wird, sich auf den Weg nach Afrika zu machen. Das wird dann etwa Anfang September soweit sein.

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