Zu Besuch auf Damensitzung in Viersen Mannhaft unter feiernden Frauen

VIersen · Wie feiern wohl Frauen Karneval, wenn sie bei einer Damensitzung unter sich sind? Männern, die sich das schon immer gefragt haben, geben wir heute die Antwort. Unser Autor Sven Witthake hat sich in die Höhle der Party-Löwinnen gewagt und die Damensitzung der KG Hamm wer net besucht. Hier sein Expeditions-Bericht.

 Stimmung von der ersten Sekunde an: Fünf Stunden lang mit Vollgas feiern war bei der Damensitzung der KG Hamm wer net kein Problem.

Stimmung von der ersten Sekunde an: Fünf Stunden lang mit Vollgas feiern war bei der Damensitzung der KG Hamm wer net kein Problem.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Ein wenig nervös bin ich schon auf den letzten Metern zum Evangelischen Gemeindehaus in Viersen. Vom Parkplatz sind es nur ein paar Schritte bis zum Eingang, wo schnell klar wird: Hier ist man als Mann klar in der Unterzahl. Nur Frauen, die vor Beginn der Damensitzung der KG Hamm Wer Net nochmal ein paar Mal an ihren glühenden Zigaretten ziehen. Wer muss hier aufgeregt sein, die Damne oder ich?

Zuerst will man mich am Eingang gar nicht in den Saal lassen. Um Missverständnisse zu vermeiden, stelle ich mich kurz vor und dann bin ich ein paar Schritte weiter mitten in einer Meute in totaler Feierlaune.   Die Frauen aus Alt-Viersen lassen es schon vor Beginn der Damensitzung krachen. Kaum ein Platz ist leer. Das Bier fließt in Strömen. Und natürlich auch eine Menge Sekt.

Die KG Hamm wer net zieht pünktlich um 19.11 Uhr mit Helau-Rufen in den Saal ein. Aber da geht wohl noch mehr an diesem Abend. Moderator und Präsident Michael Berghausen will die Meute schon am Anfang des Abends ausrasten sehen. Deshalb will er hören, wie sich die weibliche Schar in Ekstase anhört. Auf Kommando brechen alle Dämme und die 400 Frauen schaffen locker gefühlte 130 Dezibel an Geräuschkulisse. Das kommt einem Düsenjet nahe.

Ich lasse mich aber so schnell nicht einschüchtern. Ich tue einfach so, als würde mich das alles nicht interessieren. Schließlich bin ich schon in etlichen Fußballstadien gewesen. Das weibliche Publikum dreht weiter kräftig auf. 1:0 für die Heim-Mannschaft, sage ich mir leise. Zum Teil steht die tanzwütige Truppe aus Alt-Viersen schon bei der ersten Band „De Kloetschkoepp“ auf den Stühlen. Wer schlapp macht, futter eine Currywurst. Und dann wird weiter das Gemeindehaus gerockt.

Auch nach einer knappen Stunde zeigen die kostümierten Jeckinnen keine Ermüdungserscheinungen. Langsam haben mich die schunkelnden und singenden Damen ein wenig mit dem Stimmungsvirus angesteckt, obwohl ich weiß, dass ich hier eigentlich nichts zu suchen habe. Nur mein Job hat mir die Tür geöffnet.

Dann endlich ein paar Männer außer mir im Blickpunkt: Die Prinzengarde und das Viersener Prinzenpaar Lothar II. und Regina I. ziehen in den Saal ein – und zeigen beide, dass sie beim Tanzen eine gute Figur abgeben. Als ich zwischendurch mal auf die Toilette muss, habe ich es einfach das Ziel zu finden. Eine lange Schlange vor der ersten Toilette weist mir den Weg zu den Herren: Einfach zur nächsten Tür gehen. Da bin ich dann auch alleine. Ich kann mich nicht erinnern, wann das bei einer Veranstaltung schon mal so gewesen ist. Woran das liegt, sagt mir Bianca später, die mit ihren teuflischen Schwestern im Satanskostüm feiert: „Die Männer saufen ja viel mehr als wir Frauen. Wir singen und tanzen dafür lieber.“

Eine Karaoke-Show lässt die hitzige Horde weiter Gas geben. Und sie zeigt, dass sie nicht nur bei Karnevalssongs textsicher ist. Für ordentlich Applaus sorgt dann jeder Mann, der auf der Bühne auftritt. Geht wohl doch nicht ohne, denke ich mir.

Bei der Band „Hätzblatt“ sind dann auch die Damen im Kuh-Kostüm links von mir, so richtig warmgelaufen. Das Dutzend ist eine eingeschworene Feiergemeinschaft. Und das weiß man auch. „Wir sind keine blöden Kühe. Außerdem können wir auch unter uns besser feiern als Ihr Männer“, muss ich mir anhören. Ich mache mich auf einen langen Abend gefasst.

Nach knapp fünf Stunden ist der fast männerlose Spuk dann vorbei. Kurz vor Mitternacht sammeln sich auch die „Stinktiere“ in entsprechenden Kostümen im Foyer. Und da planen nicht nur die Skunks alles andere als stinkig den weiteren Abend. Die meisten wollen weiterfeiern. Und zwar da, wo auch Männer sind. Schließlich suchen einige noch einen Partner. Ich bin kurz davor, Bierdeckel mit meiner Handynummer zu verteilen. Aber das lasse ich dann mal. Ich bin ja nur wegen meines Jobs da. Ich gehe jetzt nach Hause, die meisten der Ladies in eine der umliegenden Kneipen.

Höchstwahrscheinlich war dies nicht die letzte Damensitzung der KG Hamm Wer Net. Warum es die einzige Veranstaltung dieser Art in Viersen ist, ist mir ein Rätsel.

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