Analyse Wer wird CDU-Bürgermeisterkandidat?

Viersen · Am Donnerstagabend wählen die CDU-Mitglieder zwischen Christoph Hopp und Wolfgang Genenger. RP ONLINE berichtet live.

 Wird’s der? Oder der? Christoph Hopp (links) und Wolfgang Genenger bewerben sich beide um die CDU-Bürgermeisterkandidatur. Am Donnerstagabend ab 18.50 Uhr berichtet RP ONLINE live.

Wird’s der? Oder der? Christoph Hopp (links) und Wolfgang Genenger bewerben sich beide um die CDU-Bürgermeisterkandidatur. Am Donnerstagabend ab 18.50 Uhr berichtet RP ONLINE live.

Foto: Knappe

Wer ist der Mann, der Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) aus dem Stadthaus vertreiben kann? Wenn sich am Donnerstag, 5. Dezember, die CDU-Mitglieder des Viersener Stadtverbandes um 19 Uhr zur Mitgliederversammlung in der Generatorenhalle treffen, steht diese Frage im Saal. „Wahl des Bewerbers für das Amt des Bürgermeisters“ heißt Tagesordnungspunkt elf. „Wir haben als Parteimitglieder der CDU in Viersen nun die Möglichkeit, die ersten Weichen für die Kommunalwahl 2020 zu stellen“, schrieb der Stadtverbandsvorsitzende Sebastian Achten vor zwei Wochen in seiner Einladung an die mehr als 600 wahlberechtigten CDU-Mitglieder in Viersen. „Dabei ist es unser Recht als Partei, den wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern in Viersen einen Personalvorschlag zur Besetzung des Bürgermeisteramtes in unserer schönen Heimatstadt zu machen.“ Und direkt an die „lieben Parteifreundinnen und Parteifreunde“ gewandt: „Mit dieser möglichen Entscheidung werden Sie auch die Person und das Gesicht des Spitzenkandidaten der CDU Viersen im Kommunalwahlkampf 2020 bestimmen.“

Am 13. September 2020 wird die neue Stadtspitze gewählt. Anemüller, die 2015 im ersten Wahlgang 34,2 Prozent der Stimmen erhielt und dann in der Stichwahl auf 62,1 Prozent kam, machte im August im Sommerinterview der „Rheinischen Post“ öffentlich: „Ich trete noch einmal an.“

 Wolfgang Genenger (57), in der katholischen Pfarrgemeinde St. Remigius für Bau und Liegenschaften alleinverantwortlich, hatte im August beim CDU-Sommerfest seine Bereitschaft erklärt, CDU-Bürgermeisterkandidat zu werden.

Wolfgang Genenger (57), in der katholischen Pfarrgemeinde St. Remigius für Bau und Liegenschaften alleinverantwortlich, hatte im August beim CDU-Sommerfest seine Bereitschaft erklärt, CDU-Bürgermeisterkandidat zu werden.

Foto: Knappe, Jörg (jkn)

Zwei Männer bewerben sich um die CDU-Kandidatur, der eine seit mehr als drei Jahrzehnten in der Partei, der andere erst seit wenigen Monaten dabei – extra eingetreten in die CDU für die Kandidatur. Wolfgang Genenger (57) versus Christoph Hopp (50) heißt das Duell, über dessen Ausgang wohl Tagesordnungspunkt neun am Donnerstagabend entscheiden wird: „Vorstellung der Kandidaten“. Denn einen klaren Favoriten gibt es bisher noch nicht – auch nicht, nachdem die Partei in der vergangenen Woche ihre Mitglieder ins Bürgerhaus Dülken einlud, damit sie sich bei einem „Speed Dating“ ein persönliches Bild der beiden Bewerber machen können. In Absprache mit den Kandidaten unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das Foyer war voll, mehr als 100 Mitglieder wollten die beiden Bewerber persönlich kennen lernen und sich einen Eindruck machen.

 Christoph Hopp (50), Leiter des Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasiums, erklärte im September seine Kandidatur.

Christoph Hopp (50), Leiter des Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasiums, erklärte im September seine Kandidatur.

