Corona im Kreis Viersen Jazz-Trompeter Till Brönner: „Ich bin ziemlich sauer“

Viersen · Die Auswirkungen der Corona-Beschränkungen treiben den Jazz-Trompeter um. Der gebürtige Viersener sagt: „Wie kann man einzelnen Konzernen Milliarden in den Vorgarten werfen und der Veranstaltungsbranche Arbeitslosengeld II anbieten?“

 „Wir Musikkünstler sind weder arbeitslos, noch hatten wir vor Corona ein Nachfrageproblem“, sagt Till Brönner.

„Wir Musikkünstler sind weder arbeitslos, noch hatten wir vor Corona ein Nachfrageproblem“, sagt Till Brönner.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Der aus Viersen stammende Till Brönner gilt als führender Jazz-Trompeter Deutschlands, arbeitet auch als Fotograf. Beim Jazz-Festival stand er mehrfach auf der Bühne. Die Auswirkungen der Corona-Beschränkungen treiben den Künstler um.

Bei Facebook veröffentlichte der 49-Jährige ein Video; wir dokumentieren Ausschnitte seiner Aussagen.

„Ich bin ziemlich sauer. Seit Monaten schaue ich mir nicht nur an, wie eine ganze Branche durch Corona lahmgelegt wird, sondern erlebe auch, wie auffällig übervorsichtig sich Bühnenkünstler auch nach acht Monaten zu dieser Misere äußern – obwohl ihre Existenz fundamental auf dem Spiel steht ... Hier geht es nicht um ,Selbstverwirklicher’, die in ihrer Eitelkeit gekränkt sind. Es geht um uns alle. Und es geht um Geld, viel Geld. Ich bin Künstler, aber ich bin auch Arbeitgeber, Familienvater und Leistungsträger einer Nation, die sich auch selbst gern ,Das Land der Dichter und Denker’ nennt.  Ich konzertiere seit Jahren weltweit, und ich empfinde mich zusammen mit vielen Kollegen auch als Botschafter eines Landes, das seit hunderten von Jahren als Mutterland und Vorreiter vieler Künstler angesehen und verehrt wird.

Vor diesem Hintergrund ist es umso skandalöser, welch’ unrühmlichen Schauspiel wir gerade beiwohnen müssen: zu sehen, wie unsere Wirtschaft seit Ausbruch der Pandemie in systemrelevante und systemirrelevante Berufe unterteilt wurde, habe ich zunächst für eine reine Sicherheitsmaßnahme gehalten ...

Im Sommer landeten die ersten Anrufe von Kollegen bei mir, die sich vorsichtig erkundigten, ob es bei mir auch so mau aussähe. Ich spreche von Musikern, Toningenieuren, Lichttechnikern, Caterern, Bühnenbauern, Busfahrern, Beschallungsfirmen, Klubbesitzern, Agenturen und lokalen Hallenbetreibern ... (In der Veranstaltungsbranche arbeiten) weit über 1,5 Millionen. Menschen, deren Broterwerb am Tag 1 nach der Pandemie abgeschaltet wurde. Ein Wirtschaftszweig mit einem Gesamtumsatz von über 130 Milliarden Euro ...

Wir alle wollen uns schützen und geschützt werden vor diesem verdammten Virus. Aber wenn ein Berufszweig per Gesetz gezwungen wird, seine Arbeit zum Schutz der Allgemeinheit ruhen zu lassen, dann muss doch die Allgemeinheit dafür sorgen, dass diese Menschen nach Corona noch da sind ...

Wie kann man einzelnen Konzernen Milliarden in den Vorgarten werfen und der Veranstaltungsbranche Arbeitslosengeld II anbieten? Wir Musikkünstler sind weder arbeitslos, noch hatten wir vor Corona ein Nachfrageproblem.“

(mrö)
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