Kommunalwahl im Kreis Viersen Wahlkampf in der Filterblase
Die Bürgermeisterkandidaten bringen sich in Stellung für die Kommunalwahl — coronabedingt vor allem digital. Was treiben sie bei Facebook, Instagram, Youtube & Co.? Eine Übersicht.
Des einen Like ist des anderen Freud’. Der Kommunalwahlkampf in den sozialen Medien war noch nie so entscheidend wie in diesem Jahr. „Den üblichen Präsenz-Wahlkampf kann es unter den Bedingungen der Corona-Pandemie nicht geben“, sagt Frank Gellen, CDU-Amtsinhaber und erneuter Bewerber in Brüggen. „Bei unserem Wahlkampf werden die sozialen Medien eine größere Rolle spielen, um den Menschen zu vermitteln, wofür man steht“, sagt Gellen. Ähnliches hört man allerorten im Kreis Viersen. Der Wahlkampf wird virtueller, facebookiger, youtubiger. Vielleicht sogar tiktokiger. Schöne neue Welt. Und wie sieht die konkret aus?
Viersen In Viersen ist Amtsinhaberin Sabine Anemüller (SPD) schon lange bei Facebook aktiv. Sie hat zwei Präsenzen: eine private, eine „amtliche“. Wie viele Freunde der Bürgermeisterin „Anemueller“ bei Facebook folgen, kann man nicht erkennen. Privat sind es mehr als 1400. Christoph Hopp von der CDU kommt auf mehr als 700 Freunde seiner Herausforderer-Präsenz, hat die aber auch erst vor einigen Wochen ans Netz gebracht. Dort berichtet er von seinem Vatertagsausflug mit der Familie, wünschte den muslimischen Mitbürgern zum Ende des Ramadan ein „gesegnetes Eid al-Fitr“ oder hat das Youtube-Video von dem Facebook-Live-Event eingestellt, als er mit CDU-Generalsekretär Paul Zimiak über das Thema Bildungspolitik sprach. Zu Ostern übermittelte Hopp via Video einen Gruß aus seinem Garten, lobte Bund und Land fürs Corona-Krisenmanagement und schwieg vielsagend zum Krisenmanagement der Stadt. Anemüller teilt häufig die Mitteilungen von „Viersen Rathaus“, aber beispielsweise auch von dem einen oder anderen Karnevalsverein. Häufig sind es bei beiden Kandidaten Parteifreunde, die den Beiträgen ein „gefällt mir“ geben; selten wird in Kommentaren Kritik geäußert. Ein Ort der Auseinandersetzung, des politischen Streits, sind die Präsenzen der Kandidaten nicht.
Schwalmtal In Schwalmtal hat CDU-Bürgermeisterkandidat Andreas Gisbertz bereits damit begonnen, über Facebook mit Bürgern in Kontakt zu treten. Er bot eine virtuelle Sprechstunde an. „Mit der Premiere bin ich durchaus zufrieden“, sagt er. Sein SPD-Herausforderer Heinz Josef Pascher will ebenfalls auf Facebook setzen – und die Wähler auch via WhatsApp erreichen.
Niederkrüchten In der Gemeinde Niederkrüchten hat der parteilose Bürgermeister Kalle Wassong keinen Gegenkandidaten. Eigentlich wollte er Hausbesuche anbieten. Das ist in Corona-Zeiten nicht möglich. So wird er über seine Webseite, die gerade überarbeitet wird, und Facebook für seine Wähler erreichbar sein. Dort ist Wassong schon lange aktiv, antwortet auf Anfragen von Bürgern häufig direkt. CDU-Fraktionschef Johannes Wahlenfeld bietet eine Video-Sprechstunde an. Mit der Jungen Union werden Podcasts produziert.
Nettetal In Nettetal ist Christian Wagner (CDU) noch in erster Linie als Bürgermeister in Corona-Zeiten unterwegs. Sohn Florian hat Wagner zu Instagram gebracht. Auf Facebook hat er 1150 Follower und schon im Wahlkampf 2014 gute Erfahrungen gemacht. Über Inhalte und Kanäle wird sich Wagner noch mit der CDU abstimmen. Bereits gut unterwegs in den sozialen Medien ist der Herausforderer der Ampel, Christian Küsters (Grüne). Eine Homepage ist gerade im Aufbau. Bürgernähe sei ihm wichtig, sagt er. Über Facebook-Kommentare oder E-Mail könne sich jeder beteiligen. Während die WIN-Fraktion momentan bei Facebook wenig aktiv ist, meldet sich Kay Gottschalk, AfD-Bürgermeisterkandidat mit knapp 5000 Facebook-Freunden, regelmäßig – allerdings bislang nicht zu Nettetaler Themen.