Foto: Knappe, Jörg (jkn)

Wie Anhänger beider Bewerber übereinstimmend im Anschluss berichteten, habe es dabei keinen klaren Sieger gegeben. Aber die Erkenntnis, dass Genenger und Hopp, so unterschiedlich sie auch im Auftritt sind, durchaus für dieselben Werte stehen. „Es wird jetzt darauf ankommen, wer bei der Mitgliederversammlung die bessere Rede hält“, sagte ein früheres Vorstandsmitglied nach dem Abend.

Die Kandidaten Beim Sommerfest der CDU in Süchteln erklärte der Süchtelner Ortsbürgermeister Wolfgang Genenger seine Bereitschaft – nachdem ihm große Teile des aktuellen CDU-Vorstands um Sebastian Achten die Kandidatur angetragen hatten. „Wir haben ihn zuerst angesprochen, weil er als erster seine Bereitschaft zur Kandidatur erklärt hat“, sagte Achten. „Grundsätzlich haben wir ein offenes Verfahren, gibt der Parteivorstand keine Empfehlung ab.“ Der Wahl-Süchtelner Genenger – ursprünglich ist er ein Roahser Jong – trat während der ersten Kanzlerschaft Helmut Kohls in die CDU ein. Es war ausgerechnet der Schwiegervater seines jetzigen Konkurrenten Christoph Hopp, der ihn dazu brachte: Hans Fleuth arbeitete bei einer Wohnungsgesellschaft, Genenger brauchte eine Wohnung. Das klappte – und Genenger, ohnehin christdemokratisch orientiert, besaß nach entsprechender Ermunterung Fleuths fortan ein Parteibuch. Es gibt ein Video seiner Rede vom Sommerfest; auch Freunde sagen, es sei nicht sein stärkster Tag als Redner gewesen. Genenger, im Sommer- wie im Winterbrauchtum unterwegs, ist in Viersen bekannt wie ein bunter Hund, Mitglied im Festausschuss Süchtelner Karneval ebenso wie bei der St.-Notburga-Schützenbruderschaft. Seit 24 Jahren sitzt er im Rat, mit Ehefrau Stephanie ist er ein Vierteljahrhundert verheiratet, das Paar hat zwei erwachsene Kinder. Nach seiner Kfz-Mechaniker-Ausbildung wurde er Verwaltungsfachangestellter mit Befähigung für leitende Funktionen; wechselte dann zu Prangenberg & Zaum als Betriebsleiter Recycling, kam nach einer Phase der Umorientierung zur Kirchengemeinde St. Remigius, ist dort für Bau und Liegenschaften verantwortlich. Seit 15 Jahren ist Genenger Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung und Planung.

Bereits im vergangenen Jahr geriet Christoph Hopp ins Visier einflussreicher CDU-Mitglieder, darunter Landrat Andreas Coenen und die frühere Viersener Bürgermeisterin Marina Hammes. Der Leiter des Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasiums war damals zwar parteilos, verströmte aber dennoch - um das olfaktorische Bild zu benutzen - CDU-Stallgeruch: Sein verstorbener Vater Josef war Christdemokrat und stellvertretender Leiter eines Berufskollegs in Mönchengladbach und CDU-Kreisgeschäftsführer. Später wurde er zum Viersener Kulturdezernenten gewählt. Hopp selbst ist ebenfalls gut vernetzt in Viersen, sitzt im Vorstand des Rotary-Clubs Viersen-Schwalm-Nette. Als Schulleiter nimmt er auch an Sitzungen des Schulausschusses teil. Seit 26 Jahren ist er verheiratet, lebt mit seiner Frau in Dülken, hat seine Kindheit in Süchteln verbracht, arbeitet in Alt-Viersen. „Und in Boisheim gehe ich gerne spazieren“, sagte er, als er in der RP im September seine Kandidatur öffentlich machte. Die Entscheidung, zu kandidieren, machte er sich nicht leicht, begründete es mit dem Spaß, den es ihm bereite, „sein“ Gymnasium zu leiten. Jetzt studieren seine beiden erwachsenen Söhne. Und Hopp ist sich gewiss: Auch Bürgermeister zu sein, kann Spaß machen.

