Beschluss in Viersen Hausbewohner können Stolpersteine nicht mehr verhindern

Viersen · In Viersen dürfen ab sofort Stolpersteine auch verlegt werden, wenn Hauseigentümer die Gedenksteine an die NS-Opfer auf dem Bürgersteig vor ihrer Haustür ablehnen.

 Stolpersteine in Vierse-Dülken am Hühnermarkt.

Stolpersteine in Vierse-Dülken am Hühnermarkt.

Foto: Martin Röse/Jana Bauch

Der Stadtrat kassierte am Dienstagabend seinen entsprechenden Beschluss aus dem April – nachdem bei einem Bürgerbegehren gut 5800 gültige Unterschriften gegen das Veto-Recht der Hauseigentümer zusammengekommen waren.

Als Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) nach geheimer Abstimmung das Ergebnis verlas, brandete Jubel im vollbesetzten Sitzungssaal auf, applaudierten die zahlreichen Zuhörer im „Forum“: „35 Ja-Stimmen!“ Für die Beibehaltung des Vetorechts votierten 14 Ratsmitglieder, zwei enthielten sich. Bei der Ratssitzung im April hatten sich 25 Politiker gegen das Veto-Recht ausgesprochen, 27 stimmten dafür. Die CDU, die damals geschlossen für das Veto-Recht stimmte, hatte am Dienstag für ihre Ratsmitglieder den Fraktionszwang aufgehoben und geheime Abstimmung beantragt.

 Uwe Micha, Initiator der Stolpersteine, freut sich nach der Abstimmung: „Jetzt können wir alle 26 Gedenksteine in Süchteln verlegen!“

Uwe Micha, Initiator der Stolpersteine, freut sich nach der Abstimmung: „Jetzt können wir alle 26 Gedenksteine in Süchteln verlegen!“

Foto: Martin Röse

Uwe Micha, der Spendengelder für die Stolperstein-Verlegung in Süchteln gesammelt hatte und die Initiative „Stolpersteine für Viersen – ohne Wenn und Aber“ mitgründete, erklärte nach der Ratssitzung: „Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Jetzt können wir in Süchteln alle 26 Stolpersteine verlegen.“ Anfang Dezember sollen die ersten Gedenksteine für NS-Opfer von Künstler Gunter Demnig vor den Wohnsitzen in Süchteln installiert werden. Der Abstimmung war eine lebhafte Debatte vorausgegangen. Mirko Danek begründete stellvertretend für die Initiative den Antrag auf Abschaffung des Veto-Rechts: „Wir sind der Meinung, dass die Mahn- und Gedenkfunktion der Stolpersteine von stärkerem allgemeinen Interesse sind als das Individual-Interesse der aktuellen Eigentümer. Stolpersteine werden im öffentlichen Raum verlegt. Dieser Raum ,gehört’ allen Bürgern, nicht den Hauseigentümern der angrenzenden Immobilien.“

Die Initiative habe keine Überzeugungsarbeit bei den Bürgern leisten brauchen, erklärte Danek. „Die Bürger waren schon überzeugt.“ Frank a Campo (FDP) erläuterte, warum die Freien Demokraten für das Veto-Recht votierten. Er zitierte die ablehnende Haltung der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, zu „Stolpersteinen“ („unwürdiges Gedenken im Straßenschmutz“) und erklärte: „Ich bin für das Gedenken, auch für das verortete Gedenken. Aber diese ,Steine im Straßenschmutz’ lehne ich ab.“

Den Verlauf der Ratssitzung finden Sie zum Nachlesen hier.

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