Neues Buch des Vereins für Heimatpflege „Heimatfront – Der Erste Weltkrieg und seine Folgen für Dülken“

Dülken · Im neuen Buch des Vereins für Heimatpflege Viersen geht Autor Gunnar Schirrmacher darauf ein, wie die Menschen den Ersten Weltkrieg in Dülken erlebten. Und er beantwortet Fragen, die erst mal irritieren.

 Das Bild zeigt Schüler der Südschule bei der Altpapiersammlung. Neben Papier und Lebensmitteln waren Schuhe, Kleidung und Kohle knapp.

Das Bild zeigt Schüler der Südschule bei der Altpapiersammlung. Neben Papier und Lebensmitteln waren Schuhe, Kleidung und Kohle knapp.

Foto: Verein für Heimatpflege

Wieso war in der Zeitung  „Sprecher am Niederrhein“ zu lesen, die Dülkener sollen im Winter mit den Hühnern ins Bett gehen? Weshalb zeigte die Kirchturmuhr von St. Cornelius lange die belgische Zeit an? Und warum war der Dülkener Bürgermeister Franz Wilhelm Lürken länger als einen Monat im belgischen Gefängnis in Krefeld inhaftiert? Was hatten die Menschen zu essen? Diese und viele weitere Fragen, die das Leben in Dülken während des Ersten Weltkriegs und in den Jahren danach betreffen, beantwortet Historiker Gunnar Schirrmacher im neuen Buch des Vereins für Heimatpflege Viersen. „Es geht um den Zeitraum von 1914 bis 1934“, sagt der 70-Jährige. Denn auch, wenn der Krieg 1918 beendet war – „die Folgen des Krieges waren noch lange festzustellen“.

„Heimatfront – Der Erste Weltkrieg und seine Folgen für Dülken“ heißt das neue Buch. Der Heimatverein gibt es als Band 48 der Schriftenreihe „Viersen – Beiträge zu einer Stadt“ heraus. In sechs Kapiteln geht Schirrmacher unter anderem auf die Situation der in Dülken stationierten und der Dülkener Soldaten ein, auf Gemeinschaftsaktionen, auf Mangel und Hunger, die Wut der Arbeiterbevölkerung, auf Propaganda, Schleichhandel und Besatzung. „Mit dem Ersten Weltkrieg beschäftige ich mich schon seit meinem Geschichtsstudium in den 1970er Jahren“, erzählt der Historiker. „Aber die konkrete Arbeit an diesem Buch hat dreieinhalb Jahre gedauert.“

 Schulspeisung für Schüler der Südschule, links mit Hut ist der damalige Rektor Müller zu sehen.

Schulspeisung für Schüler der Südschule, links mit Hut ist der damalige Rektor Müller zu sehen.

Foto: Verein für Heimatpflege

Zwar konnte Schirrmacher leicht auf viele Quellen zurückgreifen, in denen er allgemeine Informationen zum Beispiel über die Vorgeschichte des Krieges, die Kriegsschuld und die militärischen Ereignisse fand. „Aber es gab wenig Informationen über das Leben der Dülkener und in Dülken in diesen Jahren“, sagt er. „Man weiß ganz grob, dass die Bevölkerung zeitweise wenig zu essen hatte und dass es den sogenannten Steckrübenwinter gab.“ Schirrmacher wollte mehr erfahren. Er recherchierte im Kreisarchiv, las alte Zeitungen, sichtete Akten, befragte Privatleute. Die Dülkener Sammler Karl Giesen und Helmut Schnorr gewährten ihm Zugang zu ihren Dokumenten wie Zeitungen, Postkarten, Werbeanzeigen und Fotos. „Ohne diese beiden Herren wäre diese Arbeit gar nicht möglich gewesen“, betont der Autor. Albert Pauly, Vorsitzender des Vereins für Heimatpflege, bekräftigt, dass die Beiträge aus den Sammlungen der beiden eine Bereicherung für das Buch seien.

 Autor Gunnar Schirrmacher mit dem Muster-Buch.

Autor Gunnar Schirrmacher mit dem Muster-Buch.

Foto: Nadine Fischer

336 Seiten umfasst das Werk. „Bisher haben wir nur ein Muster“, sagt Pauly. Aber noch am Freitag sollten die verkaufsfertigen 500 Exemplare vom Buchdrucker abgeholt werden, am Montag sollen sie unter anderem im örtlichen Buchhandel zum Stückpreis von 23 Euro verfügbar sein. Mit Blick auf aktuell hohe Herstellungskosten sei dies nur mit der Unterstützung von Sponsoren wie der Volksbank realisierbar gewesen.

 „Gutschein über Fünf Millionen Mark“: Ein Notgeldschein der Dülkener Sparkasse während der Inflation 1922/23.

„Gutschein über Fünf Millionen Mark“: Ein Notgeldschein der Dülkener Sparkasse während der Inflation 1922/23.

Foto: Verein für Heimatpflege

Wer vor Weihnachten durch das Buch blättert, kann noch vor dem Fest vergleichen, wie sich die Festtagsessen damals und heute unterscheiden. Denn Schirrmacher hat bei seiner Recherche Rezept-Tipps aus der Nachkriegszeit gefunden.  Zum Beispiel für Sperlingssuppe – Sperlinge galten damals als Plage. „Dieses Festtagsrezept verrät uns mehr als Propaganda, Durchhalteparolen und lustige Postkarten, die den Hunger verharmlosten“, sagt er. „Aber es mangelte nicht nur an Nahrung, sondern auch an Schuhen, Kleidung, Papier und Kohle für Heiz- und Beleuchtungszwecke, sodass man von einer Gas-Kalamität sprach“, ergänzt der Historiker. Und so habe es in der Presse nur den Rat gegeben: „Geht mit den Hühnern schlafen!“

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