Ein Anruf bei der Bürgermeisterin. Welcher Herausforderer wäre ihr lieber? „Beide haben ihre Stärken“, sagt Sabine Anemüller diplomatisch.

Die Stärken Beide Bewerber haben unterschiedliche Charaktere. Zwei Dinge aber einen sie, auf die es ankommt: Beide wollen sich für ihre Stadt einsetzen und beide sind gut vernetzt. Das Bürgermeisteramt in seiner heutigen Form braucht Amtsinhaber, die die richtigen Menschen zusammenbringen. Diese Fähigkeit haben sowohl Genenger als auch Hopp.

Die Entwicklung Beim „Speed-Dating“ waren die Anhänger Hopps überrascht vom Auftritt Genengers. „Er hat so klar und akzentuiert gesprochen; man hatte fast den Eindruck, er habe sich schulen lassen“, sagte ein CDU-Mitglied. Dass es aus dem Unterstützerkreis Genengers beim Auftritt von Hopp einen Buh-Ruf gab, hat nicht nur das Hopp-Lager irritiert. „Das ist nicht die Art, wie wir in der CDU miteinander umgehen“, sagte ein CDU-Mitglied danach. Wer da „Buh“ gerufen hatte, ist noch nicht allzu lange in der CDU: Iris Kater. Die Frau, die der Gründungsversammlung von FürVie beiwohnte, mal kurz in der SPD war, auch bei der FDP anklopfte und bei der vergangenen Bürgermeisterwahl als unabhängige Kandidatin antrat, sorgte auch am Tag drauf für Verdruss in beiden Lagern, als sie auf ihrer Internetseite einen Bericht über den Abend veröffentlichte, der eher Genenger wohlgesinnt war – trotz der mit beiden Kandidaten abgestimmten Haltung des Parteivorstands, dass es sich um eine interne Veranstaltung handelt. „Unverschämt“, hieß es von Anhängern Hopps, „kontraproduktiv“ beim Lager von Genenger. Der, das ist kein Geheimnis, am liebsten auf das „Speed-Dating“ verzichtet hätte. Schließlich ist er in der CDU bereits bekannt. Hopp war es noch nicht.

Tief sitzt bei manchem CDUler die Sorge, dass nach dem Abend erneut ein Riss durch die Partei gehen könnte, wie vor fünf Jahren, als Paul Mackes, Ralf Robertz und Paul Schrömbges gegeneinander kandidierten. Es dauerte lange, bis die Gräben wieder halbwegs zugeschüttet waren. Schon wabern Gerüchte durch die Partei. Eines geht so: Die Junge Union wird geschlossen für Wolfgang Genenger stimmen. „Unsinn!“, sagt ein Mitglied der Jungen Union. „Hopps Söhne sind mit einigen von uns befreundet. Da ist nichts dran.“ Ein anderes geht so: Für den Fall, dass Genenger CDU-Bürgermeisterkandidat wird, übernimmt Iris Kater den Wahlkampf. „Dazu hat es nie ein Gespräch gegeben“, sagt der Parteivorsitzende Sebastian Achten. „Und die Entscheidung trifft nicht der Kandidat, sondern der Parteivorsitzende.“

Die Unwägbarkeiten Anders als bei der SPD sieht das CDU-Statut eine Briefwahl des Bürgermeisterkandidaten nicht vor. Die Frage wird also sein, wer der beiden Kandidaten mehr Anhänger zur Mitgliederversammlung zieht. Achten ist sich sicher, dass mehr als 200 CDU-Mitglieder in die Generatorenhalle kommen werden; vor fünf Jahren waren es rund 120. Die nächste Frage ist, welche Kriterien die Mitglieder bei ihrer Wahl anlegen. Geht es ihnen darum, ein verdientes Parteimitglied auf den Schild zu heben? Oder wollen sie strategisch wählen – ist das CDU-Parteibuch eher hinderlich, wenn man viele Viersener Stimmen auf den eigenen Bürgermeisterkandidaten vereinen möchte? Sabine Anemüller hatte ihre SPD-Mitgliedschaft im Wahlkampf nie groß herausgestellt.

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