Kreis Viersen Schüler fit für Straßenverkehr machen

Kreis Viersen · Immer häufiger wollen Eltern ihr Kind nicht mit dem Rad zur Schule fahren lassen, weil es zu gefährlich ist. Die Polizei rät, den Schulweg immer wieder zu üben – Autofahrer sollten aufmerksamer unterwegs sein

 Kinder sind im Straßenverkehr besonders gefährdet. Die Polizei rät, mit ihnen den Schulweg gut zu üben, bevor sie allein zur Schule gehen oder radeln.

Kinder sind im Straßenverkehr besonders gefährdet. Die Polizei rät, mit ihnen den Schulweg gut zu üben, bevor sie allein zur Schule gehen oder radeln.

Foto: dpa/Ralf Hirschberger

Noch zehn Tage Ferien, dann geht die Schule wieder los. Eltern, die darüber nachdenken, das Kind in einigen Wochen vielleicht allein oder mit Freunden zur Schule zu schicken, sollten jetzt den Schulweg üben – und das immer und immer wieder.

Dazu rät die Polizei im Kreis Viersen, die im Jahr 2016 so viele Unfälle mit radelnden Mädchen und Jungen wie nie registrierte. In den Jahren zuvor war die Zahl der mit dem Rad verunglückten Kinder immer weiter angestiegen, 2016 erreichte sie den traurigen Höchststand von 77 Kindern. Im vergangenen Jahr verunglückten 60 Kinder, die mit dem Rad unterwegs waren.

Insgesamt verunglückten im vergangenen Jahr 120 Kinder im Kreis Viersen, 19 davon als Fußgänger, 40 als Mitfahrer im Auto. 20 bis 40 Prozent der Unfälle ereignen sich laut Polizei auf dem Schulweg. Die meisten Unfälle mit Nachwuchs geschehen dabei in dessen Wohnumfeld, nicht etwa vor der Schule – was damit zusammenhängen könnte, dass viele Autofahrer vor Schulen mit Kindern rechnen und deshalb aufmerksamer sind, vermutet Polizeihauptkommissar Martin Gennert von der Direktion Verkehr bei der Kreispolizeibehörde.

Besonders häufig geschehen Unfälle mit Radfahrern, wenn sie vom Gehweg auf die Straße wechseln und vom Autofahrer übersehen werden oder wenn ein Autofahrer abbiegt und dabei den Radfahrer nicht bemerkt, der weiter geradeaus auf dem Radweg fährt. Auch kommt es oft zu Zusammenstößen beim Abbiegen, wenn Radler den Radweg auf der falschen Fahrbahnseite benutzen.

Dennoch sollten Eltern ihre Kinder nicht aus dem Straßenverkehr heraushalten und immer mit dem Auto bringen, rät die Polizei. „In den vergangenen drei Jahren höre ich immer häufiger, dass Eltern sagen, mein Kind fährt nicht Fahrrad, das ist zu gefährlich“, sagt Gennert. Er ist seit 15 Jahren in der Verkehrsunfallprävention tätig, besucht Kitas und Schulen und erklärt Eltern bei Infoabenden, wie sie ihre Kinder im Straßenverkehr anleiten können.

Früher sei das undenkbar gewesen, heute komme es vor, dass Schüler erst im vierten Schuljahr Fahrradfahren lernten, sagt Gennert. Dann steht in der Schule zwar die Fahrradprüfung an, doch wer im vierten Schuljahr erstmals in die Pedale tritt, ist motorisch längst nicht so geschult wie ein Kind, das schon mit fünf oder sechs Jahren gelernt hat, auf dem Rad die Balance zu halten. Gennert: „Für Kinder ist es wichtig, Verkehrswirklichkeit zu erleben. Das geht nicht mit dem Kettcar auf dem Parkplatz.“

Es sei „der größte Fehler, Kinder aus der Verkehrssituation herauszuhalten, denn dann können sie gar kein Gefahrenbewusstsein entwickeln“, sagt auch Michael Okuhn, Leiter der Direktion Verkehr bei der Kreispolizeibehörde: „Wenn ich den Nachwuchs immer mit dem Auto bringe, nimmt er das Umfeld und den Verkehr nicht wahr und kann nicht lernen, sich richtig zu verhalten.“

Die Polizei rät daher, den Schulweg immer wieder zu üben. Dabei sollten Eltern prüfen, welcher Weg der beste sei, „manchmal ist der längere Weg sicherer“, sagt Okuhn. Wenn die Kinder schon allein unterwegs seien, sollten Eltern ihnen gelegentlich heimlich folgen, um zu prüfen, ob die vereinbarten Regeln eingehalten werden – auch dann, wenn andere Kinder dabei sind.

Üben Eltern mit Kindern das Fahrradfahren, dürfen sie mit auf dem Gehweg fahren. Gennert rät, das Kind vorfahren zu lassen, mit ihm aber einen Stopp-Ruf zu vereinbaren, den man im Notfall rufen kann, damit es anhält.

Um festzustellen, ob der Nachwuchs das Rad sicher beherrscht, können Eltern prüfen, ob er geradeaus fahren kann (also ohne Schlangenlinien), ob er einen Arm ausstrecken kann, um ein Abbiegen anzuzeigen, ob er klingeln, bremsen und Abstand zu Fußgängern halten kann und ob er in der Lage ist, um Notfall sofort zu bremsen – und nicht erst nach zehn Metern zum Stehen kommt. Auch sollte das Rad verkehrssicher sein und ein Körbchen für den Tornister haben.

Neben den Verkehrsregeln sollten Eltern auch erklären, dass sich nicht jeder Verkehrsteilnehmer an die Regeln hält. Wer zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs ist, muss deshalb besonders gut aufpassen. „Der Radfahrer müsste immer passiv fahren“, sagt Okuhn, „er hat keine Knautschzone.“ Deshalb sollte der Radler vor dem Überqueren einer Straße immer gucken, ob der Autofahrer ihn gesehen hat und anhält. Mit Blick auf den Schulanfang appelliert Gennert daher an Eltern: „Übt bitte.“ Und an Autofahrer: „Nehmt euch mehr Zeit. Und rechnet damit, dass Kinder im Straßenverkehr Fehler machen.“

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