Engagiert und geehrt Der Mann mit Hut aus Dülken

Viersen-Dülken · In Dülken ist er im Kultur- und Ehrenamtsbereich eine Institution. Bekannt ist er auch für seine Leidenschaft, die Musik. Was Mister Grammophon in all den Jahren erlebt hat, wie alles begann und was ihm wichtig ist.

Volkmar Hess in mitten seiner Grammophonsammlung.

Foto: Maren Kaster

Er ist Familienvater, Hobbykoch, Museumsbetreiber, gelernter Schlossermeister. Er ist der Mann mit Hut. Manch einer verbindet ihn mit Boogie-Woogie, ob auf dem Alten Markt oder im Supermarkt. Wieder andere denken bei seiner Person an das Ehrenamt und Engagement im Allgemeinen. Doch die meisten Dülkener kennen ihn wohl unter Namen wie Mister Grammophon oder klassisch und wie er geboren wurde: Volkmar Hess.

Vergangene Woche überreichte Bürgermeisterin Sabine Anemüller ihm die Stadtplakette in Bronze. Ob er damit gerechnet hatte? „Überhaupt nicht“, sagt der 66-Jährige und lächelt. „Das war eine tolle Überraschung.“ Doch wie kam es zu alle diesen Besonderheiten, die in seiner Persönlichkeit zusammenkommen?

Die Liebe zur Musik entdeckte Volkmar Hess früh. Bereits als Jugendlicher begeisterte er sich für Musik abseits des Mainstreams. „Während andere Red Zeppelin hörten, hatte ich ein Fable für Jazz und Country“, sagt er. Als er zu seiner Tante in den Odenwald zog, um dort seine Ausbildung zu beginnen, fand er bei ihr auf dem Dachboden alte Schellackplatten seines Großvaters. Die Faszination war groß und der Wunsch, ein eigenes Grammophon zu besitzen, wuchs. „Mein erstes Grammophon kaufte ich schließlich im Antiquitätengeschäft Janissen, hier in Viersen“, sagt Hess. „Das ist lange her; heute gibt es das Geschäft nicht mehr.“

Auch das Wohnzimmer von Volkmar Hess wird von Grammophonen mit eindrucksvollen Trichtern geschmückt.

Foto: Maren Kaster

Und noch etwas anderes hat sich verändert: Mister Grammophon wird Volkmar Hess schließlich nicht ohne Grund genannt. Heutzutage besitzt er etwa 500 der mechanischen Vorläufer des Plattenspielers. Viele von ihnen stehen bei ihm zu Hause, weshalb er es auch liebevoll „das Haus des nostalgischen Klangs“ nennt. Eindrucksvoll schauen einem die Klangtrichter in unterschiedlichen Farben und Größen aus mehreren Räumen entgegen. Befestigt an einer Konstruktion, die zumindest von außen betrachtet hauptsächlich aus Holz besteht, an dessen Verzierungen man noch die Möbelstile vergangener Zeiten ablesen kann. „Jedes von ihnen zeigt, wie die Generationen vor uns Musik konsumiert haben“, sagt Hess. Immerhin enthält seine Sammlung Stücke von 1895 bis 1960.

2005 kam es zu einer Ausstellung seiner Sammlung im Schloss Rheydt und dann eine weitere in Dormagen. Das führte schließlich dazu, dass Hess ein Museum eröffnete, in dem bis heute ein großer Teil seiner Sammlung Platz findet. „In Dormagen steht unter anderem auch das erste Mischpult der Kölschrockband BAP“, sagt Hess.

Auch dieses Grammophon von 1902 gehört zu Hess Sammlung.

Foto: Maren Kaster

Heute restauriert Hess Grammophone. „Mein Sohn sagte damals, als er 14 Jahre alt war, zu mir, dass er glaube, die Adresse www.grammophon.de könne mal wichtig für mich werden“, sagt Hess. Er sollte recht behalten. Ein Glück, dass er sie damals gleich reservierte: Denn heute finden sich dort alle Infos zu Veranstaltungen, Reparatur und dem Museum. So kam auch ein sogenannter sprechender Brief bei Hess an. „Der Besitzer hatte Kontakt zu mir aufgenommen und sagte mir, es sei ein Brief seines Vaters, der im Krieg gefallen ist“, sagt Hess. „Er habe keine Möglichkeit, ihn abzuspielen und bat mich darum.“ Als Hess die Platte auflegte, stellte sich heraus, dass es sich um einen Liebesbrief handelte. „Vor allem mit dem Wissen, dass dieser Mann es nicht nach Hause geschafft hat, fand ich es wirklich tief berührend.“ Er habe die Aufnahme digitalisiert, sodass der Sohn des Sprechers sie ebenfalls hören konnte.

Durch die Ausstellung in Dormagen sei Hess auf die Ehrenamtskarte dort aufmerksam geworden, was ihn wiederum zu einem Dankeskonzert für die Ehrenamtler in Viersen inspiriert hätte. Und darin schlägt sich die zweite große Sache nieder, die den Charakter dieses Mannes mit Hut ausmacht: sein soziales Engagement. „Es liegt mir zum einen am Herzen, den Menschen eine schöne Zeit zu schenken und zum anderen möchte ich auch denen etwas geben, die es dringend brauchen.“

Gekonnt verband er seine Leidenschaft zur Musik mit sozialen Events: Über die Jahre entstanden diverse Tanzveranstaltungen wie die Social-Dance-Veranstaltungen auf dem Alten Markt oder Dancing Dülken im Edeka direkt neben der Fleischtheke. Seit Jahren setzt er sich zudem immer wieder für das Robin Hood Café ein, wo er seit 2017 Ehrenmitglied ist. Das Wichtigste und wie er selbst sagt „ein Markenzeichen“ seiner Veranstaltungen: Sie sind kostenlos. „Gewissermaßen erwarte ich dann aber, dass auf andere Art und Weise etwas zurückgegeben wird“, sagt er. Denn wenn sein Hut nicht gerade auf seinem Kopf sitzt, wandert er umher und sammelt Spenden für den guten Zweck. Ob Fördervereine von Schulen oder eben an den von Robin Hood – die guten Zwecke gehen Hess nicht so schnell aus.

Für sein Engagement erhielt er die goldene Ehrennadel, die goldene Stadtmünze, vergangenes Jahr sogar die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und nun also die Stadtplakette in Bronze. Unterdessen erinnert sein erstes Grammophon daran, wie alles begann. Es steht bis heute in seinem Wohnzimmer.