Viersen Von Pardesia nach Viersen

Viersen · Eine Woche lang leben 16 Schüler aus der israelischen Partnerstadt bei Gastfamilien in Viersen. Drei von ihnen erzählen, wie sich beide Städte unterscheiden und was ihnen die Reise nach Deutschland bedeutet

 Viersens stellvertretender Bürgermeister Hans-Willy Bouren (links) begrüßte die Gruppe aus Pardesia und ihre Gastgeber vom Albertus-Magnus-Gymnasium gestern im Stadthaus.

Viersens stellvertretender Bürgermeister Hans-Willy Bouren (links) begrüßte die Gruppe aus Pardesia und ihre Gastgeber vom Albertus-Magnus-Gymnasium gestern im Stadthaus.

Foto: Knappe

Viel hat Amit Shacham von Viersen noch nicht gesehen. Am Donnerstagabend ist die 16-Jährige angekommen, übernachtete bei ihrer Gastfamilie - jetzt ist es Freitagvormittag, sie sitzt an einem Tisch im Viersener Stadthaus, eben hat der stellvertretende Bürgermeister Hans-Willy Bouren (CDU) seine Begrüßung beendet. "Es ist irgendwie ironisch", sagt sie. "Mein Großvater ist ein Holocaust-Überlebender und jetzt bin ich hier zum Schüleraustausch."

Amit Shacham ist eine von 16 Jugendlichen, die für eine Woche in Viersen bei Gastfamilien leben. Sie nimmt an einem Austauschprogramm der Partnerstädte Viersen und Pardesia teil. Vor ein paar Wochen waren 16 Schüler des Albertus-Magnus-Gymnasiums Dülken in Israel, jetzt sind die Schüler der Dror School in Pardesia am Niederrhein zu Besuch. "Es ist so wichtig, seine Vergangenheit zu kennen", sagt Amit Shacham. Doch etwas anderes ist genau so wichtig, da stimmt sie ihrer Mitschülerin Danielle Achrak zu: "Wir müssen nach vorne schauen und uns besser kennenlernen." Dafür eignet sich ein Schüleraustausch sehr gut, darauf verwies auch Hans-Willy Bouren in seiner Rede: "Durch das Austauschprogramm könnt ihr einen aktuellen und vielseitigen Einblick in das jeweils andere Land gewinnen und einander kennen- und verstehen lernen." Persönliche Beziehungen aufzubauen und Erfahrungen zu teilen, "kann eine Brücke zwischen Menschen und Kulturen bauen", ergänzte Judit Lis, die als Vertreterin der Verwaltung von Pardesia die Schüler begleitet.

Danielle Achrak ist zum ersten Mal in Deutschland. "Es ist seltsam, hier zu sein", sagt die 16-Jährige. Für sie wie für viele andere Jugendlichen in Israel sei der Holocaust immer noch ein wichtiges Thema. Ihre Reise nach Deutschland sieht sie als Chance, "für mich den Kreis zu schließen, einen Abschluss zu finden". Doch Danielle Achrak wird sich natürlich nicht ausschließlich mit der Vergangenheit beschäftigen, dafür hat sie auch gar keine Zeit. Die Schüler haben einen vollen Terminplan, auf ihrem Programmzettel stehen zum Beispiel ein Besuch bei der Billard-WM in der Festhalle und ein Bummel durch die Galerie im Park, eine Kurzreise nach Berlin, Ausflüge nach Köln und nach Aachen. Mit dabei sind immer auch 16 Schüler des Albertus-Magnus-Gymnasiums, ein paar Lehrer und zwei Vertreter der Stadt Pardesia. Auf Berlin freue sie sich ganz besonders, erzählt Danielle Achrak.

Zwar ist sie noch nicht lange in Viersen, doch schon jetzt fühlt sie sich beinahe geborgen: "Ich mag das Wetter hier, und meine Gastfamilie ist so herzlich." Auch Shai Katz gefällt es hier. Drei Jahre lebte er mit seiner Familie in der Nähe von München, sein Vater hatte dort eine Arbeitsstelle. "In Deutschland fühle ich mich zu Hause", sagt der 16-Jährige. Pardesia unterscheide sich sehr von Viersen: "Es ist wie ein großes Dorf mit 8000 Einwohnern".

Danielle Achrak und Amit Shacham haben ebenfalls Unterschiede festgestellt: In Viersen gibt es mehr Geschäfte und Einkaufszentren, in Pardesia eher Farmen und Felder. Anders als das Albertus-Magnus-Gymnasium, hat die Dror School keine Schulglocke. Das Schulgebäude sei viel offener, erzählen die drei, der Kontakt zu den Lehrern vertrauter. "Wir nennen sie bei ihren Vornamen", sagt Amit Shacham - auch das kann also eine Brücke bauen.

(RP)
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