Jazzfestival Zwiesprache mit Trompete

Am Samstag bestritten Till Brönner und Dieter Ilg den Hauptact im großen Festsaal. Ihr Programm „Nightfall“ ist eine Liebeserklärung an den Jazz

 Heimspiel für Star-Trompeter Till Brönner. Er wurde in Viersen geboren und verbrachte dort seine drei ersten Lebensjahre. In Viersen kann er sich daher auf ein dankbares Publikum verlassen.

Heimspiel für Star-Trompeter Till Brönner. Er wurde in Viersen geboren und verbrachte dort seine drei ersten Lebensjahre. In Viersen kann er sich daher auf ein dankbares Publikum verlassen.

Foto: Knappe, Jšrg (jkn)

Als Till Brönner und Dieter Ilg die Bühne betraten, war die Festhalle zum Bersten voll. Dann wurde das Licht ausgemacht, und nur wenige Scheinwerfer setzten die beiden Musiker ins rechte Licht. Es setzte ein intensives Zwiegespräch zwischen zwei Spitzenkräften des deutschen Jazz ein, zwischen dem virtuosen Trompeter Till Brönner und dem Freiburger Bassisten Dieter Ilg. Die beiden, die sich seit 20 Jahren kennen, haben im Januar die CD „Nightfall“ herausgebracht – die viele gute Kritiken bekommen hat. Und damit sind die beiden auf Tour.

In Viersen hatte Till Brönner ein Heimspiel. Der Weltmusiker, der bei US-Präsident Obama im Weißen Haus gespielt hat, der in Berlin und in Los Angeles lebt, ist in Viersen geboren und hat dort seine ersten drei Lebensjahre verbracht. Er kommt gerne nach Viersen, sagt er, und er kann sich auf ein dankbares Publikum verlassen. Es trägt die beiden Musiker auch bei diesem herausfordernden Projekt der Reduzierung auf eine musikalische Zwiesprache. In seiner Begrüßung verspricht Brönner, die fehlenden Harmonie-Instrumente werde man nach fünf bis zehn Minuten dazu hören. Da stünde gewissermaßen eine Big Band auf der Bühne. Ja, zwei Big Artists standen auf der Bühne. Ihr Programm als Hauptact am Samstag im großen Saal anzubieten, ist vom Veranstalter sehr ambitioniert. Das Spannende an diesem Konzert ist nicht, das Fehlende hinzuzufinden, sondern den feinen Dialog der beiden Solisten gerade in ihrer Klar- und Kargheit nachzuvollziehen. Das kann man am besten zu Hause im stillen Kämmerlein oder nah dran in einem kleinen Club. Mit Stehplatz aus der Ferne in einem großen Festsaal funktioniert das bei weitem nicht mehr so gut.

Dass dieses neue Duo-Programm auch eine Reaktion auf Häme und Kritik ist, die Brönner den Riesenerfolg mit seiner vorherigen CD „The Good Life“ mit Sinatra-Songs neiden, sei dahin gestellt. Brönner und Ilg sind nicht nur hervorragende Musiker, sondern sie können Jazz. Bei „Nightfall“ reicht der Reigen von Bachs Air bis zu „Scream and Shout“, von Rapper Will.i.am und Britney Spears 2013 in die Charts gebracht. Eigene Kompositionen wechseln ab mit sehr feinen Cover-Versionen wie Leonard Cohens „A Thousand Kisses deep“. Sehr schnell erkennt man den Beatles-Song „Eleanor Rigby“ wieder, ein Lied über einsame Menschen. Brönner widmete es Papst Franziskus. Dass die Beatles den Jazz kaputt gemacht hätten, kann man also so nicht sagen, wenn sie sogar selber Thema des Jazz werden.

„Body and Soul“, einen Song von 1930, haben Brönner und Ilg „bis zur Unkenntlichkeit verfremdet“. Brönner bekannte, es sei das Schöne am Improvisieren, sich in die Büsche zu schlagen. Vom Weg abzukommen, sei keine Kunst, doch zurückzufinden, sei die wahre Kunst. Die Jazzmusiker treffen die Stimmung der Einsamkeit und Trauer: „Mein Herz ist einsam und traurig, ich weine um dich (...) Alles von mir gehört dir, Körper und Seele.“ An anderer Stelle bekennt Brönner, sich als Instrumentalist nie um  die Liedtexte zu kümmern. Das trifft sicher nicht auf Vulpius’ „Ach bleib mit deiner Gnade“ zu. Im Wissen um sein Können kann Brönner seine Kritiker vergessen.

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