17-jährige Tornado-Retterin Die Heldin von Schwalmtal

Viersen · Ein schwerer Ast stürzt während des Tornados in Viersen auf einen Mann. Alina Libudda zögert nicht: Sofort rennt sie auf die Straße und hilft dem Verletzten. Dass sie wenig später selbst auf der Intensivstation landet, ahnt die 17-Jährige nicht.

 Der Tornado in Viersen zerstörte viele Autos. In diesem Beispiel wurde die Windschutzscheibe von einem Ast durchbohrt.

Der Tornado in Viersen zerstörte viele Autos. In diesem Beispiel wurde die Windschutzscheibe von einem Ast durchbohrt.

Foto: dpa/David Young

Zwei Menschen wurden bei dem Tornado verletzt, der am Mittwoch in Viersen wütete: Ein 23-jähriger Autofahrer, der unter einem Ast eigeklemmt war - und seine Helferin Alina Libudda. Zuerst hieß es, ein Feuerwehrmann sei bei der Rettung des Autofahrers verletzt worden. Tatsächlich handelte es sich um die 17-Jährige, die zwar bei der Freiwilligen Feuerwehr mit anpackt, während des Sturms aber gar nicht im Einsatz war. Sie wohnt zufällig direkt am Unfallort in Schwalmtal.

Es ist kurz vor 18 Uhr am Mittwochabend. Alina Libudda sitzt mit ihren Eltern und Großeltern im Esszimmer. Draußen tobt der Wirbelsturm. Sie schaut aus dem Fenster und sieht, wie ein Baum auf ein Auto fällt. Ein Mann steigt aus dem Wagen. „Dann ist auf ihn ein dicker Ast gekippt“, sagt die 17-Jährige unserer Redaktion. Libudda, die seit ihrem zwölften Lebensjahr bei der Freiwilligen Feuerwehr ist, wird sofort klar: Sie muss helfen.

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Foto: RP/Knappe, Jörg (jkn)

Autofahrer verliert das Bewusstsein

Sie rennt auf die Straße. Ihr Vater ruft den Rettungsdienst. Libudda stabilisiert den Kopf des blutenden Mannes. „Immer wieder hat er das Bewusstsein verloren“, sagt Libudda. Zusammen mit ihrer Mutter, die Arzthelferin ist, verarztet sie den 23-jährigen Autofahrer. „Um uns herum standen Passanten“, sagt Libudda, die selbst gerade eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten macht „Alle waren total aufgeregt. Für mich war es einfacher, ruhig zu bleiben. Schließlich gehört das zu meinem Beruf. Ich habe dann zusammen mit meinen Eltern Aufgaben verteilt, damit alle beschäftigt sind.“

Libuddas Vater, der auch bei der Freiwilligen Feuerwehr ist, versucht, mit einer Handsäge den Ast zu entfernen. Währenddessen reden Alina und ihre Mutter dem 23-Jährigen zu. „Er hatte Luftprobleme, weil der Ast so schwer war“, sagt die 17-Jährige. Der Rettungsdienst kommt nur schwer an den Verletzten heran, die ganze Straße ist voller umgestürzter Bäume. „Die Situation war total chaotisch“, sagt Vater Roland Libudda.

Dann will Alina Libudda schauen, ob in den anderen parkenden Autos auch noch Menschen sitzen, die vielleicht Hilfe brauchen. „Überall lagen Äste, Blätter und Bäume, alles war nass vom Regen“, sagt sie. „Ich bin an den Autos entlang gegangen. Plötzlich habe ich einen Widerstand gespürt. Ich habe aber keine Stromleitung gesehen.“ Die Bäume müssen durch den Tornado beim Herunterstürzen die Leitung mitgerissen haben - das Kabel liegt auf dem Boden, Libudda erleidet einen heftigen Stromschlag. „Es war ein komisches, unangenehmes Gefühl, als der Strom durch mich floss. Es hat aber nicht weh getan“, sagt Libudda. „Ich war nicht bewusstlos. Danach ging es mir recht gut, aber ich musste natürlich trotzdem ins Krankenhaus.“

Eine Nacht auf der Intensivstation

Die EKG-Werte fallen nicht so gut aus. So muss die 17-Jährige in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag auf der Intensivstation zur Beobachtung bleiben. Seit Donnerstag ist sie wieder zuhause, muss sich ausruhen. Am Freitag geht es wieder zur Kontrolle ins Krankenhaus. Doch der Stromschlag hat wohl keine bleibenden Schäden angerichtet.

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